Leverkusen – Rudi Völler hat am Mittwoch in Leverkusen vorbeigeschaut, wie er das regelmäßig tut. „In der Regel komme ich einmal in der Woche ins Büro“, sagt der ehemalige Geschäftsführer von Bayer 04, der in den letzten Wochen ein wenig vermisst wurde. Seit er nicht mehr Teil des operativen Geschäftes ist, hat der Werksklub kein Spiel mehr gewonnen. In Elversberg ist man krachend aus dem DFB-Pokal geflogen, gegen Dortmund, Augsburg und Hoffenheim hagelte es Niederlagen in der Bundesliga. Nur der Torrausch des FC Bayern gegen den VfL Bochum hat verhindert, dass der Champions-League-Teilnehmer den letzten Platz belegt.
Der Weltmeister von 1990 hat als Spieler, Trainer und Funktionär alles gesehen in seinem Sport, aber die Gnadenlosigkeit des Geschäfts überrascht ihn immer noch. „Fußball ist brutal und verrückt, vor ein paar Wochen haben wir uns hier noch in den Armen gelegen“, sagt Völler im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und erinnert an das Erreichen der Champions League, den rauschenden Saisonabschluss mit dem Sieg über Freiburg und am selben Abend seine bewegende Abschiedsparty in der Bayer-Zentrale.
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Allerdings hat ihn die Organisation nicht wirklich ziehen lassen. Diesen Fehler haben die Leute in Leverkusen nicht gemacht. Rudi Völler bleibt ihnen als wichtiger Teil des Gesellschafterausschusses an der Seite von Werner Wenning ebenso verbunden wie als Botschafter, Gesicht des Klubs und auch Ratgeber in Zeiten der Not, die aktuell herrscht. Völler hat genügend Charme, der aktuellen Geschäftsführung zu helfen, ohne sie hilfebedürftig erscheinen zu lassen. „Hier wurden viele Dinge in der Sommerpause richtig entschieden“, erklärt er, „wir haben mit Patrik Schick und Florian Wirtz verlängert, das war das richtige Zeichen. Von der Vorbereitung haben dann alle nur Gutes erzählt.“
Allerdings hat niemand das Unglück von Elversberg kommen sehen. „Die Wurzel allen Übels war die Pokalniederlage“, lautet Völlers Diagnose, „sie hat uns aus vielerlei Gründen sehr geschadet, das ist der Wettbewerb, bei dem wir wirklich etwas gewinnen können. Elversberg hat richtig wehgetan. Das hat uns alle getroffen. Diese Enttäuschung haben wir mit in die Liga genommen, obwohl wir in Dortmund auf Augenhöhe waren und Augsburg aus unserem Stadion hätten schießen müssen.“
Dass die Mannschaft gegen drei ganz unterschiedliche Gegner drei Wege gefunden hat, ein Spiel zu verlieren, einmal unglücklich, einmal fahrlässig und einmal unterirdisch, passt in die Choreographie solcher plötzlicher Krisen. Vor dem Spiel in Mainz erinnert Völler an die Basisdinge des Spiels: „Jetzt ist es wichtig, dass du die Ruhe bewahrst, die Dinge intern ansprichst und schaust, auf wen du dich verlassen kannst. Da habe ich volles Vertrauen in Fernando Carro, Simon Rolfes und Trainer Gerardo Seoane.“ Bei aller Kritik appelliert Völler („es gibt nichts schönzureden“) auch an das verschüttete Selbstvertrauen: „Wichtig ist, dass keiner vergisst, was wir schon geleistet haben. Wir haben in der Rückrunde der letzten Saison mehr Punkte geholt als Bayern München. Wir müssen in Mainz die entscheidenden Zweikämpfe gewinnen, eins zu eins auf dem Platz. Wir brauchen extremen Teamgeist. Anders geht es da gar nicht.“
Dass dazu nach den jüngsten schweren Verletzungen der Offensivspieler Amine Adli (Schlüsselbeinbruch) und Karim Bellarabi (Außenbandanriss) Hilfe von außen nötig ist, hat sich beim Werksklub als Sichtweise offenbar durchgesetzt. Offenbar steht Bayer 04 kurz vor einem Leihgeschäft mit dem FC Chelsea, der seinen hochbegabten, aber unzufriedenen Flügelstürmer Callum Hudson-Odoi für ein Jahr nach Leverkusen verleihen würde. Nach Meldungen englischer Medien und gut informierter Kreise könnte der Deal noch diese Woche perfekt gemacht werden. An Hudson-Odoi hatte der FC Bayern jahrelang Interesse, Chelsea hat den Deal aber immer blockiert. Inzwischen kommt der Nationalspieler auf 126 Einsätze für die Londoner, 72 davon in der Premier League. Diese Saison hat er aber noch keine Minute gespielt. Die Chance für Bayer 04, sich verloren gegangene Schnelligkeit im Angriff zurückzuholen.
Leihgeschäft mit Hudson-Odoi konkret
Rudi Völler, der in ständigem Austausch mit Werner Wenning steht, wollte Namen nicht bestätigen, aber als Mitglied des Gesellschafterausschusses die Einsicht, personell nachbessern zu müssen. „Der Kader ist nicht so groß und es gab jetzt leider schwere Verletzungen. Deshalb können wir nachvollziehen, wenn unsere Verantwortlichen noch einmal aktiv werden.“
Für Mainz käme eine Verstärkung wie Hudson-Odoi zu spät, für den Beginn der Champions-League-Gruppenphase, die am Donnerstag ausgelost wird, nicht. Hier sieht Rudi Völler den Anspruch seines Klubs, der sich auch durch vier verlorene Spiele nicht ändert. „Wir wollen auch kommende Saison wieder in die Champions League. Das bleibt immer unser Ziel, und das verändert sich auch durch die letzten Ergebnisse nicht.“