FC-Geschäftsführer Christian Keller hatte die Mannschaft zuletzt gleich zweimal angehalten, sich „zu straffen“.
Köln nach erstem AuswärtssiegFC sucht den Weg aus der Leistungskrise
Der Montag war trainingsfrei im verschneiten Grüngürtel, nach dem ersten Auswärtssieg der Saison am Freitagabend in Darmstadt und der körperlichen Nachbereitung am Samstag kamen die FC-Profis in den Genuss zweier Tage ohne fußballerische Verpflichtungen. Das nächste Spiel steigt für den FC erst am kommenden Sonntag (17.30 Uhr), dann empfängt Steffen Baumgarts Mannschaft Mainz 05 in Müngersdorf zum nächsten Schicksalsspiel.
Der FC ist mit dem Sieg in Darmstadt an den Mainzern vorbeigezogen, die erst am Sonntag 0:1 gegen Freiburg verloren. Mainz hat sich wie Köln in der zweiten Runde gegen einen Zweitligisten aus dem DFB-Pokal verabschiedet, daher sind beide Mannschaften in dieser Woche ohne Pflichtspielaufgabe. Der FC verlor in Kaiserslautern, Mainz kassierte ein 0:3 bei Hertha BSC.
Die Woche könnte also lang werden für die Kölner Trainer um Steffen Baumgart; eine Profimannschaft bei einem Spielrhythmus Freitag – Sonntag unter Spannung zu halten, gilt als Herausforderung. Daher beginnt die Vorbereitung auf Mainz erst am Dienstag, was ein Zeichen ist. Und zwar dafür, dass die Abläufe am Geißbockheim weiterhin nicht verändert werden, auch nicht nach Christian Kellers erneuter Kritik an den Kölner Spielern.
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Bereits nach dem schaurigen 1:1 in Bochum am Elften im Elften hatte der Geschäftsführer wissen lassen, er sei zwar mit der Arbeit des Trainerstabs umfassend einverstanden („Note eins“). Allerdings ließ der Chef auch wissen, dass ihm das Auftreten der Spieler nicht passe. Man sei zwar grundsätzlich von der Mannschaft überzeugt. Allerdings müsse die sich nun „trotzdem mal ein bisschen straffen“, sagte der Boss im „Doppelpass“ bei Sport 1 vor einem bundesweiten TV-Publikum.
Keller erneuert seine Kritik an den Leistungen der Kölner Mannschaft
Beinahe wortgleich erneuerte Keller vor dem Anpfiff des Spiels in Darmstadt seine Beurteilung. Die Punkteausbeute sei deutlich unter den Erwartungen, außerdem sei die Mannschaft „unter ihren Möglichkeiten“ geblieben. Zwar sprach Keller auch am Freitag vom schweren Auftaktprogramm, den vielen Verletzten und den Abgängen der Leistungsträger Jonas Hector und Ellyes Skhiri, die man schon wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage nicht habe kompensieren können. Doch richtete er auch das Wort an die Spieler: Zu Saisonbeginn sei er mit den Auftritten zufrieden gewesen. „Zuletzt haben aber auch die Leistungen deutlich nachgelassen, deswegen sind wir uns auch bewusst, dass wir uns deutlich straffen und zulegen müssen.“
Die Leistung einer Fußballmannschaft wird oft anhand der zurückgelegten Kilometer dargestellt, was allerdings Schwächen hat: Ein Team, das dazu neigt, das Spiel zu verschleppen, für Unterbrechungen zu sorgen und damit die Nettospielzeit gering hält, gibt sich und dem Gegner gar nicht erst die Zeit, Laufrekorde aufzustellen. Daher haben die zurückgelegten Distanzen nur eine begrenzte Aussagekraft.
Dennoch fällt auf, dass Köln in der zurückliegenden Saison die Mannschaft war, die die meisten Kilometer zurücklegte. In dieser Saison ist der FC dagegen auf den dritten Rang zurückgefallen. Allerdings ist das Niveau insgesamt gestiegen: In der vergangenen Saison legten die Kölner im Schnitt 118,9 Kilometer zurück, derzeit sind es 119,8. Bedenkt man, dass der FC im Sommer seine beiden laufstärksten Profis verlor, hat die Mannschaft hinsichtlich der Laufwerte als Kollektiv gut gearbeitet: Man läuft mehr als zuvor.
Eher ist es in dieser Saison so, dass die Intensität der Läufe nicht den Ansprüchen genügte. Die Mannschaft hat ihr Auftreten auf dem Platz insgesamt verändert und verließ sich zuletzt weniger auf ihre ausgeklügeltes Pressingsystem als auf den reinen Kampf.
In Bochum führte das zu einer selten gesehenen Passquote von unter 70 Prozent. In Darmstadt stabilisierten die Kölner zwar diesen Wert und überschritten die Marke von 80 Prozent, die als untere Grenze dessen gilt, was eine Bundesligamannschaft erreichen sollte. Doch zeigte sich am vergangenen Freitag ein Spiel, das zwar von der Spannung lebte, die sich aus der Tabellensituation beider Mannschaften ergab. Doch gelang in der ersten Hälfte keinem der beiden Teams auch nur ein Schuss aufs Tor. „Es war ein Spiel mit ganz wenigen Highlights. Man hat beiden Mannschaften angesehen, dass die Situation drückt“, sagte Baumgart nach dem Schlusspfiff.
Auch deswegen erklärte Keller, die Kölner wollten im Winter gern in die „Stabilisierung ihrer Achse“ investieren. Ein Stürmer, ein defensiver Mittelfeldspieler und ein weiterer Innenverteidiger seien gesucht. Bereits im Sommer habe man diesen Bedarf erkennt. Aber „das eine ist, was wir wollen. Das andere, was wir können. Da sind unsere Möglichkeiten extrem limitiert. Wir befinden uns in einer wirtschaftlichen Gesundungsphase“, erklärte Keller am Freitag. „Vor dem Hintergrund werden wir im Winter Ausschau halten, ob sich eine Tür öffnet.“ Klar ist, dass die Kölner jedoch mehrere Spieler abgeben müssten, um ihre Einkaufsplanung umsetzen zu können.
Eine Belastung bleibt die Unsicherheit in der Causa Potocnik. Im Transferstreit mit Olimpija Ljubljana wartet der 1. FC Köln weiterhin auf das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes. Die Fifa verurteilte die Kölner im vergangenen Frühjahr zu einer Strafe von zwei Transfersperren, die Paragraf 17.4 der Fifa-Statuten vorsieht, wenn ein Verein einen Spieler verpflichtet, der zuvor ohne rechtmäßigen Grund woanders gekündigt hatte. Vertragsstabilität gehört zu den höchsten Gütern in der Fifa-Welt, daher vertraten die Fifa-Juristen auch vor dem Cas in Lausanne ihre Position mit Vehemenz.
Ob das Urteil aus Lausanne noch rechtzeitig kommt, um dem FC im Winter Zugang zum Transfermarkt zu verschaffen, ist derzeit offen. Keller und seinen Kollegen bleibt also vorerst nur, die Kaderplanung fortzusetzen, als öffne sich am 1. Januar das Transferfenster auch für sie. Und für die Mannschaft heißt es aus Sicht der Führung weiterhin, sich zu straffen.