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Viktoria Kölns Trainer im Interview
Olaf Janßen erklärt seinen Abschied und schwärmt von Marian Wilhelm

Lesezeit 5 Minuten
Viktoria Köln wechselt den Trainer im Sommer: Olaf Janßen (links) und sein Nachfolger Marian Wilhelm

Viktoria Köln wechselt den Trainer im Sommer: Olaf Janßen (links) und sein Nachfolger Marian Wilhelm

Der Höhenberger Drittligist wechselt zur kommenden Saison seinen Trainer. Olaf Janßen im Interview

Herr Janßen, Sie werden den FC Viktoria Köln im Sommer verlassen. Warum suchen Sie eine neue Herausforderung?

Ich habe mich in meiner ganzen Laufbahn immer für Projekte entschieden. Ich war Manager, Co-Trainer, Videoanalyst und Cheftrainer – Jobs mit ganz unterschiedlichen Profilen. Unter Bruno Labbadia war ich viele Jahre zweiter Co-Trainer und Analyst, weil mich die Aufgabe gereizt hat. Ich war fünf Jahre mit Berti Vogts in Aserbaidschan, weil ich es spannend fand, mit einer Nationalmannschaft zu arbeiten. Ich bin mit Ewald Lienen bei St. Pauli als Co-Trainer eingesprungen, als wir mit elf Punkten in der Zweiten Liga auf dem letzten Platz standen, danach haben wir die beste Zweitliga-Rückrunde aller Zeiten mit Pauli gespielt. Und das Projekt Viktoria Köln mit der Etablierung in der Dritten Liga, eine eigene Spielphilosophie auf dem Platz für alle erkennbar zu machen, Spieler weiterzuentwickeln für unseren nächsten Schritt bzw. für Transfers, und unser Ausbildungskonzept, Spieler aus dem eigenen NLZ zu Profis zu machen, ist für mich im kommenden Sommer bestmöglich abgeschlossen – vor allem, wenn ich dann auch noch dabei meinen Nachfolger Marian Wilhelm eingearbeitet habe. Bis zum Saisonende wird die Viktoria aber noch von ganzem Herzen mein Projekt sein.

Im vergangenen Sommer war klar: Viktorias Budget wird kleiner, viele Leistungsträger werden gehen. Sie haben sich dafür entschieden, im Amt zu bleiben.

Es war ein außergewöhnlicher Moment, als mir in einem vertraulichen Gespräch die Wahl gelassen wurde, ob ich unter den neuen Rahmenbedingungen weiterarbeiten möchte. Der Verein hätte ja auch sagen können: Du hast Vertrag, und so sind die Dinge. Für mich war es dann ein Jetzt-Erst-Recht-Gefühl. Ich habe in den letzten vier Jahren hier so viel aufgebaut – da wollte ich die letzte Saison nutzen, um das weiter zu festigen.

Sie waren an der Auswahl Ihres Nachfolgers Marian Wilhelm maßgeblich beteiligt.

Es ist sicher außergewöhnlich im Profifußball, dass von Anfang an klar war, dass mein neuer Co-Trainer auch mein Nachfolger wird. So konnten wir es gemeinsam anpacken. Es war ein tolles halbes Jahr, Marian hat viel Input gegeben und mich zu einem besseren Trainer gemacht. Wir wollten den Wechsel zum Saisonende eigentlich schon im Verlauf der Hinrunde verkünden. Aber ich habe dann darum gebeten, es in die Winterpause zu verschieben, weil wir mit einer neuen und jungen Mannschaft in komplizierten Prozessen steckten. Aber jetzt wollten wir es öffentlich machen, weil in den nächsten Wochen sicher die Fragen nach meinem Vertrag aufgekommen wären – und natürlich auch die Spieler wissen möchten, woran sie sind.

Es war ein tolles halbes Jahr, Marian hat viel Input gegeben und mich zu einem besseren Trainer gemacht
Olaf Janßen über Marian Wilhelm

Was zeichnet Wilhelm aus?

Marian steht wie kein Zweiter für die DNA der Viktoria. Unsere tolle Jugendarbeit ist ganz stark mit seinem Namen verbunden. Wenn man mal die U-23-Mannschaften der Bundesligisten rausnimmt, sind wir da die Nummer eins, was das Thema Durchlässigkeit vom Nachwuchs zu den Profis betrifft.

Was für ein Standing hat er in der Mannschaft?

Seine Expertise spricht für sich. Da gab es ab dem ersten Tag der Zusammenarbeit ausschließlich positive Rückmeldungen von unseren erfahrenen Spielern, die sein Fachwissen wertschätzen. Natürlich hilft es auch, dass er einige Jungs aus der eigenen Jugend kennt. Aber das ist nicht ausschlaggebend.

Für die Viktoria ist Ihr Abschied zwar schmerzhaft, aber gleichzeitig eine Chance, Wilhelm eine Perspektive zu bieten.

Den Fußballkreisen ist es natürlich nicht verborgen geblieben, welche Arbeit Marian hier in den letzten Jahren gemacht hat, wie viele Spieler er zu Profis geformt hat. Das hat in den letzten Jahren auf dem Markt schon Begehrlichkeiten geweckt. Mit Blick auf die Viktoria-DNA passt ein junger Trainer, der seit 15 Jahren im Verein ist und jeden Schritt gemacht hat, wie die Faust aufs Auge. Aber natürlich geht es in allererster Linie um die Qualität, und über die verfügt Marian zweifelsfrei. Man hätte es nicht gemacht, wenn man Bauchschmerzen gehabt hätte. Auf keinen Fall. Alle im Verein sind total überzeugt von Marian. Mit diesen Faktoren kann man dann sicher sagen: Wenn wir so ein Trainertalent wie Marian halten wollen, dann schlagen wir mit unserem Vorgehen zwei Fliegen mit einer Klappe.

Die Mannschaft wurde auch erst am Freitag offiziell informiert. Wie hat sie reagiert?

Ich habe die Mannschaft vor dem Training kurz eingestimmt und einen Blick zurück und einen Blick nach vorn geworfen. Reagiert hat sie dann mit einem richtig geilen Training. Wahnsinn, wie die Jungs Gas gegeben haben. Als wenn es keine Pause gegeben hätte. Es war die richtige Reaktion – aber darum hatte ich mir keine Sorgen gemacht. Grundsätzlich verändert sich für die Mannschaft erstmal gar nichts. Natürlich haben die Spieler jetzt auch richtig verstanden, warum ich Marian in den letzten Wochen und Monaten so intensiv eingebunden habe. Das ist sicherlich weit über das Wirken eines normalen Co-Trainers hinausgegangen.

Die Viktoria hat Bryan Henning an Osnabrück abgegeben. Ein sportlich großer Verlust.

Das unterschreibe ich natürlich. Er war ein sehr wichtiger Spieler in unserem Konstrukt. Er hat der Mannschaft viel gegeben, mit seinen Fähigkeiten und seiner Erfahrung. Aber als Verein muss man die Gesamtkonstellation sehen. Bei einem Spieler, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft und es keine Aussichten auf eine Verlängerung gibt, weil er neue Wege gehen möchte, muss man sich Gedanken machen. Da geht es dann erst mal darum, gibt es einen Spieler, den wir verpflichten können, der diese Lücke schließen kann? Als wir die Möglichkeit bekommen haben, Paul Pöpperl an uns zu binden, haben wir dem Transfer von Bryan zugestimmt. Das muss in der Gesamtkonstellation schon zusammenpassen.

Henning ist zweit- und drittliga-erfahren. Pöpperl kam bislang nur in der Regionalliga und der zweiten niederländischen Liga zum Einsatz.

Als Trainer macht mir das keine großen Bauchschmerzen. Hätte ich welche gehabt, hätte es keinen Transfer gegeben. Wir glauben, dass Paul Fähigkeiten hat, die total zu unserem Spiel passen. Diese Fantasie hatten wir beispielsweise auch im Sommer bei Semih Güler, Tyger Lobinger und Enrique Lofolomo. Paul ist natürlich nicht der gleiche Spieler wie Bryan. Aber das kann er auch nicht sein. Er soll der bleiben, der er ist.

Wie sieht Ihre Zukunft ab dem Sommer 2025 aus?

Bis zum heutigen Tag habe ich noch mit keinem anderen Verein über ein mögliches Engagement ab der nächsten Saison gesprochen. Ich habe mir bis dato keine Gedanken gemacht, ob es in einer anderen Liga oder in einer anderen Funktion sein wird, das werden die nächsten Monate zeigen.

Es muss also nicht zwingend ein Cheftrainer-Posten sein?

Aufgrund meiner bisherigen Laufbahn und meiner Erfahrungen präferiere ich weiterhin den Job als Cheftrainer, allerdings bin ich trotzdem offen für andere Projekte, die mich überzeugen und motivieren werden. Ich bin gespannt!