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Verpasste Chancen und EffektivitätBoniface und Schick im Fokus der Kritik bei Bayer 04

Lesezeit 4 Minuten
Spielten in dieser Saison nie von Beginn an zusammen: Patrik Schick (l.) und Victor Boniface

Spielten in dieser Saison nie von Beginn an zusammen: Patrik Schick (l.) und Victor Boniface

Bayer 04 Leverkusen ist der Remiskönig der Bundesliga. Die große Zahl an Unentschieden trotz Führung liegt Simon Rolfes und Xabi Alonso schwer im Magen.

Bayer 04 Leverkusen hat keines der vergangenen sechs Spiele in der Fußball-Bundesliga verloren. Die Werkself hat aber auch nur eine dieser Partien gewonnen (2:1 gegen Frankfurt). Bitter: Außer beim 0:0 gegen Stuttgart lag Leverkusen in jeder Partie in Führung, spielte aber fünf Mal Unentschieden. Das macht Bayer 04 zu den Remiskönigen der Liga, kein Team hat öfter die Punkte geteilt. „Es fehlen aktuell die letzten Prozent, um Spiele zu entscheiden“, analysiert Sportgeschäftsführer Simon Rolfes. Und Trainer Xabi Alonso betont: „Wenn man die Chance hat, das Spiel zu killen, kann man nicht warten.“

Diese Ansagen gelten der gesamten Mannschaft, natürlich aber vor allem der Offensivabteilung. Besonders im Sturmzentrum hat Leverkusen noch Luft nach oben. Die Formkurve bei Victor Boniface zeigte vor der Länderspielphase klar nach unten. Patrik Schick sammelte immerhin ein wenig Selbstvertrauen mit seinem Treffer beim 1:1 in Bochum, ihm fehlt allerdings die Spielpraxis. Für den Doublesieger wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass die beiden Stoßstürmer in der heißen Phase vor Weihnachten wieder effektiver werden.

„Es geht auch um die Entschlossenheit vorne“, sagt Rolfes. Damit muss sich vor allem Boniface angesprochen fühlen. Dabei lesen sich seine Zahlen auf den ersten Blick gar nicht schlecht: zehn Ligaspiele, sechs Tore, ein Assist. Hinzu kommt sein Siegtreffer beim 1:0 in der Champions League gegen die AC Mailand. Geht man etwas mehr ins Detail, wird aber deutlich, dass mehr drin gewesen wäre. Leverkusen führt die Liga-Statistik der abgegebenen Torschüsse mit 186 Versuchen vor dem FC Bayern (183) und dem VfB Stuttgart (148) an. Bei den Spielern folgen Harry Kane (38 Schüsse, FC Bayern) und Omar Marmoush (40, Eintracht Frankfurt) auf Spitzenreiter Boniface mit 41 Schüssen. Kane und Marmoush trafen allerdings jeweils elf Mal, haben also eine deutlich bessere Quote als der Bayer-Angreifer.

Kritik an Körpersprache von Boniface

In den vergangenen vier Pflichtspielen blieb Boniface torlos. Das allein ist aber nicht das größte Problem. Vielmehr ist es die destruktive Körpersprache des bulligen Stoßstürmers, die auch intern für Kritik sorgt. „Diese Körpersprache bringt keinen weiter, das haben wir schon angesprochen“, sagte Kapitän Lukas Hradecky, der dieses Thema aber nicht nur auf Boniface münzte. „Das sollen wir lassen. Natürlich, wie die Spiele sich entwickelt haben, wie die Ergebnisse sich entwickelt haben, da darf man auch frustriert sein, das ist keine Frage. Aber die Energie muss man anders nutzen als mit unnötigen Reaktionen.“

Auch die Länderspielpause konnte Boniface kaum nutzen, um neues Selbstbewusstsein zu sammeln. Mit der nigerianischen Nationalmannschaft qualifizierte er sich zwar für den Afrika-Cup durch ein 1:1 im Benin. Boniface wurde allerdings nur in der Schlussphase eingewechselt. Beim peinlichen 1:2 gegen Ruanda stand er dann in der Startelf – ohne Wirkung. Bisher war die Rangordnung im Sturm bei Bayer 04 klar geregelt. Alonso vertraute Boniface, Patrik Schick übernahm die Rolle als Herausforderer. Zusammen standen die beiden in dieser Saison noch nicht in der Startelf.

Beim 1:1 in Bochum vor der Länderspielpause durfte Schick von Beginn an ran, traf prompt zur 1:0-Führung und machte in der ersten Hälfte generell ein gutes Spiel. Boniface enttäuschte nach seiner Einwechslung. „Es war wieder nicht unser bestes Spiel. Es ist offensichtlich, dass wir viel besser spielen können“, sagte Schick, „wir sind natürlich mit einem Punkt nicht zufrieden, ich würde heute gerne drei Punkte gegen mein Tor eintauschen.“ Für Schick geht es auch darum, sich durch mehr Spielzeit und Tore wieder für die tschechische Nationalmannschaft zu empfehlen. Nationaltrainer Ivan Hasek verzichtete in den Partien gegen Albanien und Georgien erneut auf den EM-Torschützenkönig von 2021.

Sollte der 28-Jährige in den kommenden Wochen weiter die Bank drücken müssen, könnte auch ein Wechsel im Winter eine ernsthafte Option werden. Laut der italienischen „Gazzetta dello Sport“ hat Juventus Turin den Tschechen nach der Verletzung von Sturmstar Dusan Vlahovic auf dem Zettel. Eine Leihe mit Kaufoption soll im Gespräch sein. Xabi Alonso wird sich Gedanken machen müssen, über seine Hierarchie in der Spitze. Mit acht Spielen in vier Wochen vor Weihnachten hat der Spanier aber auch noch genug Spielzeit zu vergeben.