Christian Keller und Steffen Baumgart dokumentieren mit ihren Aussagen, dass die Krise des 1. FC Köln bald Folgen haben könnte.
Nach 0:2 in FreiburgBeim 1. FC Köln ist die Versetzung gefährdet
Man merkt Christian Keller regelmäßig den Zahlenmenschen an. Zum Beispiel, wenn er wieder in Listen argumentiert. Erstens, zweitens, drittens – so strukturiert der Geschäftsführer des 1. FC Köln, der in einer früheren Karriere einmal Wirtschaftsprofessor war, gern seine Reden.
Nach dem schlimmen 1:1 in Bochum hatte Keller etwa im „Doppelpass“-Fußballstammtisch des Fernsehsenders Sport1 argumentiert, er messe seinen Trainer zunächst nicht an den Ergebnissen. Sondern erstens an der Leistung, die täglich auf dem Trainingsplatz erarbeitet werde, „um die Idee, wie wir Fußball spielen wollen, konsequent umzusetzen“. Und zweitens daran, ob der Trainer Zugang zur Mannschaft habe.
Ob die Spieler ihm zuhörten. Das könne er bejahen, sagte Keller, und mehr als das: Nach Schulnoten, Keller vergibt auch gern Zensuren, sei das, was Steffen Baumgart und seine Assistenten böten, eine „glatte Eins“. Solange sich daran nichts ändere, sehe er keinen Anlass, in der Trainerfrage aktiv zu werden.
Alles zum Thema Christian Keller
- Sportchef des 1. FC Köln Rätsel um Christian Kellers Vertragssituation
- Frauenfußball Jacqueline Dünker soll beim 1. FC Köln nach Entlassung von Daniel Weber mentale Blockade lösen
- Nach desolaten Auftritten FC-Frauen trennen sich von Trainer Weber – Keller erklärt Umdenken
- Vorbereitung auf Münster-Spiel begonnen Coach Struber begrüßt zwei Rückkehrer im FC-Training
- „Nicht den halben Kader auswechseln“ FC-Sportchef Keller bestätigt Winter-Transfers und gibt Ausblick
- Sportchef gibt Einschätzung So schlagen sich die Leihspieler des 1. FC Köln
- Interesse aus der Bundesliga FC-Flügelspieler Maina weckt Begehrlichkeiten
Ob die Umsetzung der Trainingsinhalte auch am Spieltag gelänge, sei ein anderes Thema, das zunächst aber nichts mit der Frage nach Steffen Baumgart zu tun habe. „Wenn ich sage, der Trainer identifiziert sich mit seiner Aufgabe, passt zum Klub, passt zur Stadt, passt zur Stadtgesellschaft. Warum muss ich mir dann die Frage stellen?“, äußerte Keller damals. Fünf Wochen sind seitdem vergangen.
Seit dem Spiel in Bochum hat sich die Lage beim 1. FC Köln nicht entscheidend verbessert. Am Sonntag in Freiburg hielten die Kölner zwar ordentlich mit, hätten trotz des Platzverweises gegen Jeff Chabot (Gelb-Rot, 62.) sogar in Führung gehen können. Doch dann brachte Christian Streich Michael Gregoritsch und Roland Sallai von der Bank, die dem FC mit ihren beiden Treffern die neunte Saisonpleite zufügten. Mit derartiger Qualität kann der Kölner Kader nicht aufwarten, weder von der Bank noch in der Startelf.
Keller sieht Platzverweis als entscheidende Situation
Baumgart wollte die Unterzahl nach der 62. Minute nicht als Kipppunkt ausmachen. „Nein, nein. Wir haben genug Situationen, in denen man merkt, dass die Jungs nicht die Sicherheit haben. Sie müssen in ihren Aktionen einfach besser werden“, sagte der Trainer, statt es sich leicht zu machen und die halbe Stunde zu zehnt in einer ausgeglichenen Partie gegen einen deutlich stärker besetzten Gegner zur Ursache zu erklären.
Wie Christian Keller, der sich festlegte: „Der Platzverweis war sehr, sehr entscheidend. Damit kriegt das Spiel eine ganz andere Wendung“, womit der Geschäftsführer vor allem dokumentierte, dass er und sein Trainer sich nach dem Schlusspfiff noch nicht auf eine gemeinsame Sprachregelung verständigt hatten. Einig waren sich Sportchef und Coach allerdings in ihrer Analyse der Kölner Spielweise. Denn die hatte in Ansätzen wieder an die Auftritte der vergangenen zwei Jahre erinnert, in denen der FC deutlich erfolgreicher gespielt hatte, wenngleich mit einem sehr viel stärkeren Kader.
Man habe zurück zu den Wurzeln gefunden, sagte Keller, und auch Baumgart fühlte sich an bessere Zeiten erinnert. „Ich habe heute mehr von dem Fußball gesehen, den ich in den letzten Spielen vermisst habe. Die Jungs sind viel aggressiver angelaufen, hatten besseres Tempo. Ich habe noch Lösungen. Die Frage ist, ob wir diese Lösungen auch auf dem Platz sehen. Es interessiert keinen, ob ich Lösungen habe oder ob ich weiter an die Jungs glaube, was ich tue. Wir müssen Ergebnisse einfahren“, sagte Baumgart und zeigte damit sein Dilemma auf: Vor der Partie hatte der 51-Jährige noch erklärt, er wolle nun „Ergebnis-unabhängig“ zurück zum alten Stil. Nach dem 0:2 in Freiburg musste er sich jedoch der Realität stellen, dass es ohne Punkte eben auch nicht geht.
Baumgart gab sich realistisch, was auch daran gelegen haben dürfte, dass seiner Mannschaft trotz eines vor allem in der ersten Halbzeit klar verbesserten Anlaufverhaltens in 90 Minuten nur ein Schuss aufs Tor gelungen war. Er habe noch Möglichkeiten, beteuerte Baumgart nach dem Schlusspfiff, er könne Wechsel vornehmen, „wie wir es heute gemacht haben“, sagte er noch.
Nach einer Stunde war zum Beispiel Mark Uth ins Spiel gekommen, Kölns personifizierte Hoffnung für alles, was mit Offensive zu tun hat. Und trotz der Unterzahl hatte Uth sogar noch etwas wie Torgefahr entwickelt. Der Porzer hatte wie Baumgart und Keller die Rückkehr zum bewährten Stil erkannt und gutgeheißen. „Wir haben es heute geschafft, wieder eine hohe Intensität auf den Platz zu bringen. So sind wir konkurrenzfähig, so müssen wir weitermachen“, erklärte Uth und stellte noch fest: „Ich brauche Spielzeit und würde gern mal wieder von Anfang an spielen. Aber das entscheidet der Trainer.“
Keller honorierte ebenfalls, erstens, die Rückkehr zur vereinbarten Spielweise, die ja grundsätzlich zu gelten hat beim FC. Zweitens allerdings weiß auch er, dass von der Tabelle eine Kraft ausgeht, der er sich nicht entziehen kann. „Das tut weh heute. Wir haben zehn Punkte aus 15 Spielen. Das ist einfach nicht ausreichend“, befand der 45-Jährige. Und wer jemals an einer Universität in Kontakt geraten ist mit nicht ausreichenden Leistungen, der weiß, was das faktisch bedeutet: Prüfung nicht bestanden. Durchgefallen.
Keller fordert einen Sieg in Berlin, um zumindest ein „Mini-Polster“ zu haben
Schon am kommenden Mittwoch haben die Kölner die Gelegenheit, im Duell mit einer ebenfalls verunsicherten Mannschaft zu versuchen, verbesserte Spielanlage und Ertragssituation wieder in Übereinstimmung zu bringen. Bei Union Berlin (18.30 Uhr) muss ein Sieg her, um etwas beruhigter in die Winterpause gehen zu können. Die Zukunft des Trainers hänge aber nicht am Abschneiden im Stadion an der Alten Försterei. „Wenn ich sage, dass am Mittwoch nach Punkten etwas passieren muss, ist das auf die Tabelle bezogen“, beteuerte Keller. „Sollten wir da leer ausgehen, wäre zwar nicht Hopfen und Malz verloren. Aber wir spielen gegen einen direkten Konkurrenten. Es geht also um die Frage: Haben wir nach dem Spiel ein Mini-Polster auf die – oder haben die ein Mini-Polster auf uns? Ich hätte es gerne zu unseren Gunsten.“