Eintrag im Goldenen Buch, Auto-Korso zum Stadion, feuchtfröhliche Party in der Bay-Arena – 80.000 Menschen sind in Leverkusen unterwegs.
Triumph von Bayer 04Wolkenbruch bei Double-Party – Leverkusen feiert seine Helden
Um 16.57 Uhr zogen die beiden größten Schätze des deutschen Fußballs unter tosendem Applaus der Leverkusener Fans ein in ihre Heimat für die kommenden Monate: die Bay-Arena. Zur passenden Party-Hynme „Can't Stop“ der Red Hot Chilli Peppers trug Lukas Hradecky am Sonntagnachmittag die elf Kilogramm schwere Meisterschale auf die natürlich kreuzförmige Bühne im Zentrum des Stadions. Jonathan Tah präsentierte den rund 40.000 Fans den 5,7 Kilogramm schweren DFB-Pokal. Rechtzeitig zum Höhepunkt der Double-Party hatten die Profis der Werkself noch einmal die letzten Kraftreserven gesammelt: Jeder einzelne Spieler durfte die Trophäen den Anhängern entgegenstrecken und sich den verdienten Applaus für eine herausragende Saison abholen.
Zwar öffnete der Himmel inmitten der Feierlichkeiten seine Schleusen und verwandelte die Bühne in eine Rutschbahn – doch die Stimmung beim würdigen Abschluss einer historischen Spielzeit dämpfte dies kaum. Zu lange hatten die Leverkusener Fans auf diesen Moment gewartet, zu oft hatten sie bittere Enttäuschungen verkraften müssen. Die vielleicht lauteste Reaktion bekam Trainer Xabi Alonso, der Architekt des größten Erfolgs der Bayer-04-Vereinsgeschichte – auch wenn die acht Liter Fassungsvermögen des DFB-Pokals inzwischen gut und gerne mit Regenwasser gefüllt hätten werden können.
Mühsamer 1:0-Sieg im Pokalfinale gegen Kaiserslautern
In den Stunden zuvor hatte die Werkself einen Party-Marathon hinter sich gebracht. Nach der Feier mit den Fans im Olympiastadion im Anschluss ans mühsame 1:0 gegen Kaiserslautern ging es in einen Club am Potsdamer Platz, wo Spieler, Trainerteam, Betreuer und 1000 geladene Gäste bis in die frühen Morgenstunden feierten. „Es gibt kein Limit“, hatte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes angekündigt. Die meisten Spieler setzten die Forderung ihres Vorgesetzten um.
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Nach durchzechter Nacht und wenigen Stunden Schlaf im Hotel hob der Flieger mit dem Double-Sieger gegen 12.45 Uhr in Berlin ab. Mit an Bord: neben dem frisch errungenen DFB-Pokal auch die Meisterschale. Eine knappe Stunde später landete der Tross in Köln, Kapitän Hradecky und Abwehrchef Tah präsentierten erstmals die Trophäen. Die meisten Leverkusener Profis verbargen ihre Augen hinter Sonnenbrillen – ganz nüchtern schienen einige noch nicht zu sein. „Ich weiß nicht, wo der Pokal geschlafen hat, aber er ist hier, das ist das Wichtigste“, sagte Hradecky, der bekennende Bier-Liebhaber aus Finnland, mit brüchiger Stimme.
„Wir haben Schnick, Schnack, Schnuck gespielt, wer welchen Pokal nimmt. Wir wussten aber nicht, welche Trophäe der Verlierer nehmen soll, weil beide so geil sind“, berichtete Tah. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst war einer der ersten Gratulanten auf dem Rollfeld. „Das ganze Land freut sich“, behauptete der CDU-Politiker, selbst Fan des 1.FC Köln, mutig. Der Abstieg seines Klubs sei traurig, der Freude für Bayer 04 tue dies aber keinen Abbruch.
Doublesieger tragen sich ins Goldene Buch der Stadt Leverkusen ein
Per Mannschaftsbus ging es für die Werkself vom Flughafen zum Schloss Morsbroich, wo Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) alle Doublesieger einzeln zum Goldenen Buch der Stadt Leverkusen lotste und mit einem breiten Grinsen die Unterschriften beobachtete. Was die Titel für die Stadt, Bürgerinnen und Bürger bedeuten? „Wir sind viel enger zusammengerückt, das ist ein anderes Identitätsgefühl. Uns kennt jetzt jeder“, sagte Richrath. Der „positive Fokus für unsere fantastische Stadt“ sei eine große Chance – auch um zu zeigen, hier geht „mehr als Fußball“. Doch gerade der funktionierte in den vergangenen Monaten herausragend.
Anschließend machte sich der vergoldete Tross in zwei offenen „Doublesieger“-Lastwagen auf den Weg in Richtung Bay-Arena. Mit an Bord: Schale, Pott und viele große Bierkrüge. Für die rund drei Kilometer über die Gustav-Heinemann- und Bismarckstraße bis zum Stadion benötigte der Autokorso fast zwei Stunden – die Straßenränder waren gesäumt von Bayer-04-Fans, rund 80.000 Menschen waren in Leverkusen unterwegs. Die Profis der Werkself unterschrieben Trikots und Schals und machten Selfies mit hochgereichten Smartphones.
Leverkusen-Fan Bastian Putz und seine Freunde waren extra aus Passau zur großen Abschlussfeier angereist. „Unsere Väter waren alle Bayern-Fans. Wir haben uns dann abgekehrt. Ich bin inzwischen Leverkusen-Fan und habe zum Geburtstag die Reise zur Double-Feier geschenkt bekommen,“ sagte Putz. Sein Freund ergänzte: „Wir feiern heute nicht nur, dass Bayer Meister geworden ist, sondern auch dass Bayern nicht Meister geworden ist.“ Immer wieder war auch Häme in Richtung des abgestiegenen Nachbarn 1. FC Köln zu hören.
Fernando Carro formuliert große Ziele für die Zukunft
Klubchef Fernando Carro ließ das neu gewonnene Leverkusener Selbstverständnis erkennen: „Das Ziel ist, in der Bundesliga mindestens oben dabei zu sein, im Pokal so weit wie möglich zu kommen und auch in der Champions League zu zeigen, dass Bayer Leverkusen ein top Niveau hat.“ Auf dem Double-Lastwagen hatte Abwehrchef Tah inzwischen die Schale gegen einen eigens für Bayer 04 entworfenen Wrestling-Gürtel eingetauscht. „Undefeated Champions“, grinste der Innenverteidiger, unbesiegte Meister. „Was wir auf dem Platz abgeliefert haben, aber auch in der Kabine – das ist der Wahnsinn.“