AboAbonnieren

Baum auf Oberleitung300 Fahrgäste saßen stundenlang in Zug in Windeck fest – Evakuierung beendet

Lesezeit 3 Minuten
Gegen 15.30 Uhr krachte der Zug gegen den über die Strecke hängenden Baum, die Frontscheibe zersplitterte.

Gegen 15.30 Uhr krachte der Zug gegen den über die Strecke hängenden Baum, die Frontscheibe zersplitterte.

Stundenlang saßen mehr als 300 Fahrgäste in dem voll besetzten Regionalexpress fest. Gegen 20.30 Uhr war die Evakuierung beendet.

Ein Baum auf einer Oberleitung hat am Freitagnachmittag, 19. April, Störungen auf der Siegtalstrecke verursacht. Zwischen den Haltepunkten Herchen und Dattenfeld strandete ein Regionalexpress Richtung Siegen, mehr als 300 Fahrgäste saßen bis zu fünf Stunden lang fest. Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei und DB Notfallmanagement waren im Einsatz.

Mit einer Draisine brachten die Einsatzkräfte mehrere gehbehinderte Personen aus dem Zug und brachten sie zurück.

Mit einer Draisine brachten die Einsatzkräfte mehrere gehbehinderte Personen aus dem Zug und brachten sie zurück.

Gegen 15.30 Uhr krachte der Zug gegen den über die Strecke hängenden Baum, die Frontscheibe zersplitterte. Der vollbesetzte RE9 kam etwa 500 Meter vor dem Bahnübergang in Röcklingen zum Stehen. Der Löschzug Herchen der freiwilligen Feuerwehr fuhr dorthin, die zehn Feuerwehrmänner und -frauen mussten aber erst warten, bis die Leitstelle der Deutschen Bahn die Strecke gesperrt hatte. Ihre Notfallmanager mussten vor Ort die Leitung erden. Das dauerte rund eine Stunde.

Lokführer des Zugs stand unter Schock

„Feuerwehr und Rettungsdienst haben die Passagiere im Zug zunächst gesichtet, um festzustellen, ob sie ärztliche Betreuung benötigen“, sagte Marco Brauner, stellvertretender Pressesprecher der Windecker Feuerwehr. Insgesamt fünf Rettungs- und Krankentransportwagen kamen zum Einsatzort, außerdem der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im Rhein-Sieg-Kreis.

Alles zum Thema Deutsche Bahn

Mit einer Draisine brachten die Einsatzkräfte Material zu dem über einen halben Kilometer entfernt stehenden Zug. „Wir hatten mehrere gehbehinderte Personen im Zug, dazu einen Blinden, Kleinkinder und zwei Hunde“, sagte Brauner. Der Lokführer sei aufgrund eines Schocks vom Rettungsdienst behandelt worden, ebenso eine Frau, die unter Atemnot litt.

Eine Zugpassagierin übergibt einen Hund an Rettungskräfte.

Hunde, Gepäck und Kleinkinder nahmen die Feuerwehrleute entgegen.

Die Feuerwehr holte drei behinderte Personen aus dem Zug und schob sie mit der Draisine zurück. Sie wurden mit Rettungswagen oder Taxen weggebracht. Die anderen Fahrgäste verblieben im Zug, sie saßen zu diesem Zeitpunkt bereits drei Stunden lang fest. „Sie über die Gleise laufen zu lassen, war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen nicht möglich. Man stelle sich vor, jemand wäre gestürzt“, sagte Brauner.

Gegen 15.30 Uhr krachte der Zug gegen den über die Strecke hängenden Baum, die Frontscheibe zersplitterte.

Die Frontscheibe des Zuges zersplitterte bei der Kollision.

Gegen 19 Uhr begannen Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst mit der Evakuierung. Inzwischen war aus Deutz eine dieselbetriebene Instandhaltungslok der DB InfraGo eingetroffen, eine rollende Werkstatt. Über eine Rollstuhlrampe zwischen den Zügen stiegen die Menschen nacheinander um.

Rettungsplattform erleichtert Ausstieg aus dem Zug

Die Lok brachte die Menschen zum Bahnübergang, wo die Feuerwehr – mittlerweile waren auch Kräfte aus Dattenfeld eingetroffen – sie in Empfang nahm. Um den Ausstieg zu erleichtern, stellten sie eine Rettungsplattform, die normalerweise für Lkw benötigt wird, unter die Ausgänge. Während die Menschen hinunterkletterten, nahmen die Feuerwehrleute Gepäck, ein Fahrrad, einen kleinen Jungen und einen Hund entgegen. Nachdem die Lok abgefahren war, konnten die Passagiere den Bahnübergang überqueren.

Passagiere eines Regionalzugs werden über eine Rollstuhlrampe in eine Instandhaltungslok geführt.

Über eine Rollstuhlrampe stiegen die Passagiere in die Instandhaltungslok um.

Mit im Zug saß Julia Teer aus Köln, in der Hand hielt sie ein Rollköfferchen. „Es hat ganz laut geknallt, als der Zug den Baum gerammt hat, da ist man schon zusammengezuckt. Und dann hing das Ende der Oberleitung vor dem Fenster neben meinem Kopf“, schilderte sie. Die 39-Jährige sei auf dem Weg nach Siegen gewesen, sollte in Netphen Babysitten. „Da muss jetzt die Oma einspringen“, sagte Julia Teer, die die Situation mit Humor nahm. „Mir passieren ständig verrückte Sachen. Jetzt habe ich beim Babysitten wenigstens was zu erzählen.“

Menschen jubeln und applaudieren bei Evakuierung

Die Menschen im Zug hätten gelassen reagiert, nach zweieinhalb Stunden seien sie „verständlicherweise“ etwas unruhig geworden. Für sie ging es mit einem der Bus weiter, die in einer Reihe auf der Siegtalstraße warteten.

Währenddessen fuhr die Instandhaltungslok zurück zum RE, um die nächsten 60 Personen zu holen - unter Jubel und Applaus der Angekommenen.

Um 20.30 Uhr waren die letzten Passagiere ausgestiegen. Die Busse fuhren sie weiter Richtung Siegen oder zurück nach Eitorf. Viele hatten sich bereits entschlossen, ihre Reise abzubrechen.

Eine Gruppe von Menschen steigt in Busse um, nachdem sie aus einem Zug evakuiert wurde.

Die gestrandeten Passagiere stiegen in wartende Busse.

Für die Feuerwehr war der Einsatz um 21 Uhr beendet. Die Oberleitung soll am Abend zumindest teilweise repariert werden, sodass die Züge die Stelle abwechselnd passieren können. Wie lange das dauert, ist noch nicht absehbar.