In Mannschaft und Trainerstab beginnt das große Stühlerücken. Assistent André Pawlak strebt eine neue Herausforderung an und möchte ebenfalls gehen.
1. FC Köln nach dem AbstiegDer Exodus beginnt – wer bleibt, wer geht?
Nach den Eindrücken nicht nur des 1:4 in Heidenheim hat die Aussicht, die Mannschaft des 1. FC Köln könnte nach dem Abstieg auseinanderfallen, scheinbar an Schrecken verloren. Doch angesichts der Transfersperre, die den Verein in diesem Sommer daran hindert, neue Spieler zu registrieren, droht den Kölnern zum Saisonbeginn Anfang August eine harte Landung in der Realität.
Die Vorstellung, mit Personal aus der eigenen Jugend, zurückkehrenden Leihspielern und den übrig gebliebenen Spielern des Abstiegskaders um FC-Urgestein Mark Uth eine schlagkräftige Mannschaft zu bilden, die bis zur Winterpause in Reichweite der Aufstiegsplätze liegt, um dann mit neuem Personal den Wiederaufstieg ins Auge zu fassen, mag romantisch klingen. Doch droht ein schwieriger Start.
Davie Selke müste bei Verbleib auf Gehalt verzichten
Bislang hat einzig Uth seinen Erstliga- in einen Zweitligavertrag umgewandelt. Aus dem Kader der vergangenen Saison sind ansonsten nur Davie Selke (29), dessen Vertrag nicht für die Zweite Liga gilt, und Benno Schmitz (29/Vertrag läuft zum 30. Juni aus) vorerst nicht mehr an den FC gebunden. Beide Spieler sind familiär in Köln verankert und würden grundsätzlich gern bleiben. Allerdings müsste vor allem Selke auf große Teile seines Erstligasalärs verzichten.
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Sein Berater machte zuletzt öffentlich, es gebe Interesse aus der saudischen Liga an Selke, der momentan einen Fußbruch auskuriert. Das Signal ist klar: Der FC soll sich finanziell strecken. Schmitz hat zwar vom Klub ein neues Angebot erhalten, doch der Verteidiger hat es bisher nicht angenommen. Die Abstriche, die er machen müsste, sind offenbar immens.
Zahlreiche Spieler sind für den Fall des Abstiegs mit Klauseln ausgestattet, die es ihnen erlauben, für eine feste Ablösesumme zu gehen. Christian Keller hatte das auf dem Mitgliederstammtisch im Januar allerdings relativiert. Für ihn stehe fest, dass „alle Leistungsträger bleiben“ müssten, sagte Keller. Bei den Spielern, die über Klauseln im Abstiegsfall verfügten, gehe es „um viel Geld“, erklärte er.
Beim Talk im Gaffel am Dom von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Express“ bekräftigte Keller das noch. „Es gibt einige wenige Spieler mit Klauseln. Das ist eine Sondersituation, die im deutschen Fußball einmalig ist – das heißt automatisch, dass es keine großen Abgänge geben kann.“
Auf den Einwand, dass es im Profifußball traditionell kaum möglich ist, wechselwillige Spieler gegen deren Willen zu halten, zumal im Falle eines Abstiegs, räumte Keller damals ein: „Es ist wichtig, dass die Bereitschaft da ist. Wir wollen keinen Spieler, der das Trikot mit dem Geißbock auf der Brust nicht mit Stolz trägt.“ Übersetzt heißt das wohl: Von den doch überraschend zahlreichen Spielern, die eine Klausel haben, dürften mehr gehen, als erwartet – jeweils mit der Abschiedsformel von Vereinsseite, man habe sich getrennt, weil man dem Spieler den Stolz nicht mehr angemerkt habe.
Eine Klausel hat Jeff Chabot, dessen Abschied nach Stuttgart für vier Millionen Euro kurzfristig bekanntgegeben werden dürfte. Hinzu kommen Timo Hübers, der sich rechtzeitig zur anstehenden Sommer-Transferperiode eine neue Berateragentur gesucht hat. Dazu offenbar Eric Martel, Linton Maina und auch Jan Thielmann.
Wer wird Kölns Nummer 1 in der neuen Saison? Urbig steht bereit
Marvin Schwäbe galt ebenfalls als Kandidat für einen Abschied, auch der Torhüter könnte gehen, falls ein Klub vier Millionen Euro für ihn bezahlt. Zumindest auf diesen Abschied wären die Kölner vorbereitet, schließlich kehrt U21-Nationalkeeper Jonas Urbig nach zwei Spielzeiten als Stammkeeper in der Zweiten Liga zum FC zurück. Auch Urbig ist mittlerweile womöglich zu gut für den 1. FC Köln in der Zweiten Liga. Definitiv zu gut ist Urbig jedenfalls, um sich im Unterhaus auf die Bank zu setzen. Offenbar hat man dem gebürtigen Euskirchener den Posten als Nummer 1 in Aussicht gestellt, nach Informationen dieser Zeitung überlegt man sogar, ihn zum Kapitän zu machen. Doch Schwäbe wollte am Samstag nichts davon wissen. „Mir wurde es anders gesagt“, sagte der 29-Jährige: „Der Verein muss sich klar werden: Wer soll den Weg mitgehen und wer nicht?“
Offen ist, was aus den drei Leihspielern wird, die in der vergangenen Saison aus unterschiedlichen Gründen nicht überzeugten. Faride Alidou könnten die Kölner für vier Millionen Euro fest aus Frankfurt verpflichten, doch wirkte der ehemalige U21-Nationalspieler nicht wie einer, auf den man bauen kann. Luca Waldschmidt war lange verletzt, sieht sich aber nicht als Zweitligaspieler, zumal er aus Wolfsburg andere Gehälter gewöhnt ist und in Köln weit hinter seine Ansprüche zurückfallen müsste. Bei Rasmus Carstensen sei davon auszugehen, dass man die Option aktivieren werde, sagte Keller im Januar, „ich gehe davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit dafür bei 100 Prozent liegt“. Doch zumindest unter Timo Schultz spielte Carstensen zuletzt keine Rolle mehr.
Sollten die Kölner auf die festen Verpflichtungen der Leihspieler verzichten, erweiterte das den finanziellen Spielraum noch einmal erheblich. Denn Christian Keller hatte im vergangenen Sommer auch Geld zurückgehalten, um nach dieser Saison die Kaufoptionen für Leihspieler finanzieren zu können. So wollte man sich auf die Transfersperre vorbereiten. Doch auch dieser Plan ist nicht aufgegangen, die Leihspieler enttäuschten überwiegend.
Hoffnung verbreiten einige der zuletzt verliehenen Spieler. Tim Lemperle (6 Tore, 4 Vorlagen in 32 Einsätzen) spielte mit Jonas Urbig in Fürth eine bemerkenswerte Saison. Marvin Obuz überzeugte bei Drittligist RW Essen mit sieben Toren und herausragenden 14 Vorlagen in 34 Einsätzen. Zudem kehren Maximillian Schmid (Kerkrade) sowie Mathias Olesen (Yverdon) und Nikola Soldo (Kaiserslautern) zurück.
Und der Trainer? Man werde von diesem Mittwoch an die Planung in Angriff nehmen. Bis zum Untergang in Heidenheim war Christian Keller Willens, die Arbeit mit Timo Schultz fortzusetzen. „Ich bin sehr, sehr zufrieden. Dann kann die Zukunft des Trainers nicht an der Ligazugehörigkeit liegen“, sagte Keller im April. Nun aber hat sich auch das gedreht. Keller ist nach den desaströsen Auftritten der Rückrunde selbst schwer unter Druck und muss nun Lösungen präsentieren, schließlich würde es ansonsten auch seinen Bossen im Vorstand noch schwerer fallen, am Geschäftsführer festzuhalten.
Auch Assistenztrainer André Pawlak steht vor dem Abschied aus Köln
Einen Zweitligavertrag hat Schultz ohnehin nicht, das verbindet ihn mit Kevin McKenna. Einzig Assistenztrainer André Pawlak ist über diese Saison hinaus gebunden. Doch der 53-Jährige hat sich zusichern lassen, den FC zugunsten einer Cheftrainerrolle verlassen zu dürfen. Und nicht nur Pawlak, der seit 2017 beim FC ist, steht vor dem Abschied: Auch Stefan Ruthenbeck aktueller U19-Trainer und ebenfalls seit sieben Jahren Angestellter beim FC, könnte gehen: Dem 52-Jährigen werden nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Kontakte zum Karlsruher SC nachgesagt.
Begleiten würde ihm dem Vernehmen nach sein früherer Spieler Meiko Wäschenbach, der in der vergangenen Saison zwar in den Trainingsbetrieb der Profis eingebunden war, aber vergeblich auf sein Debüt wartete.