Der 1. FC Köln tut sich schwer, seine Talente langfristig zu binden oder zumindest Transfererlöse zu erzielen.
Viele offene VertragsfragenDer 1. FC Köln plagt sich mit Nachwuchssorgen
Im Pokalspiel gegen Holstein Kiel hatte Marvin Obuz eine dieser Szenen, die ihn über die Jahre zum Hoffnungsträger beim 1. FC Köln haben werden lassen. Kurz nach seiner Einwechselung nahm er einen Ball an der Mittellinie in der Drehung mit der Sohle mit und schickte gleich mehrere Gegenspieler ins Nichts. Das Stadion raunte, es war ein Moment für die Galerie.
Ein Tor sprang dabei nicht heraus, doch immerhin hatte Obuz diese eine Aktion noch zeigen können. Erst zur Nachspielzeit war er eingewechselt worden, da hatte es schon 3:0 für Köln gestanden. Beim 1:2 gegen den HSV zum Saisonauftakt war der 22-Jährige ebenfalls kurz vor Schluss eingewechselt worden und in drei Spielminuten nur auf drei Ballkontakte gekommen. Erst zwei Monate später durfte er sich wieder versuchen. Eine knappe halbe Stunde war noch zu spielen, als er beim Stand von 4:4 gegen Karlsruhe in eine komplizierte Partie kam. Es war dem jungen Mann anzusehen, dass er versuchte, sein gesamtes Repertoire in diese 27 Minuten zu legen. Doch nichts mochte gelingen. Obuz, geboren am 25. Januar 2002 in Köln, erlebt schwierige Zeiten bei seinem Heimatverein.
Große Hoffnung nach starker Saison bei Rot-Weiss Essen
In der vergangenen Saison schien Obuz’ Karriere ihren erhofften Lauf zu nehmen: Spätestens seit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit den Kölner B-Junioren im Jahr 2019 gegen Borussia Dortmund galt der Außenspieler als Verheißung. Obuz durchlief die deutschen Jugend-Nationalmannschaften, erhielt einen Profivertrag beim FC. Nach einer missglückten Leihe nach Kiel kam er in der vergangenen Saison bei Rot-Weiss Essen dann auf sieben Tore und 14 Vorlagen. In der dritten Liga zwar, doch schien Obuz bei seiner erneuten Rückkehr zum mittlerweile in die Zweite Liga abgestiegenen FC bereit, seinen vorgesehenen Platz einzunehmen.
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Doch daraus ist vorerst nichts geworden. Noch im Saisonfinale mit Essen hatte er eine schwere Muskelverletzung erlitten, verpasste Teile der Vorbereitung und geriet aufs Abstellgleis. Sein Vertrag läuft zum Ende der Saison aus. Sollte sich an seiner Situation nichts ändern, könnte schon im Winter eine Trennung anstehen, nach 15 Jahren beim FC.
Der 1. FC Köln will einen weiteren Fall Wirtz unbedingt verhindern
Florian Wirtz spielte damals im Finale von Dortmund neben Obuz, der Nationalspieler wechselte im Januar 2020 nach neun Jahren in der Jugend des FC zu Bayer Leverkusen, bevor er ein Profispiel für Köln absolviert hatte. Die Kölner verstehen es seit der Tragödie um Wirtz als Teil ihres Vereinszwecks, Spieler aus der eigenen Jugend in den Profibetrieb einzubauen. Man will Transferwerte schaffen, so will es der Plan: Ein Fall Wirtz dürfe sich nie wiederholen. Doch mit Obuz geht nun der nächste Spieler der goldenen FC-Generation aus den Jahrgängen 2002 und 2003.
Obuz ist kein Einzelfall. Noch problematischer ist die Lage bei Tim Lemperle. Wie Obuz stammt der Stürmer aus dem Jahrgang 2002 und war in der vergangenen Saison ebenfalls ausgeliehen. Nach einem starken Jahr in Fürth ist Lemperle nun allerdings Stammspieler und Leistungsträger der Kölner. Doch auch Lemperles Vertrag endet im Frühjahr, dem Vernehmen nach hat es noch kein Kölner Angebot an die Berateragentur des Angreifers gegeben. Obuz und Lemperle drohen dem FC damit ablösefrei verloren zu gehen. Auch Meiko Wäschenbachs Vertrag läuft aus; derzeit schafft es der 20-Jährige weder in den Kader der Profis noch in den der Regionalliga-Reserve. Kein gutes Zeichen.
Und es gibt weitere Vertragsbaustellen. Jan Thielmann spielte neben Wirtz und Obuz, als Köln in Dortmund den Titel gewann. Der Vertrag des 22-Jährigen läuft nach der nächsten Saison aus, im Sommer wäre also die letzte Gelegenheit, mit dem Mann aus dem eigenen Nachwuchs noch eine Ablösesumme zu erzielen – sollte man keine Verlängerung schaffen. Auch U21-Nationalspieler Eric Martel (22) ist nur noch bis Juni 2026 gebunden, dasselbe gilt für Max Finkgräfe (20), Damion Downs (20) – und Jonas Urbig, ebenfalls ein Spieler des Jahrgangs 2003, mit dem es bislang keine Vertragsverhandlungen gibt. Viel zu tun also für Sportchef Christian Keller.
Die Kölner hatten im Sommer auf der Torwartposition ein Kaderproblem, weil sie dort Marvin Schwäbe beschäftigten, einen teuren Mann mit viel Erfahrung. Und sie gleichzeitig versuchen wollten, Urbig zu integrieren. Statt einen Konkurrenzkampf auszurufen, sorgten sie für eine Unwucht im Kader, indem sie Urbig zu Nummer eins erklärten, bevor Schwäbe einen neuen Verein gefunden hatte. Und reagierten nun auf den Druck der jüngsten Ergebniskrise, indem sie ihre Entscheidung revidierten und Schwäbe zurückholten – obwohl der etwa in einem Interview mit dem „Kicker“ angedeutet hatte, beim FC sei das Leistungsprinzip ausgesetzt.
In der vergangenen Saison hatte der FC es geschafft, Justin Diehl an den VfB Stuttgart zu verlieren, nachdem man den Spieler zwischendurch monatelang kaltgestellt hatte, um ihn zur Vertragsverlängerung zu bewegen. Zu einem Tarif, der Welten entfernt lag von dem, was der VfB geboten hatte. Nun scheint sich eine weitere Kölner Fantasie in Luft aufzulösen: Schließlich hatte der Abstieg dem FC die Chance eröffnet, die Talente in der Zweiten Liga reifen zu lassen, um sie einst als Aufstiegshelden in einem Erstligakader zu etablieren. Diese Aussichten haben sich eingetrübt. Nicht nur bei Obuz und Lemperle.
Allerdings drangen am Dienstag auch gute Nachrichten aus dem Geißbockheim: Am Mittag teilte der FC mit, dass Etienne Borie einen langfristigen Profivertrag unterschrieben hat. Das 18-jährige Mittelfeldtalent gewann in der Saison 2022/23 noch als U17-Spieler mit der Kölner U19 den DFB-Juniorenpokal. „Bei seinen ersten Trainingseinheiten und Testspielen mit der Lizenzmannschaft hat Etienne einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Jetzt gilt es, an diese Leistungen anzuknüpfen, um den Schritt in den Profifußball zu verwirklichen“, teilte Thomas Kessler mit, der Leiter Lizenz beim 1. FC Köln.