Pyrotechnik im Stadion ist gefährlich und kann teuer werden – die Fans wollen nicht ohne. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Nach Vorfall in Kölner GästeblockWie gefährlich ist Pyrotechnik im Stadion – und kann sie legal werden?
Am 25. Spieltag der aktuellen Bundesliga-Saison ist es wieder passiert: Fans aus Köln fackelten im Gästeblock in Dortmund Pyrotechnik ab – und einmal mehr wurde eine Person verletzt. Ein Mitarbeiter des TV-Senders Sky wurde während der Partie am Auge getroffen und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Ein Strafverfahren wurde eingeleitet.
Doch wie ist der rechtliche Stand beim Thema Pyrotechnik in Fußballstadien genau? Warum ist noch immer keine Lösung in Sicht? Und welche Meinung vertritt der 1. FC Köln? Ein Überblick.
So ist der rechtliche Stand bei Pyrotechnik in Fußballstadien
Das Abbrennen von Pyrotechnik ist in den Stadien der Fußball-Bundesliga nach wie vor verboten. Trotzdem werden Leuchtfackeln und andere Gegenstände dieser Art immer wieder auf die Ränge geschmuggelt und abgefeuert – insbesondere von der aktiven Fanszene und Ultra-Gruppierungen. Das kann erhebliche Strafen nach sich ziehen.
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Der Einsatz von Pyrotechnik stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Kommen andere Menschen zu Schaden, kann es sich um eine gefährliche Körperverletzung gemäß Strafgesetzbuch handeln. Konkrete Strafen werden durch einen Richter je nach Fall festgelegt. Die Vereine verhängen nach subjektiver Entscheidung Stadionverbote (lokal oder bundesweit) gegen die Täter.
Wie gefährlich ist Pyrotechnik im Stadion?
Über die Schwere der Verletzungen in Folge von Pyrotechnik gibt es keine geführte Statistik. Auch die Anzahl der verletzen Personen speziell in Fußballstadien variiert stark in jedem Jahr.
Laut Polizei-Statistik sind in der Spielzeit 2018/2019 beispielsweise 152 Menschen durch Pyrotechnik verletzt worden - bei 22 Millionen Stadionbesuchern und 1127 Verletzten insgesamt. Im Vorjahr waren es mit 53 Verletzten deutlich weniger. In Corona-Zeiten sind die Zahlen massiv zurückgegangen, zogen aber insbesondere in dieser Saison schon wieder an.
Zu den Verletzungen, die Menschen bei Unfällen erlitten haben, gehören Gehörschäden, Knalltraumata und Verbrennungen aller Art. Wie im jüngsten Fall in Dortmund können insbesondere die Augen durch Rauch, Funken oder Verbrennungen geschädigt werden. Die Meinungen darüber, wie gefährlich es für Beteiligte und in der Nähe befindliche Personen werden kann, ist dennoch geteilt:
- Von einer „leichtfertigen Gefährdung der Gesundheit Tausender Menschen“ sprach etwa einst NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).
- Als „sehr große Gefährlichkeit“ beschrieb auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Verwendung von „extrem heißer Pyrotechnik und der gesundheitsschädlichen Rauchentwicklung“.
- „Keine riesengroße Gefahr“ wiederum sieht hingegen das Fan-Bündnis Queer Football Fanclubs (QFF), welches nach eigener Aussage unterschiedlichste Fangruppen vertritt, sofern man mit Pyrotechnik verantwortungsbewusst umgehe.
Welche Meinung vertritt der 1. FC Köln?
Die Verantwortlichen beim 1. FC Köln sind sich der Problematik bewusst, betonen aber auch, dass dies nicht nur ein Kölner Thema sei. Schließlich seien Vorfälle dieser Art unter diversen Fangruppen in der Bundesliga zu verzeichnen.
Geschäftsführer Christian Keller hat sich noch im Januar gegen ein allgemeines Verbot von Pyrotechnik in den Stadien und stattdessen für einen gewissenhaften Umgang damit ausgesprochen. „Wir alle wollen eine Fußballkultur – und da gehört sichere und legale Pyro ein Stück weit mit dazu“, sagte Keller.
Es dürfe natürlich „niemandem etwas passieren, das ist entscheidend“, sagte Keller. Ganz sicher sei aber „in jedem Fall, dass das planbefreite Verteilen von Strafen auch zukünftig nicht dazu führen wird, dass wir weniger Pyro in den Stadien sehen werden“.
Auch FC-Trainer Steffen Baumgart hatte jüngst erklärt, es könne in den Bundesliga-Stadien nicht weitergehen wie bisher. „Mit Verboten erreichst du in der Fußball-Szene nichts – in keinem Stadion der Welt. Das sieht man doch seit Jahren“, sagte der 51-Jährige zu dem Thema. „Ich weiß nicht, ob man Pyros in Stadien legalisieren sollte. Aber es muss ein Umdenken stattfinden, um das reguliert zu bekommen.“
Wie hoch ist der finanzielle Schaden für den FC?
Immer wieder muss der FC Strafzahlungen verrichten, nachdem Fans aus den eigenen Reihen gegen das Abbrennen von Pyrotechnik verstoßen haben. Seit April letzten Jahres, als die Corona-Beschränkungen fielen, musste der FC wettbewerbsübergreifend bereits rund 600.000 Euro an Strafen zahlen.
Lizenzbereich-Leiter Thomas Kessler erklärte nach dem Spiel in Dortmund: „Das sind natürlich Zahlen, die uns wirtschaftlich wehtun. Wir sind im dauernden Austausch mit unserer Fanszene.“ Auch nach diesem Spiel erwartet den FC erneut eine sechsstellige Geldstrafe.
Kann Pyrotechnik im Stadion legal werden?
Grundsätzlich ist der Einsatz von Pyrotechnik beim Fußball in allen europäischen Ländern verboten. In Dänemark hatte der Traditionsverein Brøndby IF vor Jahren ein Experiment gestartet, welches die Diskussion um das Pyro-Verbot ankurbelte. Es wurde sogenannte „kalte Pyrotechnik“ eingesetzt. Die Fackeln brannten bei einer niedrigeren Temperatur ab und entfachen weniger Rauch als herkömmliche Bengalos.
Probleme sollten sich später aber auch hier ergeben: Die Fackel sei zwar nicht 2500 Grad heiß geworden, aber bis zu 500 – immer noch zu heiß und zudem nicht mit Wasser zu löschen. Kleidung oder Haare hätten sich im Test schnell entzündet, hieß es dann. Zudem sei der Rauch der Fackel giftig und eine Anwendung in Stadien damit noch längst nicht in Sicht.
Sogenannte E-Pyro in Form von Fackeln, die sich sofort löschen, wenn man sie auf der Hand fallen lässt, sind wiederum technische Ansätze, die in Zukunft eine Lösung bringen könnten. Aussichtsvoller erscheint aber die Variante, dass sich die Vereine gemeinsam mit der aktiven Fanszene auf ein kontrolliertes Abbrennen von Pyrotechnik einigen könnten.
Im Februar 2020 gab es ein solches Szenario erstmals beim Hamburger SV: Zehn Fans aus dem Ultra-Lager hatten wenige Minuten vor einem Zweitliga-Spiel zehn Rauchtöpfe zünden dürfen. Eine Fachfirma und Ordner beaufsichtigten die Aktion. Der DFB und die Behörden der Stadt hatten dies genehmigt. Die Gewerkschaft der Polizei bezeichnete die Aktion damals als „blauäugig und riskant“. Und doch: Die erste genehmigte und kontrollierte Pyro-Show im deutschen Profi-Fußball verlief ohne Zwischenfälle.
Als permanente Lösung hat sich allerdings auch diese Verfahrensweise bislang in keinem Fußballstadion etablieren können.