AboAbonnieren

Kölner Christian Clemens„Ich bin in Danzig am richtigen Platz"

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Der Kölner Christian Clemens wurde am Donnerstag in Danzig vorgestellt. Bei Lechia erhält er das Trikot mit der Rückennummer 76

Köln/DanzigHerr Clemens, sie waren nach Ihrem halbjährigen Gastspiel bei Darmstadt seit Sommer vereinslos. Ist der Wechsel zu Lechia Danzig für Sie eine Art Neuanfang?

Christian Clemens: Absolut. Ich hatte zuletzt einige andere Optionen verstreichen lassen und wollte nicht auf Teufel komm’ raus irgendwo unterschreiben – schon gar nicht erneut nur bis Saisonende. Ich war mich sicher, dass noch eine Anfrage kommen würde, die mich reizt und passt. Es war zwar alles ein bisschen knapp, denn das Transferfenster in Deutschland war bereits kurz vor der Schließung. Aber ich habe ja einen guten Berater und bin froh, wie jetzt alles gekommen ist.

Warum wechseln Sie als jemand, der alleine fast 150 Bundesligaspiele bestritten hat, nach Polen?

Vor kurzem hätte ich damit auch noch nicht gerechnet. Aber bei Lechia stimmt das Gesamtpaket. Ich habe richtig Bock auf die Aufgabe. Der Verein ist sehr gut aufgestellt, die Bedingungen sind optimal. Der Verein hat ein tolles EM-Stadion mit 45.000 Plätzen. Und der Klub hat hohe Ziele, will unter die ersten Drei und europäisch spielen. Das hat richtig Perspektive hier. Trainer Tomasz Kaczmarek, der in Köln ja bei Viktoria und Fortuna tätig war, hat mir gleich das Gefühl gegeben, dass er mich unbedingt will. Mit ihm, Marco Terrazzino, Ilkay Durmus oder David Stec gibt es noch mehr Deutschsprachige hier, die mir die Eingewöhnung erleichtern werden. Mein erster Eindruck von der Stadt ist klasse. Danzig ist schön, wir haben die Ostsee direkt vor der Tür. Am Wochenende kommt dann auch meine Familie hierher. Wir freuen uns auf die nächste Zeit.

Kritiker werden aber von einem Abstieg sprechen.

Das ist mir egal. Die Qualität der Liga ist besser, als viele denken. Das wird hier für mich auch alles andere als ein Selbstläufer. Ich bin überzeugt, dass ich in Danzig nun am richtigen Platz bin. Das ist für mich ein neuer Abschnitt, ein neues Abenteuer.

Hat Sie die Zeit ohne Job zuletzt belastet, gab es sogar Gedanken an ein Karriereende?

An ein Karriereende habe ich nie gedacht, da auch immer wieder Anfragen vorlagen. Es ist dennoch ein komisches Gefühl, wenn man sich mit 30 Jahren zum ersten Mal arbeitslos meldet. Und das in der Corona-Zeit. Wissen Sie, ich hatte in meiner Karriere zum Glück gute Verträge, dennoch macht man sich Gedanken um die Zukunft. Familie und Freunde haben mich gut aufgefangen. Ich bin dem 1. FC Köln sehr dankbar, dass ich mich in den letzten Monaten am Geißbockheim fit halten konnte. Wir waren zuletzt noch mit der U21 im Trainingslager in Marbella. Ich bin fit und kann das erste Spiel für Lechia kaum erwarten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ihre Laufbahn verlief oft wie eine Achterbahn. Bundesliga-Debüt mit 19 beim FC, Champions League mit Schalke, aber auch Verletzungen und Frust. Ihr Bruder Michael hatte sogar noch größeres Verletzungspech und beendete nach seinem dritten Kreuzbandriss mit 24 Jahren seine Karriere.

In der Tat. Michaels Karriereende war eine heftige Erfahrung. Wir beide sind ja unzertrennlich. Ich habe hautnah erlebt, wie schnell es im Fußball gehen kann. Aber wir sind auch Stehaufmännchen. Michael hat umgesattelt, ist jetzt Chefscout beim SSV Ulm in der Regionalliga, die sind da Tabellenführer. Er ist glücklich, ich bin es auch.

Beim 1. FC Köln waren Sie 2019 Stammspieler, als Sie kurz vor dem Aufstieg durch ein böses Foul schwer verletzt wurden und monatelang außer Gefecht waren. Denken Sie manchmal, wie Ihre Karriere beim Heimatklub ohne dieses Foul weiterverlaufen wäre?

Ich kann es ja nicht mehr ändern. Der Weg zurück war schwer, aber das ist nun bald drei Jahre her. Ich bin seit zwei Jahren komplett verletzungsfrei, habe die Pause gut genutzt und fühle mich so fit wie lange nicht mehr. Ich freue mich viel mehr auf die Zukunft.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des FC?

Der FC wird immer mein Verein bleiben. Ich hänge als Kölner an diesem Klub. Es ist schön zu sehen, wie ansehnlich und erfolgreich der FC spielt. Steffen Baumgart ist schon ein klasse Typ, der die Jungs mitreißt. Ich hoffe einfach, dass es so gut weiterläuft und drücke die Daumen.

ZUR PERSONChristian Clemens, geboren am 4. August 1991 in Köln, wechselte 2001 vom SC Weiler-Volkhoven in die Jugendabteilung des 1. FC Köln. Beim FC gab der Außenstürmer am 12. September 2010 beim 1:0-Sieg gegen den FC St. Pauli sein Bundesliga-Debüt. Zur Saison 2013/14 wechselte er für rund drei Millionen Euro Ablöse zu Schalke 04, das ihn 2014/15 an Mainz 05 auslieh und 2016 fest an den FSV verkaufte. Im Januar 2017 kehrte Clemens zum 1. FC Köln zurück. In der Winterpause 2021 schloss sich der Rechtsaußen ablösefrei für ein halbes Jahr Zweitligist SV Darmstadt 98 an. Am 3. Februar 2022 unterschrieb der Kölner beim polnischen Erstligisten Lechia Danzig einen Vertrag bis Juni 2023 mit Option auf eine weitere Saison.