Das Sparprogramm bei Ford bringt harte Einschnitte mit sich. Trotzdem gibt es auch vergleichsweise gute Nachrichten. Ein Überblick.
Abfindungen und Co.Alles, was Sie zum Jobabbau bei Ford wissen müssen
Mehr als 60 Stunden wurde verhandelt und hart um Jobs und Perspektiven am Standort Köln gerungen. Nun haben sich die Ford-Geschäftsführung und der Betriebsrat geeinigt. In drei Betriebsversammlungen wurden die rund 14.000 Beschäftigten informiert.
Wie viele Stellen werden in Deutschland abgebaut und wo?
Die Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Ford-Management sieht vor, dass von heute etwa 3600 Beschäftigten in der deutschen Produktentwicklung etwa 1700 in den kommenden drei Jahren das Unternehmen verlassen müssen. In diesem Bereich sind derzeit noch rund 3600 Menschen tätig – inklusive des kleinen, ebenfalls betroffenen Forschungszentrums in Aachen. Die für das Europageschäft wichtige Produktentwicklung wird also etwa um die Hälfte schrumpfen.
Hinzu kommen noch rund 600 Beschäftigte von 3400 Stellen in der Verwaltung. Das heißt, unter dem Strich werden 2300 Beschäftigte von insgesamt 14.000 im Kölner Werk und Aachen bis zum Ende des Jahres 2025 gehen müssen.
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Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Benjamin Gruschka sagte, dass das Schlimmste verhindert worden sei. „Wir hätten gerne noch mehr Arbeitsplätze in unserer Produktentwicklung gesichert. Immerhin konnten wir jetzt 900 gute, qualifizierte Arbeitsplätze und wichtige Kompetenzen für die Zukunft unserer Produktentwicklung sichern, die in der ursprünglichen Planung des Unternehmens weggefallen wären.“
Ford-Chef Martin Sander räumt ein, dass dies schwierige Entscheidungen seien. Sie seien aber nötig, um eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur hinzubekommen und „den Weg in eine nachhaltig profitable Zukunft zu ebnen“.
Wie sieht es in Europa aus?
Auch Großbritannien ist von den Sparplänen betroffen, dort fallen 1000 Jobs in der Produktentwicklung am Standort Dunton weg und 300 in der Verwaltung. In anderen Teilen Europas fallen weitere 200 Stellen dem Rotstift zum Opfer, so dass bis Ende 2025 insgesamt 3800 Arbeitsplätze entfallen.
Was sahen die ursprünglichen Pläne vor?
In Rede standen rund 3200 Jobs in Köln. Die Zahlen aus den USA sahen laut Arbeitnehmervertretern vor, dass im Bereich Produktentwicklung von den derzeit 6250 Beschäftigten in Europa zwischen 2200 und 3700 Menschen ihre Jobs bei Ford verlieren sollten.
Das hätte vor allem das Entwicklungszentrum Köln-Merkenich betroffen. Hier hätten möglicherweise bis zu 2500 Entlassungen gedroht. Hinzu kommen sollten noch rund 700 Stellen in der Verwaltung – also in Summe 3200 Jobs allein in Köln. Insgesamt werden nun also 900 Stellen weniger gestrichen als befürchtet.
Wie werden die Stellen abgebaut?
Der Abbau soll sozialverträglich etwa über Abfindungsprogramme und Vorruhestand erfolgen. In der Pressekonferenz mit Ford-Chef Martin Sander hieß es, dass über die konkrete Höhe und Ausgestaltung der Abfindungsregelungen noch verhandelt werde. Betriebsratschef Gruschka betonte aber, dass die Angebote höher ausfallen als bislang.
Wie sicher sind die verbleibenden Jobs?
Insgesamt zehn Jahre, bis zum 31. Dezember 2032, sind die Jobs bei Ford sicher. Betriebsbedingte Kündigungen bleiben ausgeschlossen. „Das bedeutet Planungssicherheit für Tausende von Beschäftigten mit ihren Familien“, sagte Benjamin Gruschka. Ford-Chef Sander betonte, dass dies ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland sei und dass auch künftig Fahrzeuge in Europa entwickelt und gebaut würden.
Was heißt das für die Zukunft der Entwicklung in Deutschland?
Die vergleichsweise gute Nachricht ist, dass erstmal alle Entwicklungsbereiche erhalten bleiben. Fakt ist aber auch, dass sie in Summe nahezu halbiert werden. In welchen Abteilungen wie viel genau gekürzt wird, dazu wollte Ford-Chef Sander noch keine detaillierten Aussagen machen.
Man werde sich jetzt alle Segmente genau ansehen. Die hiesige Produktentwicklung bleibe aber stark genug. Er habe „das allergrößte Interesse daran, dass wir die richtigen Fahrzeuge in Europa haben werden, die unsere Kunden in Europa begeistern“, sagte der Manager. Das heiße aber nicht, dass man hier alles selber machen müsse. Um langfristig wettbewerbsfähig zu sein, müsse man Plattformen von externen Kooperationspartnern oder von der Konzernmutter nutzen.
Derzeit hat Ford Zugriff auf die Elektroauto-Plattform (MEB) des Konkurrenten VW, zukünftig könnten diese zentralen Bauteile aus eigenen Ford-Konzernbereichen kommen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch langfristig die notwendigen Ressourcen haben, um attraktive Autos für den europäischen Markt auf verschiedensten Basistechnologien zu entwickeln“, so Sander.
Warum setzt Ford erneut den Rotstift an?
Gerade mal vier Jahre ist es her, dass Ford seinen Töchtern in Europa ein hartes Sparprogramm auferlegt hat. Als das 2020 abgeschlossen wurde, waren mehrere Werke europaweit geschlossen und rund 10000 Jobs gestrichen worden. Auf Köln entfielen damals 3800 Stellen, auf das zweite deutsche Werk in Saarlouis rund 1600.
Der Autobauer leidet in Europa unter Absatzproblemen. Die Corona-Pandemie mit Werksschließungen, aber auch fehlende Halbleiter und zahlreiche Produktionsunterbrechungen machen Ford ebenso zu schaffen wie die gestiegenen Material- und Energiekosten.
Hinzu kommt aber vor allem die Umstellung von der Verbrennertechnologie auf Elektromobilität. Sander betonte, dass Elektroautos nun mal weniger komplex seien als Verbrenner-Pkw. Diesen veränderten Gegebenheiten „müssen wir uns stellen“, sagte er. „Sonst sind wir langfristig nicht wettbewerbsfähig.“
Zudem wurde die Modellpalette der in Europa von Ford gebauten Autos deutlich zusammengestrichen. In diesem Jahr läuft etwa der Fiesta aus. Damit ist insgesamt auch weniger Entwicklungsarbeit als bislang nötig.
Wird der Standort Köln an Bedeutung verlieren?
Immerhin – Ford will auf längere Sicht am Standort Köln festhalten. Im zweiten deutschen Werk in Saarlouis hingegen läuft die Produktion 2025 komplett aus und es werden Investoren gesucht, die das Werk übernehmen. In Köln investiert der Konzern zwei Milliarden Dollar, um die ersten beiden europäischen E-Modelle zu bauen. Das erste soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen, das nächste ein Jahr später.
Mit dem jetzt verkündeten Sparprogramm ist fraglich, ob die Kölner Produktentwicklung mittelfristig noch den heutigen Stellenwert haben oder doch eine untergeordnete Rolle spielen wird. In Folge würden immer mehr Aufgaben bei der Konzernmutter in den USA zentralisiert, wo es auch üppige steuerliche Anreize für die Transformation zur Elektromobilität gibt.