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„Bezahlbare Energie“Was die Kölner Wirtschaft von der NRW-Regierung erwartet

Lesezeit 4 Minuten
Nicole

Kölns IHK-Präsidentin Nicole Grünewald

Köln – Der Wirtschaft unterstellt man nicht zu Unrecht eine gewisse Präferenz für eine schwarz-gelbe Landesregierung. Die aber hat keine Mehrheit mehr in NRW. Denkbar wären schwarz-grün oder eine Ampel. Auch eine Große Koalition wäre rechnerisch möglich. Wir haben bei den für Köln und NRW relevanten Unternehmerverbänden deren Einschätzungen abgefragt.

Nicole Grünewald, Präsidentin IHK Köln

NRW ist ein wirtschaftlich starkes Land. Und das muss es auch bleiben. Von der neuen Landesregierung erwarten wir, dafür weiter die Voraussetzungen zu schaffen. Das bedeutet in den kommenden Jahren sichere und bezahlbare Energie, weiteren Bürokratieabbau, eine funktionierende Infrastruktur und Hilfe bei der Bekämpfung des akuten Fachkräftemangels. Wir stehen auch der neuen Landesregierung gerne mit Rat und Tat zur Seite. Denn die Anforderungen der Zukunft wie die Energiewende wird nur in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gelingen.

Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff

„Ich gratuliere der CDU und Ministerpräsident Hendrik Wüst zum Wahlsieg und zum klaren Wählerauftrag, die nächste Landesregierung anzuführen. Ebenso herzlich gratuliere ich Bündnis 90/ Die Grünen und ihrer Spitzenkandidatin Mona Neubaur zu den enormen Zugewinnen ihrer Partei. Wenn ich mir das Wahlergebnis anschaue, spricht nun sehr viel für ein schwarzgrünes Regierungsbündnis. Ich wünsche mir, dass nun zügig Sondierungsgespräche aufgenommen werden mit dem Ziel, möglichst schnell eine stabile Landesregierung zu bilden.

Trotz programmatischer Unterschiede kann in einer solchen Koalition eine echte Chance liegen. Vielleicht wird gerade ein solches Bündnis bisher nur schwer überbrückbare Spannungsfelder auflösen und bestehende gesellschaftspolitische Blockaden überwinden. Ich verbinde mit einem schwarzgrünen Projekt die Hoffnung, dass es uns in Nordrhein-Westfalen gelingt, die riesigen energie- und klimapolitischen Herausforderungen pragmatisch und umfassend zu bewältigen und gleichzeitig als Industrieland noch stärker zu werden. Es bleibt dabei: Die Modernisierung unseres Landes muss noch konsequenter fortgesetzt werden. Wir Unternehmer brauchen eine Politik, die die digitale und nachhaltige Transformation entschieden weiter vorantreibt und endlich das Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich erhöht. Die FDP hat in einem für sie schwierigen Umfeld ein für sie enttäuschendes Ergebnis erzielt. Umso deutlicher möchte ich aber ausdrücklich sagen, dass der sichtbare wirtschaftspolitische Aufholprozess der vergangenen fünf Jahre auch der guten Regierungsarbeit der FDP entscheidend zu verdanken ist.“

Kölner DGB-Vorsitzender Witich Rossmann

„Inflation, Lasten aus Pandemie und Kriegsfolgen beunruhigen Beschäftigte ebenso wie anstehende beschleunigte Transformation verunsichert. Deshalb gleichzeitig große Unterstützung für Rot-Grün als Wunschkoalition. Soziale Gerechtigkeit soll in den Umbrüchen nicht untergehen. Ich habe Skepsis ob das bei Schwarz-Grün gut aufgehoben ist. Jede Koalition in NRW ist legitim – auch die Ampel – wir messen jede Koalition daran, ob sie auch die sozialen Interessen berücksichtigt. Wahlenthaltung drückt auch realistische Skepsis aus.“

David Zülow, Vorsitzender des Verbands „Die Familienunternehmer“

„Das Ergebnis ist ein klarer Regierungsbildungsauftrag an Hendrik Wüst. Eine neue CDU-geführte Landesregierung darf dabei auch durch eine veränderte Farbkonstellation nicht von ihrem Wachstumskurs abkommen. Viele Themen wie die flächendeckende Digitalisierung der Verwaltung müssen ohne neue Schulden nach vorne gebracht werden. Von der nächsten Koalition fordern wir wieder ein klares Bekenntnis zur Schuldenbremse! Auch muss die Bewältigung des Fachkräftemangels – als eines der größten Investitions- und Wachstumshemmnisse in NRW – maßgeblich die nächste Regierungsagenda prägen. Flächendeckende Ganztagsbetreuung, ein Fokus auf MINT-Fächer an den Schulen sowie eine frühzeitige Berufsorientierung sind daher dringende Aufgaben der nächsten Koalition.

Die Grünen müssen sich jetzt entscheiden, ob sie an die katastrophale Schlussphase von Rot-Grün im Jahr 2017 mit Überschuldung und wirtschaftlichem Stillstand anknüpfen wollen, oder ob sie mit den Sanierern von NRW, also der CDU, den Aufbruchskurs fortsetzen.

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Grundsätzlich haben die Grünen auf der Bundesebene aber gezeigt, dass sie angesichts neuer Herausforderungen die ökologische Transformation auch pragmatisch angehen können. Im Falle einer Regierungsbeteiligung ist diese Einstellung nun auch im Industrieland NRW gefragt, denn wenn die digitale und ökologische Transformation gelingen soll, muss auch eine schwarz-grüne Landesregierung weiter auf die Wirtschaft setzen. Das bedeutet, dass unternehmerische Freiräume ausgeweitet und übermäßige Bürokratie abgebaut werden müssen. Die Vorteile der digitalen Verwaltung sowie eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen dann für sämtliche Wirtschaftsbereiche gelten und dürfen sich nicht nur auf den Ausbau von Erneuerbaren Energien beschränken.Da viele Auszubildende über die Realschulen in die Betriebe kommen, muss auch eine mögliche schwarz-grüne Koalition unser differenziertes Schulsystem als Vorteil für den Wirtschaftsstandort sehen.“