Nach dem 2:2 bei RB Leipzig hat der Deutsche Meister sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayern München.
Gegentore in der SchlussphaseAus Bayer 04 Leverkusens spätem Glück wird spätes Pech
Einen Blick für die Fans hatte Florian Wirtz noch, als er sein Trikot einem dankbaren Abnehmer zuwarf. Dann senkte sich sein Kopf gen Boden und der Superstar von Bayer 04 Leverkusen verschwand schweigsam in die Kabine. Dem 21-Jährigen war am Samstagnachmittag beim 2:2 in Leipzig fast alles gelungen: Dribblings, Antritte, Traumpässe, Zweikämpfe, Vorlagen. Nur eben nicht die beiden im Fußball entscheidenden Dinge, ein eigenes Tor und ein Sieg seiner Mannschaft. Denn wie schon im Hinspiel gegen RB, als Leverkusens legendäre Serie ohne Bundesliga-Niederlage gerissen war, brachte Bayer 04 auch im zweiten Aufeinandertreffen dieser Saison eine 2:0-Führung nicht über die Zeit.
Florian Wirtz trifft gleich dreimal den Pfosten
„Wir hätten das Spiel killen müssen“, kritisierte Abwehrchef Jonathan Tah. Doch weil die Effizienz fehlte und gerade Wirtz im Abschluss Pech hatte – gleich dreimal traf der Nationalspieler den Pfosten – gab Leverkusen die Partie in einer turbulenten Schlussphase aus der Hand und hat nun sechs Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Bayern München. „Natürlich ärgert mich das ein bisschen“, sagte Trainer Xabi Alonso diplomatisch. Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes wollte von einer Vorentscheidung im Meisterrennen indes nichts wissen. „Das ist nicht, wo wir zu viel Energie verschwenden sollten. Es sind noch viele Spiele“, sagte der Ex-Profi.
Dabei deutete nach der Enttäuschung von Madrid, Bayer 04 hatte trotz Führung und langer Überzahl in der Champions League 1:2 bei Atlético verloren, in Leipzig zunächst alles auf den neunten Bundesliga-Sieg in Folge hin. Im Alleingang spielte Wirtz die RB-Defensive nach Belieben schwindelig. Mit einem Solo durch drei Verteidiger und einem Außenrist-Schuss an den Pfosten bereitete der Regisseur das 1:0 von Patrik Schick (18.) vor, das 13. Tor des Tschechen in seinen letzten neun Liga-Spielen. „Das war spektakulär. Sehr einfach, sehr elegant“, staunte Xabi Alonso. Wirtz spiele „wie auf der Playstation“, schwärmte Kapitän Lukas Hradecky, es sei „Kunst“ und „Weltklasse, was der im Moment zeigt“.
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Doch der Hochbegabte kann bekanntlich auch beißen. Nachdem Wirtz zwischenzeitlich mit einem Schlenzer an RB-Keeper Peter Gulasci und dem Pfosten gescheitert war, eroberte er in der 36. Minute den Ball gleich zweimal von Leipziger Verteidigern und legte quer auf Aleix Garcia, der Spanier markierte sein erstes Bundesliga-Tor und das 2:0.
David Raums schmerzhafter Zweikampf mit Florian Wirtz
„Ein paar Abdrücke habe ich noch von seinem Schuh“, berichtete David Raum mit Blick auf den ersten von Wirtz‘ Ballgewinnen, der schmerzhaft für den Leipziger endete, aber von Schiedsrichter Bastian Dankert nicht als Foul gewertet wurde. „Das war eine spielentscheidende Szene. Ich unterstelle Flo keine Absicht, eine Rote Karte ist es nicht, aber ein klares Foul“, sagte Raum. „Ich bin zuerst am Ball, er steht zwei Sekunden auf der Wade. Vielleicht hat er sich da wohlgefühlt, wollte ein bisschen Stabilitätsübungen machen.“
Mit viel Wut im Bau trat Raum wenig später zu einem Freistoß an, den er unter Mithilfe von Piero Hincapies Kopf zum 1:2 unter die Latte jagte (41.). Raum stand auch zu Beginn des zweiten Durchgangs im Fokus, als er auf der Linie das sichere 3:1 durch Exequiel Palacios – natürlich initiiert von Wirtz – per Kopf verhinderte (47.). In der 64. Minute machte Leverkusens Superstar nach einem abermaligen Solo samt Abschluss seinen unglücklichen Pfosten-Hattrick perfekt. Und weil Leipzig in der Schlussphase noch einmal aufkam, Bayer 04 seine Konter schlampig ausspielte und Edmond Tapsoba bei einem Kopfballduell kein gutes Timing hatte, führte das Eigentor des Verteidigers in der 86. Minute zum 2:2-Endstand.
Lukas Hradecky will weiter „um das Größte kämpfen“
Es sei noch kein Grund zur Panik, stellte Kapitän Hradecky nach der „ärgerlichen und unnötigen“ Punkteteilung klar. „Hoffentlich können wir weiterhin um das Größte kämpfen.“ Dafür braucht die Werkself aber wieder etwas von der späten Durchschlagskraft der Doublesaison, als reihenweise Spiele in der Schlussphase entschieden wurde. Aktuell zeigt der Trend in eine andere Richtung: Das 2:2 in Leipzig war die vierte Partie in den letzten Monaten, in der Punkte durch Tore nach der 84. Minute abgegeben wurden.