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BenefizkonzertHochbegabt mit Herzblut

Lesezeit 5 Minuten

Musik verbindet, Musik macht Spaß – in freier Natur noch viel mehr.

KölnFrau Rottland, in ihrem jungen Ensemble gibt es viele hochbegabte junge Musikerinnen und Musiker. Woran machen Sie das fest?

Um in den Auswahlorchestern des Landes NRW spielen zu können, ist eine hohe Qualifizierung der Jugendlichen Voraussetzung. Dass sie so gut auf ihren Instrumenten werden können, hat mit extrem viel Fleiß zu tun, aber auch mit einer hohen Begabung. Wenn wir an den Wochenenden in der Schulzeit auf Konzert-Tournee sind, lernen die jungen Musiker oft in den Mittagspausen oder abends – und sind gigantisch gut in der Schule. Häufig überspringen sie Klassen oder machen mit 16 Abitur.

Zur Person

Agnes Rottland

Agnes Rottland (52) arbeitete bei der Kölner Philharmonie. 2012 machte sich selbstständig und arbeitet seitdem für das Ensemble „Garage“ und die Landesjugend-Ensembles NRW. Seit 2016 ist sie bei den Landesjugend-Ensembles NRW Geschäftsführerin. Weiter ist sie als Dozentin an der Uni Düsseldorf und der Musikhochschule Detmold tätig. (ris)

Können Sie ein Beispiel nennen?

Es gibt bei den Schlagzeugern einen jungen Mann, der mit 16 Abitur gemacht hat. Den haben wir 2017 auf einer Spanien-Tournee kennengelernt, als er Ragtimes auf Marimba und Xylofon gespielt hat. Er war ursprünglich im landesweiten Percussion-Ensemble Splash, das vom Landesmusikrat getragen wird. Dieser Jugendliche war von unserem Orchester so begeistert, dass er in der Schlagzeuggruppe mitspielen wollte, was er nun auch macht. Mit gerade 18 wurde er von der Musikhochschule Münster aufgenommen, wo er Schlagzeug studiert.

Man liest im Zusammenhang mit Hochbegabung oft von „Wunderkindern“. Wie viel Genie steckt in ihren jungen Musikern?

Das Wunderbare ist das Interesse, das die Jugendlichen mitbringen. Um ein Instrument gut zu beherrschen, muss man viel üben. Besser gesagt: Man will viel üben. Wenn sich andere Jugendliche nach der Schule verabreden, sagen unsere Jugendlichen: Ich übe lieber Horn oder ich habe ein ganz tolles neues Stück für die Geige, das will ich einstudieren. Jugendliche machen das nur, wenn sie es wirklich wollen. Das ist das Geniale daran.

Das heißt, diese Musikerinnen und Musiker sind fokussiert.

Sie kommen in unsere landesweiten Jugendauswahl-Orchestern an den Wochenenden oder in den Ferien zusammen wie die Junge Bläserphilharmonie NRW. Da sind enge Freundschaften entstanden, weil sie andere Jugendliche mit gleichen Interessen treffen können, die sie in ihrer direkten Umgebung nicht sehen. Unsere Kinder sind extrem glücklich, wenn sie Trompete spielen können. Wir waren 2018 mit dem unserem Opernprojekt mit dem Landesjugendorchester in Gent. An meinem halben freien Tag habe ich mir die Stadt angeschaut. Plötzlich höre ich Musik aus der Ferne. Und da steht einer unserer Jugendlichen mit seiner Posaune auf einer Brücke und spielt total gedankenverloren. Er genoss diesen Ort und machte Musik. Das kommt von ganz tief innen heraus.

Hochbegabung ist erstmal ein Talent. Wie sieht eine gute Förderung aus?

Wir dürfen – vom Land gefördert – diese Jugendlichen in Orchestern zusammenbringen. Zum Beispiel die Bläser in der Jungen Bläserphilharmonie, die Streicher im Landesjugendorchester NRW. Und wir haben ein solches Orchester sogar für Kinder – das Kinderorchester NRW. In den Orchestern wachsen die Jugendlichen. Sie lernen, sich zurückzunehmen und zuverlässig zu sein. Zudem haben wir noch zehn Kammerensembles, was etwas Besonderes ist, wenn man solistische Verantwortung trägt. Bei unserer Aufführung in der Kölner Philharmonie haben wir es mit ruhigen, konzentrierten Zuhörern zu tun. Wenn man als Holzbläser-Quintett aber in einer Grundschule „Hänsel und Gretel“ spielt, dann tobt der Bär. Die Jugendlichen lernen, auch damit umzugehen, sich nicht rausbringen zu lassen und eine Wertschätzung gegenüber einem kindlichen Publikum zu spüren, zu erarbeiten.

Oft sind hochbegabte Kinder sehr leistungsstark in der Schule. Manche fühlen sich aber unterfordert, haben Angst vor sozialer Ausgrenzung und Mobbing. Erleben Sie das auch in Ihrem Bereich?

Während unserer Projekte sind die Kinder und Jugendlichen hervorragend motiviert. Aber sie werden eben auch gut gefördert. Wenn wir zu Aufnahmen zu Gast beim WDR sind, und die Proben beginnen um 10 Uhr, sind unsere Jugendlichen immer zehn Minuten vorher da, haben die richtigen Noten auf dem Pult liegen, die Instrumente sind gestimmt. Wir bekommen immer ein Lob, mit welcher Konzentration die Jugendlichen spielen. Zuhause in ihrem Alltag ist das oft anders – wenn ihre Mitschüler nachmittags sich zum zocken oder shoppen verabreden, und sie machen nicht mit, weil sie Horn oder Geige üben, dann werden die Jugendliche natürlich mit der Zeit einsamer, denn das Üben geschieht ja alleine. Daher ist die Förderung in den Auswahlorchestern zu wichtig, da sie dort auch ihre soziale Heimat finden.

Die Schulen könnten sich von Ihnen also eine Scheibe abschneiden?

Jeder Mensch hat sein Interesse, seine Lust am Lernen. Kinder wollen sich entwickeln, Kinder wollen dazugehören. Das kann die Bildungspolitik nutzen. Selbst Jugendliche, die, sagen wir salopp, neben der Spur sind, kann man mit Wertschätzung und gezielten Fragen ins Boot holen. Die Förderung kann aber auch im Alltag stattfinden. Man sollte mit Kindern und Jugendlichen viel diskutieren, kindgerechte Zeitungen anbieten wie „Duda“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Was der „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit „wir helfen“ macht, ist ebenfalls wichtig. Kinder, die drohen, durch den Rost zu fallen, werden aufgefangen.

Welche Pläne haben Sie nach dem Benefiz-Konzert in der Kölner Philharmonie?

Benefizkonzert

„Symphonic Energy“ heißt das Sommerkonzert, das die Junge Bläserphilharmonie NRW am Sonntag, 7.Juli 2019, um 18 Uhr, in der Kölner Philharmonie gibt. Die jungen Musikerinnen und Musiker spielen Werke von Alfred Reed und James Barnes.

Das Konzert findet zugunsten von „wir helfen“ statt – und damit für benachteiligte Kinder und Jugendliche in der Region.

Tickets: 0221/2801

www.koelnticket.de

Wir dürfen in diesem Jahr zusammen an den Gardasee und in die Toskana reisen. In Riva am Gardasee werden wir vier Tage lang unser neues Programm für den Herbst einstudieren und es an vier Orten in der Toskana präsentieren. Unter anderem in Florenz und Perugia. Im September werden wir an vier Wochenenden an vier Orten in NRW auftreten, so in Bocholt, in Rietberg, auf Burg Langendorf bei Zülpich und am 3. Oktober erneut in der Kölner Philharmonie im Rahmen des Kindertages.

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