Leverkusen – Nach einer über zweimonatigen Zwangspause schadet es nicht, sich noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass Bayer 04 Leverkusen vor der Corona-Pandemie zwölf von 14 Pflichtspielen gewinnen konnte. Die Mannschaft von Trainer Peter Bosz war in einer bestechenden Form, als sie am 12. März vor fast 50.000 Zuschauern im Ibrox-Park in Glasgow zuletzt ein Fußballspiel bestritt und in der Europa League die Rangers 3:1 besiegte. Doch diese Volksfest-Atmosphäre scheint knapp neun Wochen später wie aus einem vergangenen Zeitalter.
Wie seine 17 Trainer-Kollegen beschäftigt sich Bosz nun mit der Frage, ob seinem Team der Kaltstart vor leeren Rängen gelingen wird – am Montagabend tritt Bayer 04 beim SV Werder Bremen an (20.30 Uhr/Dazn). Einen Vorteil haben der Niederländer und sein Gegenüber Florian Kohfeldt immerhin, sie konnten die anderen Partien aus ihrer Hotel-Quarantäne heraus beobachten und Schlüsse ziehen: Wie läuft die Kommunikation auf dem Rasen? Wie kann man sich unterhalten, ohne dass die gegnerische Bank alle Details mitbekommt? Und wie reagieren die Spieler auf die sonderbare Atmosphäre?
Leverkusens Angriff auf Platz vier
Unter anderem konnte Bosz mitverfolgen, dass sich Champions-League-Konkurrent RB Leipzig schwertat und gegen Freiburg nur zu einem 1:1 kam. Ein Sieg am Montagabend in Bremen und Leverkusen hätte nur noch einen Punkt Rückstand auf Platz vier. Doch der Coach der Werkself hat mögliche Probleme erkannt. „Konditionell sind wir noch nicht da, wo wir sein müssen – auch, weil wir keine Freundschaftsspiele machen konnten. Wir werden erst am Montag erfahren, wo wir genau stehen“, sagte der 56-Jährige. Unabhängig davon wolle man in der Tabelle aber „ganz nach oben“ gucken. Im Training hatte Bosz in den vergangenen Tagen versucht, ein Geisterspiel so gut es eben geht zu simulieren: Elf-gegen-Elf, vier Balljungen, klare Kommandos auf dem Rasen. „Ich weiß ganz genau, was meine Mannschaft kann. Ich kenne ihr Potenzial“, sagte Bosz und bezieht sich damit auf die Theorie – in der Praxis sei es so: „Es sind viele Fragezeichen, auch was den Gegner betrifft.“
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Die Bremer hatten sich zuletzt für eine spätere Fortsetzung der Bundesliga-Saison ausgesprochen, weil sie erst als letzter der 18 Klubs wieder die Erlaubnis zum Teamtraining erhielten. Werders Sport-Geschäftsführer Frank Baumann nannte das einen „deutlichen Wettbewerbsnachteil für uns“. Sein Leverkusener Pendant Rudi Völler hält diese Klagen für überzogen. „Es ist eine außergewöhnliche Situation, da müssen wir alle akzeptieren, dass es nicht anders geht. Dass einige Vereine ein paar Tage mehr oder weniger hatten, muss man akzeptieren“, sagte der frühere Bremen-Profi dem „Weser-Kurier“. Völler selbst will sich am Montag zurücknehmen: „Ich muss auch aufpassen, was ich so von der Tribüne rein schreie. Das hören normalerweise nur die Leute, die um mich herum sitzen, und die haben sich daran gewöhnt. In den großen leeren Stadien wird es nicht so einfach für mich.“
Lars Bender fällt aus, Florian Wirtz im Kader
Verzichten muss Bayer 04 in Bremen auf Lars Bender. Der Kapitän hatte sich am rechten Fuß verletzt. Kevin Volland ist nach seinem Syndesmose-Riss ebenfalls nicht einsatzfähig. Dafür berief Bosz Florian Wirtz in den Kader. Der 17-Jährige, der im Winter vom 1. FC Köln zu Bayer 04 transferiert wurde, könnte somit zu seinem Profi-Debüt kommen. Bosz zeigte sich angetan: „Weil er bei uns mittrainiert, muss es ein sehr guter Spieler sein, sonst würde er nicht dabei sein. Ich schätze seine Qualität sehr hoch ein.“ Zu einem Treffen der Generationen wird es allerdings nicht kommen. Bremens Sturm-Ikone Claudio Pizarro fehlt verletzungsbedingt und befindet sich laut „Bild“ nach einem Corona-Fall in seiner Familie in häuslicher Quarantäne.
