Leverkusen – So ohne weiteres würde man nicht darauf kommen, dass Bayer 04 Leverkusen den dritten Platz der Bundesliga-Rückrundentabelle belegt. Trotz der knappen Siege gegen die Krisenteams Berlin (2:1) und Wolfsburg (2:0) überwiegt der Eindruck einer Gesamtproblematik, die zwei Saisonziele (DFB-Pokal, Europa League) bereits gekostet hat und das dritte (Qualifikation für die Champions League) zumindest noch gefährdet.
Diese gefühlt immer noch nicht ganz ausgestandene Depression hat ihre Ursachen in der Zeit zwischen 18. Februar und 12. März, als das Team von Trainer Gerardo Seoane von sechs Spielen nur eines (gegen Bielefeld) gewann und dabei wichtige junge Spieler wie Florian Wirtz (18) und Jeremie Frimpong (21) durch schwere Verletzungen verlor. Später kam auch noch Amine Adli (21) hinzu.
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Dennoch geht die Werkself mit einer ordentlichen Ausgangsposition in den Saisonendspurt von sechs Spielen. Vor der Partie beim VfL Bochum (Sonntag, 15.30 Uhr) trennen sie sechs Punkte vom bösen fünften Platz (Freiburg/45 Punkte), der als erster den Eintritt in die Königsklasse mit der Garantie-Einnahme von rund 25 Millionen Euro verwehrt. Wer dabei ein Gefühl der Sicherheit verspürt, lässt sich allerdings von den Zahlen täuschen.
Bei 18 noch zu vergebenen Punkten, einem schweren Restprogramm (u.a. gegen Leipzig, Hoffenheim und Freiburg) sowie der Ungewissheit über die Wertung des Freiburger 1:4 gegen Bayern München (kurzfristig zwölf Mann auf dem Platz) gibt es keine Sicherheiten.
Nach dem Ausfall von drei Jung-Stars liegt die Verantwortung vor allem bei den Routiniers, von denen der Kader von Bayer 04 viele aufweist. Vor allem im defensiven Mittelfeld ist die Besetzung mit Charles Aranguiz (32), Kerem Demirbay (28), Robert Andrich (27) und Exequiel Palacios (24) gestählt durch viele Spiele auf hohem Niveau. Und auch in der Offensivabteilung sind keine Frischlinge mehr am Werk. Der gegen Berlin nach fünfwöchiger Anwesenheit (Wadenverletzung) zurückgekehrte Patrik Schick hat mit seinen 26 Jahren weit über 200 Profi-Spiele in drei Ländern absolviert. Sein Backup Lucas Alario (29) ist schon ein alter Hase, Karim Bellarabi (31) ist mittlerweile dienstältester Bayer-04-Profi, der im Winter verpflichtete Sardar Azmoun (27) ist auch kein Jung-Profi mehr. Und in der Abwehr dirigiert Jonathan Tah, dessen 26 Jahre täuschen. Der Nationalspieler hat seine ersten Profi-Spiele im Alter von 17 Jahren absolviert, bringt es auf weit über 300 Partien auf höchstem Niveau und ist als Nationalspieler ein WM-Kandidat.
„Es ist richtig, dass unsere Mannschaft über genug Erfahrung verfügt und die erfahrenen Spieler jetzt vorangehen müssen“, sagt Sportdirektor Simon Rolfes dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor dem Spiel gegen den starken Aufsteiger Bochum, „und für mich gehört da auch Moussa Diaby schon dazu.“ Der Franzose ist zwar erst 22, spielt aber schon seit fünf Jahren auf höchstem Niveau und hat dabei mehr als 150 Profipartien absolviert. Seinen Wert zeigte der französische Nationalspieler erst wieder gegen Hertha BSC, als er zwei Tore von der rechten Seite vorbereitete.
Die Legende vom jungen Werkselfteam, das manchmal aus Unerfahrenheit versagt, stimmt so nicht und kann deshalb auch nicht als Erklärung für das Verfehlen von Zielen dienen.