Der langjährige Betreuer und Zeugwart des FC Viktoria ist im Alter von 77 Jahren gestorben. Spieler, Mitarbeiter und Fans des Höhenberger Klubs trauern.
Trauer um Thomas GürtlerViktoria Kölns gute Seele mit großer Fortuna-Vergangenheit
Der Schock sitzt noch immer tief in Köln-Höhenberg. Spieler, Mitarbeiter und Fans des FC Viktoria trauern um die „gute Seele“ ihres Fußballvereins. So wird Thomas „Tommy“ Gürtler immer wieder beschrieben, wenn man mit Weggefährten spricht, die in den vergangenen Jahren mit ihm täglich zu tun hatten. „Ich kann es immer noch nicht so richtig fassen“, sagt Trainer Olaf Janßen. „Tommy hat alles verkörpert, wofür wir stehen: Einsatz, Leidenschaft, Liebe.“
Der langjährige Zeugwart, Betreuer und Mann für alles in Höhenberg war am vergangenen Wochenende überraschend gestorben. Gürtler wurde 77 Jahre alt. „Bis zuletzt war er eigentlich topfit, hat nie etwas vergessen und sich um alles gekümmert.“ Damit alle Spieler ihre Trauer individuell verarbeiten können, hatte Janßen das Training am Dienstag abgesagt – die Nachricht hatte das Team am Mittag erreicht. „Ein richtiger Schock, das hatte niemand erwartet“, sagt der Coach. „Es sind viele Tränen geflossen.“
Bei Fortuna Köln erlebte Thomas Gürtler alle Höhen und Tiefen
Der gebürtige Freiburger war ein Urgestein des Kölner Fußballs, seit 2010 verbrachte er den Großteil seiner Tage in Höhenberg. Doch es gab auch ein Leben vor der Viktoria. Ab den 70ern war Gürtler 35 Jahre lang mit Herz und Seele für den großen Konkurrenten tätig – die Fortuna. Im Hauptberuf arbeitete er in der Botanik-Abteilung des Max-Planck-Instituts.
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Beim Südstadt-Klub erlebte Gürtler sämtliche Höhen und Tiefen hautnah. Die Zweitliga-Ära der Zollstocker, das Pokalendspiel gegen den großen 1. FC Köln 1983, die dramatischen Relegationsspiele gegen Borussia Dortmund 1986 – und natürlich Toni Schumachers legendäre Halbzeit-Entlassung 1999.
„Nach dem Tod von Jean Löring 2005 habe ich immer deutlicher gespürt, dass die Fortuna nicht mehr mein Verein ist. Es hatte sich etwas verändert“, sagte Gürtler einmal. „35 Jahre lang war ich bei fast jedem Spiel dabei. Ich habe 2000 Begegnungen gesehen – sogar in der Landesliga habe ich die Treue gehalten. Aber dann hat sich die Stimmung verändert und ich habe gemerkt, dass auch für mich die Zeit für eine Veränderung gekommen ist.“
Über den FC Junkersdorf kam Thomas Gürtler zu Viktoria Köln
Zunächst ging es für eine kurze Zeit zum FC Junkersdorf. Im Zuge der Übernahme der Spiellizenz durch die Viktoria kam Gürtler nach Höhenberg – zusammen mit Franz Wunderlich. Dort fand er eine neue, große Fußball-Liebe. „Schon nach den ersten Gesprächen mit den Viktoria-Verantwortlichen ist mir klar gewesen, dass ich mich hier sehr wohlfühlen werde. Ich bin vom ersten Tag an hervorragend aufgenommen worden. Ich habe es in keinem einzigen Augenblick bereut“, sagte Gürtler.
Durch seine Hilfsbereitschaft und ständige Verfügbarkeit fand sich der Betreuer auf Anhieb gut zurecht in seiner neuen fußballerischen Heimat. „Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich viel arbeite, ich bin immer früh da und fahre spät nach Hause“, sagt Trainer Janßen. „Aber Tommy hat mich immer geschlagen, er war immer noch früher und noch länger da.“ Sportvorstand Wunderlich sagt: „So einen Arbeitsaufwand wie er kann man nur betreiben, wenn man ein Fußballverrückter ist. Tommy war ein Phänomen. Es gab keinen, der ihn nicht mochte.“
Auch die Auswärtsspiele verpasste Gürtler fast nie – auch wenn er nicht mit dem Team, sondern auf eigene Faust mit den Fans quer durch die Republik reiste. Zuletzt Ende August beim 3:1 der Viktoria bei 1860 München. „Er war immer einer der ersten, den man nach Auswärtsspielen gesehen hat“, erinnert sich Janßen. „Voller Elan und mit Viktoria-Fähnchen.“ Als „Relikt aus vergangenen Zeiten“ beschreibt der Trainer Viktorias gute Seele. „So etwas findet man heute nicht mehr“, sagt Janßen. „Umso wichtiger war er für uns. Wir sind ein kleiner, familiärer Verein. Das muss man auch leben – das hat er getan. Bis zu seinem letzten Tag.“
Am Sonntag tritt Viktoria Köln bei Alemannia Aachen an
Am Mittwoch nahm die Viktoria die Vorbereitung auf das Spiel am Sonntagabend bei Alemannia Aachen (19.30 Uhr) wieder auf. „Wir greifen wieder an, nix anderes würde Tommy von uns erwarten“, sagt Janßen. „Wenn wir jetzt den Stecker rausziehen, würde Tommy da oben sitzen und den Kopf schütteln.“
Neben vielen aktuellen und ehemaligen Viktoria-Spielern bekundete auch die Fortuna ihr Beileid. „Wir wünschen allen Hinterbliebenen und Freunden viel Kraft in dieser Situation“, sagt Vereinspräsident Hanns-Jörg Westendorf, der Gürtler selbst seit Jahrzehnten kannte. „Er hat sich viele Jahre um die Fortuna verdient gemacht, daran werden wir uns immer erinnern.“