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„Man kann den FC nicht demokratisch führen“Veh über Präsidentensuche und Coach Anfang

Lesezeit 9 Minuten
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Armin Veh (l.) und Trainer Markus Anfang

  1. Armin Veh vermeidet im Interview ein klares Bekenntnis zu Trainer Markus Anfang
  2. Der FC-Geschäftsführer spricht zudem über die Wahl eines neuen Präsidiums, den bevorstehenden Aufstieg und die Zukunft von Jhon Córdoba und Jorge Meré

KölnHerr Veh, warum erlebt der 1. FC Köln derzeit seinen dritten Einbruch in dieser Saison?Armin Veh: Damit kann ich nichts anfangen. Ich finde es nicht richtig, dass nach Spielen, die du nicht hoch gewinnst, gleich alles infrage gestellt wird. Das Entscheidende ist, dass wir unser Ziel erreichen. Dass wir nicht immer brillieren können, was wir gerne möchten, das liegt auch an der Stärke der Liga. Ihre Spieler sind physisch und taktisch viel besser ausgebildet als früher.

Die 2. Bundesliga eine starke Liga – meinen Sie das ernsthaft?

Sie ist viel ausgeglichener als früher. Nehmen Sie zum Beispiel den FC Ingolstadt. Der ist Vorletzter, hat aber qualitativ eine gute Mannschaft. Trotzdem steht sie auf dem vorletzten Platz. Die Zweite Liga hat aufgeholt, und die Spitzenmannschaften haben es schwerer.

Und wann erreicht der FC jetzt sein Ziel, den Aufstieg?

Mir ist nur wichtig, dass wir es erreichen.

Bei den Fans hat man schon die Enttäuschung gespürt, dass ein Aufstieg am Freitag im Heimspiel gegen Darmstadt jetzt nicht mehr möglich ist. Wie nehmen Sie die Stimmung in der Stadt wahr?

Wenn du in der Verantwortung stehst, sollte man sich von Stimmungen nicht leiten lassen. Natürlich spüre ich etwas, die Sensibilität habe ich. Wer keine hat, darf auch nicht führen. Aber ich nehme mich da lieber raus, denn ich möchte nicht aufgrund von Stimmungen entscheiden.

Wie ist Ihre Meinung zur angeblich zu hohen Erwartungshaltung in Köln?

Wir haben selbst gesagt, dass der Aufstieg unser Ziel ist. Dem müssen wir uns auch stellen. Wir haben nach dem HSV den zweithöchsten Etat in der Liga. Wir haben selbst eine hohe Erwartungshaltung an uns. Aber: Ich weiß nicht, ob man aufgrund der letzten 30 Jahre des FC in Köln überhaupt eine große Erwartungshaltung haben darf. Da gibt es eine Diskrepanz. Wir müssen dazu kommen, dass wir kontinuierlich gute Jahre in der Bundesliga haben. Nur so können wir eine berechtigt hohe Erwartungshaltung erzeugen. Wir leben im Jetzt, und wir versuchen, die Zukunft des Klubs zu gestalten.

Zur Person

Armin Veh, geboren am 1. Februar 1961 in Augsburg, war in der Bundesliga von 1979 bis 1983 für Borussia Mönchengladbach aktiv. Nach dem Ende seiner Laufbahn als Spieler 1990 wurde er Trainer, zunächst beim FC Augsburg. Im Jahr 2007 führte er den VfB Stuttgart zur Deutschen Meisterschaft. Mit Eintracht Frankfurt schaffte er im Jahr 2012 den Aufstieg in die Bundesliga. Im Dezember 2017 wurde Veh Geschäftsführer des 1. FC Köln und erklärte seine Laufbahn als Trainer damit für beendet. Veh ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. (ksta)

Kann es sogar ein Vorteil sein, jetzt so aufzusteigen und nicht mit zu viel Euphorie in die neue Saison zu gehen?

Wenn wir den Aufstieg geschafft haben – und das haben wir noch nicht – dann sage ich erstmal an die Mannschaft gerichtet: Chapeau. Die Freude über diesen Erfolg lassen wir uns nicht nehmen. Der Aufstieg ist keine Selbstverständlichkeit. Dass man sich gleichzeitig auch sorgt, das finde ich gut. Denn es zeigt, dass man mit dem Herz beim Klub ist und vielleicht auch mal Recht hat. Wir müssen einschätzen, was wir brauchen, um eine Mannschaft aufzustellen, die nicht direkt wieder absteigt. Dafür sind wir da.

Mal abgesehen vom wahrscheinlichen Aufstieg: Hat der 1. FC Köln die Saison in der 2. Bundesliga gut genutzt?

Das ist ein schwieriger Spagat. Das primäre Ziel ist der Aufstieg. Wenn wir zum Beispiel wie Leipzig sehr viel Geld zur Verfügung gehabt hätten, dann hätten wir ein paar junge, starke Spieler mit Perspektive gekauft und darauf gesetzt, dass sie sich in der Zweiten Liga so entwickeln, dass sie sich auch in der Bundesliga etablieren können. Das dauert dann vielleicht auch mal zwei Jahre, siehe ebenfalls Leipzig. Wir wollen es in Zukunft natürlich auch schaffen, bei uns im Verein eigene, gute Spieler zu entwickeln.

Wie groß ist im Sommer der Handlungsbedarf auf dem Transfermarkt?

Wir werden auf jeden Fall was machen, das ist notwendig. Wir werden uns verändern, aber nicht großartig. Das können wir auch gar nicht. Wir sind finanziell gesund, aber wir haben kein überdimensionales Budget zur Verfügung.

Was halten Sie von Waldemar Anton (22), dem Innenverteidiger von Hannover, der als Neuzugang gehandelt wird?

Das ist ein interessanter Spieler.

In der Kritik steht auch Trainer Markus Anfang. Wird seine Arbeit fair bewertet?

Auch da gilt: Wenn Markus Anfang mit der Mannschaft den Aufstieg schafft, dann hat er eine Leistung erbracht.

Dem Trainer fliegen aber nicht gerade die Herzen der Fans zu.

Dann fragen Sie die Leute, warum das so ist.

Gehen Sie mit Anfang in die neue Saison?

Schauen Sie: Es ist doch immer das gleiche Spiel. Sobald man etwas sagt, ist es verkehrt. Markus hat beim FC einen Vertrag bis zum 30. Juni 2021.

Sie könnten sagen: Nach einem geglückten Aufstieg geht der FC selbstverständlich mit Anfang in die Bundesliga.

Mit solchen Aussagen kann ich als Chef nichts gewinnen. Unser Trainer ist mit seiner Mannschaft Tabellenführer und hat sechs beziehungsweise acht Punkte Vorsprung auf Platz zwei und drei. Dass ich dazu gefragt werde, ist eigentlich ein Witz.

Ist Ihre Aufgabe beim FC besonders schwierig?

Nein, das würde ich nicht sagen. Wir sind für einen Zweitligisten ein gesunder Verein, der seine Möglichkeiten und einen Kader beisammen hat, der aus meiner Sicht der beste der Zweiten Liga ist. Als ich Trainer von Eintracht Frankfurt in der Zweiten Liga war, hatten wir solche Möglichkeiten nicht.

Die sich wiederholenden Leistungsabrisse der Mannschaft – sind das dann die Momente, in denen Sie wieder in die Kabine gehen müssen, um den Spielern zu sagen, worauf es ankommt?

Das mache ich nur, wenn ich unsere Ziele wirklich gefährdet sehe. Das kann ich nicht beliebig machen, denn es nutzt sich ab. Die Mannschaft zu führen, ist grundsätzlich die Aufgabe des Trainers. Aber wenn ein Ziel in Gefahr ist, bin ich verantwortlich. Dann kann ich nicht einfach sagen: „Macht ihr mal.“

Nach dem 0:3 gegen Dresden haben Sie also für sich gesagt: „Abhaken und am Freitag gegen Darmstadt gewinnen“?

Zu Dresden sage ich nichts. Manchmal ist das besser. Aber es ist richtig: Ich sehe das Ziel nicht gefährdet.

Sie haben einmal gesagt, sechs Abstiege seien kein Zufall. Was muss geschehen, damit kein siebter dazukommt?

Dieser Verein muss dauerhaft eine Einheit werden. Das geht oben los. In der Führung müssen dauerhaft fähige Leute arbeiten und Kontinuität reinbringen. Diese Kontinuität darf dann allerdings nicht dazu führen, dass man gleich glaubt, man sei wieder viel größer, weil man drei, vier Jahre einigermaßen erfolgreich war. Das passiert oft im Erfolg, ständig. Das hat aber nie mit dem Klub zu tun, sondern immer nur mit den Menschen. Wenn ein Verein es nicht schafft, fähige Leute in die Spitze zu bekommen, wird es dauerhaft keinen Erfolg geben.

Was für ein Präsidium wünschen Sie sich denn für die Zukunft?

Da ich hier Geschäftsführer bin, habe ich keine Politik zu machen. Ich würde mich nur einmischen, wenn ich der Überzeugung wäre, dass etwas für den Klub schlecht ist.

Sie haben es ja getan, als Sie gesagt haben, dass es mit dem Präsidenten Werner Spinner nicht mehr weitergeht.

Diese Geschichte ist abgehakt für mich, darüber möchte ich nichts mehr sagen.

Nach vorn gedacht: Es gibt nun zwei denkbare Vorstandsteams. Eines um Werner Wolf, das andere um Wolfgang Bosbach und die bisherigen Vizepräsidenten. Das bedeutet, dass es einen Wahlkampf im Verein geben könnte. Ist das für Sie ein Problem in Ihrer Arbeit?

Wir sollten möglichst früh zu dem Punkt kommen, an dem wir wissen, wer die Kandidaten sind. Und ob es ein oder mehrere Teams gibt, die sich zur Wahl stellen. Je früher das geschieht, desto besser. Erst dann weiß man, mit wem man es zu tun hat und kann es auch bewerten. Bislang kann ich es nicht bewerten, denn ich kenne die Herren nicht persönlich. Natürlich ist es wichtig zu wissen, mit wem man zusammenarbeitet.

Die Satzung hat sich der 1. FC Köln unter Beteiligung des aktuellen Präsidiums selbst gegeben. Wie stehen Sie zu den Themen Mitsprache und Demokratisierung im Profifußball?

Meine Meinung: Man kann so einen großen Verein nicht demokratisch führen. Wie soll das denn gehen? Am Ende muss jemand zuständig sein und die Entscheidungen treffen. Wenn zu viele Leute mitreden, die nicht aus dem Fußball kommen, ist das ein Problem. Dann gibt es Chaos.

Wie ist Ihr Austausch mit Stefan Müller-Römer, der den Verein kommissarisch als Präsident führt, und dem Mitgliederrat?

Wenn ich die Frage beantworte, würde ich mich ja doch in die Politik begeben (lacht).

Wäre es aus Ihrer Sicht ein Vorteil, wenn die jetzigen Vizepräsidenten weitermachen könnten?

Die kennen sich aus, man würde nicht bei null anfangen. Toni Schumacher ist ein Idol hier, in einem Fußballverein ist es nicht schlecht, einen Fußballer im Vorstand zu haben.

Manche Spieler haben teils bemerkenswerte Entwicklungen genommen, zum Beispiel Jhon Córdoba und Jorge Meré. Glauben Sie, dass beide in der nächsten Saison noch beim FC spielen werden?

Jhon hat noch zwei Jahre Vertrag bei uns. Vor einem Jahr ging es noch darum, dass man einen Córdoba nie wieder loswird. Jetzt sagen wir: „Hoffentlich geht er nicht weg.“ Das ist Fußball, total verrückt. Ich habe Jhon vor einem Jahr erlebt, da war er wirklich fertig, er konnte gar keine Leistung bringen. Wenn ich dann höre, es habe an der Sprache gelegen. Der hat in Mainz auch kein Deutsch gesprochen – und trotzdem gut gespielt. Natürlich haben wir versucht, es besser zu machen, und mittlerweile versteht er ja ganz gut Deutsch. Aber das war nicht der Hauptfaktor. Der Trainer hat ihn mitgenommen, hat direkt das Potenzial gesehen. Dann wurde Jhon besser und besser, er hat sich entwickelt. Aber er ist auch ein guter Spieler. Wenn einer nichts kann, entwickelt sich auch nichts. Da kannst du machen, was du willst. Aber die Diskrepanz zwischen Talent und Leistung war so groß, da war klar: Den Jungen muss man nur mitnehmen. Mit Jorge haben wir erst im Herbst verlängert.

Sie haben die Dinge also in der Hand, obwohl es heißt, es gebe eine Klausel in Merés Vertrag, nach der er nach dem Aufstieg für 30 Millionen Euro gehen dürfte.

Wir haben das gemacht, weil wir wollen, dass er noch lange bei uns bleibt.

Überrascht Sie Merés Entwicklung?

Überhaupt nicht. Er ist Kapitän der spanischen U 21 – das wird man nicht einfach so. Er hat eine großartige Entwicklung genommen, aber er hat noch Potenzial. Bei aller Liebe: Das habe ich sofort gesehen. Vielleicht sollte ich mich hier als Scout anstellen lassen (lacht). Ich habe zumindest noch nie einen weggeschickt, der hinterher woanders die große Karriere gemacht hat.