Leverkusen – Wenn die internationalen Auswahltrainer ihre besten Spieler in die Heimat rufen, wird es normalerweise leer bei Bayer 04 Leverkusen. In der Länderspielphase sind bis zu 15 Profis auf Weltreise die Normalität für die Werkself. Das ist diesmal ein klein wenig anders. Nur elf Profis, darunter die drei Teenager Iker Bravo, Zidan Sertdemir und Emrehan Gedikli, sind unterwegs.
Der Kader der Werkself ist durch den Terminwahnsinn des Herbstes verwundet und geschunden. Prominente Spieler haben die Fahrt zu ihren Nationalmannschaften abgesagt. Allen voran Patrik Schick (Sprunggelenkverletzung), Charles Aranguiz (Wade/Achillessehnenproblematik), Lucas Alario (Wadenverletzung) und am Montag auch Florian Wirtz, der beim Auswärtsspiel in Berlin kurzfristig mit Problemen in der Hüftmuskulatur ausgefallen war. Der 18-Jährige wird definitiv nicht im DFB-Kader für die Länderspiele gegen Liechtenstein (Freitag, 20.45 Uhr in Wolfsburg) und in Armenien (Sonntag, 18 Uhr ) stehen.
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Dennoch ist Florian Wirtz am Montag bei der deutschen Nationalmannschaft aufgetaucht, er wird Dienstag in Leverkusen zurück erwartet. „Ich habe das mit Hansi Flick am Sonntag am Rande des Bundesligaspiels bei Hertha BSC Berlin so besprochen, der Bundestrainer hätte ihn gern dabei gehabt“, erklärt Bayer-04-Geschäftsführer Rudi Völler dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „es geht ja auch nicht anders. Flo ist verletzt, er könnte bei beiden Spielen nicht spielen. Er soll aber das Gefühl haben, dass er dazu gehört. Und bei allem Respekt für die Gegner, wird die Nationalmannschaft gegen Liechtenstein und Armenien auch ohne Flo Erfolg haben können.“
Der Jungstar von Bayer 04 hatte in der Endphase des Europa-League-Spiels gegen Betis Sevilla (4:0) am Donnerstag einen Schlag auf die Hüfte bekommen. Danach erzielte er noch das 3:0, aber nach dem Spiel waren die Schmerzen zu groß und er fiel für die Partie am Sonntag bei Hertha BSC Berlin aus. Wirtz plagt eine grundsätzliche Problematik im Bereich Hüftbeuger/Leiste, die auch etwas mit dem noch nicht abgeschlossenen Wachstum zu tun hat. Bayer 04 will hier kein Risiko eingehen und hat den 18-Jährigen trotz seiner Wichtigkeit für die Mannschaft mehrmals in dieser Saison deshalb aus dem Training genommen.
Das nackte 1:1 des elften Spieltages ist für eine Mannschaft mit dem Anspruch von Bayer 04 Leverkusen nicht befriedigend. Es war nach dem 1:5 gegen München, dem 2:2 in Köln und der Heimniederlage gegen Wolfsburg (0:2) das vierte Bundesliga-Spiel in Folge ohne Sieg. In der Tabelle rutschte der Werksklub von Platz vier – wo er am Saisonende stehen will – auf Platz sechs, wo er nicht stehen will. Aber für diesen Trip in die Hauptstadt lagen mildernde Umstände vor. Wichtige Spieler waren verletzt, die Unverletzten müde, der Platz war kaum bespielbar, der Gegner besonders eklig. „Bei uns waren alle Mittelstürmer außer Gefecht, bei Hertha saßen alle auf der Bank“, sagt Rudi Völler über die Defensivstrategie des Gegners. Da wird ein Remis, das nach dem 0:1 in der 42. Minute durch Stevan Jovetic lange Zeit unwahrscheinlich schien, wie ein Sieg empfunden. „Hier mit so einer Energieleistung ein Unentschieden zu holen, da können wir glaube ich stolz darauf sein“, sagte Robert Andrich, der als bester Spieler seiner Mannschaft den Punkt durch sein Tor zum 1:1 in der 89. Minute sicherte.
Lob für Robert Andrich
Der Wert des 27-Jährigen, der im Sommer für rund sieben Millionen Euro von Union Berlin kam, hat sich in Berlin eindrucksvoll gezeigt. Rudi Völler sagt: „Jetzt hat, glaube ich, jeder verstanden, warum wir ihn geholt haben. Er ist nicht nur ein Kämpfer, er ist auch torgefährlich. Das war ein Treffer, wie ihn normalerweise nur Torjäger schießen.“
Rudi Völler hofft, dass die Heilung aller Verletzten und Angeschlagenen schnell voranschreitet, damit Bayer 04 die acht Spiele bis Jahresende mit einem halbwegs gesunden Kader bestreiten kann. Als wahrscheinlich gilt die Rückkehr der Angreifer Patrick Schick und Karim Bellarabi für das Heimspiel gegen den VfL Bochum (Samstag, 20. November, 15.30 Uhr). Für Charles Aranguiz und Lucas Alario besteht leise Hoffnung und Florian Wirtz soll kommende Woche wieder ins Training einsteigen. Bei Mitchel Bakker (Bänderriss im Sprunggelenk) und Timothy Fosu-Mensah (Kreuzbandriss), der nach monatelanger Pause Teile des Teamtrainings mitmacht, wird es noch länger dauern. „Viele Klubs sind aktuell von Verletzungen betroffen“, sagt Rudi Völler zur aktuellen Misere, „aber so, wie es jetzt bei uns war, habe ich es auch noch selten erlebt.“