- Die Kölner Messe wird corona-bedingt 2020 einen Verlust von voraussichtlich 125 Millionen Euro machen.
- Trotzdem will sie ein neues Kongresszentrum bauen und fordert dabei erstmals Mittel der öffentlichen Hand.
- Die Politik signalisiert bereits Zustimmung. Die Hintergründe.
Köln – Die Kölner Messe bittet ihre Eigentümer erstmals um finanzielle Unterstützung. Auf insgesamt 120 Millionen Euro beläuft sich die Summe. Damit ergäbe sich für die Stadt ein Betrag in Höhe von 96 Millionen Euro und für das Land von 24 Millionen. Mit dem Geld möchte die Messe ein neues Kongresszentrum bauen. Der Finanzausschuss der Stadt soll in einer Sondersitzung diesen Freitag über das Thema beraten. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Warum sieht die Messe den Bau als notwendig an?
„Das Kongresszentrum stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Standorts Köln und wird auch international neue Maßstäbe setzen“, sagt Messechef Gerald Böse. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Digitalisierung von Präsenzmessen brauche man multifunktionale Hallentypen mit modernster digitaler Infrastruktur, um Messen künftig vor Ort und im Netz stattfinden zu lassen. „Das ist mit einer Umrüstung einer bestehenden Halle nicht möglich“, betont Böse.
Warum soll der Bau trotz schwieriger Finanzlage nicht zurückgestellt werden?
Nach jetziger Planung soll 2024 mit dem Bau eines neuen Terminals im Osten des Geländes begonnen werden. Für die damit wegfallenden Kongressflächen muss dann Ersatzkapazität mit dem neuen Confex zur Verfügung stehen. „Alle drei bestehenden Kongresszentren auf dem Gelände sind voll gebucht“, sagt Finanzchef Herbert Marner. Um den Ausfall im Osten zu kompensieren brauche man die Ersatzkapazität. Wenn man zeitnah mit dem Bau des Confex beginnen würde, könnte die Halle Ende 2023 einsatzbereit sein.
Welche wirtschaftliche Bedeutung hat Confex für die Messe?
„Laut Prognosen der Messe würde dem Unternehmen mittelfristig drei bis zehn Prozent des Umsatzes entgehen, wenn Confex nicht gebaut wird“, sagte Marner. Hinzu kämen rund 60 bis 80 Kongressveranstaltungen, die derzeit nicht in Köln stattfinden können, weil es kein entsprechend großes Raumangebot gebe, ergänzt Böse.
Wieso nimmt die Messe keinen eigenen Kredit für den Bau auf?
Corona-bedingt wird das Unternehmen in diesem Jahr voraussichtlich einen Verlust von 125 Millionen Euro machen. Seit März gab es keine Veranstaltungen mehr auf dem Gelände. Das Eigenkapital der Messe schrumpft damit von 255 Millionen Euro auf rund 130 Millionen Euro. „Wir brauchen auch weiterhin Liquidität und ein Eigenkapitalpolster, um für künftige Kredite gute Konditionen am Kapitalmarkt zu bekommen“, sagt Finanzchef Marner.
Warum bittet die Messe nun die öffentliche Hand um Unterstützung?
Bislang hatte die Geschäftsführung der Messe stets betont, dass sie die gesamten Kosten für das Programm aus dem Eigenkapital und über Kredite finanziert. Dies ist nach Einschätzung der Messe bedingt durch den hohen Corona-Verlust, der die gebildeten Liquiditätsreserven aufgezehrt hat, im Falle des Confex derzeit nicht möglich. „Mit der Eigenkapitalerhöhung wird eine Investition ermöglicht, die auch jeder private Gesellschafter aufgrund des zu erwartenden wirtschaftlichen Returns durchführen würde“ so Marner. Böse argumentiert, dass es sich bei den 120 Millionen Euro nicht um einen verlorenen Verlustausgleich, sondern um eine reine Investition der Anteilseigner in die Wettbewerbskraft und Innovation des Unternehmens handelt. Andere Messegesellschaften in Deutschland hätten bereits alle Bauvorhaben gestoppt und Millionenbeträge von der öffentlichen Hand für den Ausgleich ihrer Verluste erhalten.
Wie reagiert die Politik, wird der Stadtrat zustimmen?
„Meiner Ansicht nach macht der Bau der Confex-Halle aus Sicht der Messegesellschaft hohen Sinn“, sagt Grünen-Finanzpolitiker Manfred Richter, Mitglied im Aufsichtsrat der Messe. „Das Vorhaben ist wichtig für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.“
Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Christian Joisten: „Die Messe hat in den vergangenen Jahren erfolgreich gewirtschaftet und ist unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Es wäre fahrlässig und kurzsichtig, notwendige Investitionen in die Zukunft des Unternehmens nun nicht zu tätigen.“ CDU-Fraktionsvorsitzender Bernd Petelkau bezeichnet die Investitionen als „essentiell für die Wettbewerbsfähigkeit des Kongress- und Messestandorts“. Durch das Bauprogramm entstehe „das attraktivste innerstädtische Messegelände der Welt – und wir schaffen den zukunftsfähigen Rahmen für starke Messen, Events und Kongresse“.
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Jörg Detjen, Finanzexperte der Linksfraktion, sieht die Lage hingegen anders: „Wir brauchen jetzt einen durchdachten Diskussionsprozess über die weitere Entwicklung der Messe – und keine Eilentscheidung. Die Diskussion über eine Messe 3.0 ist noch nicht abgeschlossen und berücksichtigt den Einfluss der Pandemie bislang nicht. Grundsätzlich wollen wir, dass eine Erhöhung des Eigenkapitals mit der Garantie verbunden wird, dass in guten Jahren die Messe Gewinne in entsprechender Höhe an die Stadt Köln abführt.“
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagte zu den Plänen: „Das Programm Köln Messe 3.0 ist eine millionenschwere Erfolgsstory. Darum müssen Stadt und Land jetzt mutig investieren.“