Kaprun – Lucas Alario ist ein Fußball-Profi, der wenig Aufhebens um sich macht. Er will nur durch Tore auffällig werden, was ihm seit Jahren bemerkenswert gut gelingt. Gemessen an seinen Einsatzminuten trifft der Argentinier seit 2017 in der Bundesliga alle 145 Minuten, in DFB-Pokal und Europa League etwa alle 110 Minuten. Das sind erstaunliche Werte, die anderen Mittelstürmern bei ihren Klubs schon Heldenstatus verschafft haben. Aber Lucas Alario ist bei Bayer 04 nie ein Held geworden.
Zur Rolle des Übersehenen passt auch, was dem Argentinier in den letzten Monaten passiert ist. Anstatt mit seiner Nationalmannschaft zur Copa América fuhr er mit einer kurz vor Saisonschluss in Leverkusen erlittenen Muskel-Sehnenverletzung in die Reha und erlebte als Fan in der Heimat, wie die Albiceleste inmitten schwierigster Umstände den Südamerika-Pokal gewann und vom Volk mit Inbrunst gefeiert wurde. Der Alternativ-Plan, sein Land wenigstens beim Olympiaturnier zu vertreten, scheiterte an einer neuerlichen Blessur. „In Argentinien, das war eine verrückte Zeit. Ich war weit weg von Buenos Aires in Behandlung und konnte auch meine Familie nicht sehen, aber ich freue mich für alle Spieler, die die Copa gewonnen haben“, sagt der 28-Jährige im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Bayer 04 setzt auf Patrik Schick
Lucas Alario hat sich seit seiner Ankunft im Sommertrainingslager von Bayer 04 im Salzburger Land innerhalb weniger Tage ins Teamtraining gekämpft und wirft sich entschlossen in jeden Zweikampf, obwohl er weiß, dass er nicht mehr als Stammspieler für die Sturmmitte eingeplant ist. Da sehen die Leverkusener im fünfmaligen EM-Torschützen Patrik Schick einen neuen Stern, von dem sie hoffen, dass er seinen Zenit noch längst nicht erreicht hat. Alario und Schick gemeinsam aufzubieten, wie es Peter Bosz in der Endphase seiner Zeit tat, ist kein guter Plan. Dennoch sagt Alario: „Mir geht es gut. Ich kann immer mehr mit der Mannschaft machen.“
Der Plan des Werksklubs ist, dass Alario nicht mehr für Bayer 04 spielt, sondern durch seinen respektablen Wert als zuverlässiger Torschütze Geld für weitere Transfers in die Kassen bringt. Das geht aber nur, wenn Alario noch in dieser Transferperiode transferiert wird oder den 2022 auslaufenden Vertrag verlängert und danach ausgeliehen und später verkauft wird. Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes hatte baldige Gespräche mit dem Argentinier und seinem Management angekündigt: „Danach wissen wir alle Bescheid, in welche Richtung es geht.“ Inmitten dieses Pokers tritt Lucas Alario, wie er es stets getan hat, höflich, professionell und zurückhaltend auf. „Zu meiner Zukunft kann ich jetzt noch nichts sagen. Ich muss erst die Gespräche abwarten. Dann kann ich eine Entscheidung treffen“, erklärt der Torjäger.
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Es wäre leicht für einen Stürmer, der vier Jahre zuvor für 25 Millionen Euro mit großen Erwartungen aus Südamerika kam, angesichts seiner Dauerrolle als Nummer zwei im Sturm seines Klubs verbittert zu sein und sich ungerecht bewertet zu fühlen. Lucas Alario erliegt dieser Gefahr nicht. „Natürlich will jeder Spieler möglichst viel spielen, aber am Ende ist es immer die Entscheidung des Trainers. Das war auch bei mir so, deshalb kann ich selbst nicht sagen, ob es gerecht oder ungerecht war“, sagt er freundlich.
Auch seine private Situation hat er akzeptiert. Weit weg von seiner Heimatstadt Tosado im nordöstlichen Bundesstaat Santa Fe kämpft der Profi ohne Familie und Freunde auf einem anderen Kontinent um den nächsten Schritt in seiner Karriere. Für ihn ist das allerdings eine Situation, um die er beneidet werden will. „Ich bin zufrieden mit meinem Leben“, sagt Alario, „wenn man sich dafür entscheidet, Fußball-Profi zu werden, muss man auch auf Vieles verzichten. Das ist nicht nur die Familie, es sind auch die Freunde. Man ist nicht mehr bei Geburtstagen dabei, auch wenn es der Geburtstag des Bruders ist. Aber ich habe mich für diesen Weg entschieden, und das ist gut so.“