Köln/Bonn – Wegen großer Probleme mit der Abfertigung wenden sich verstärkt Fluggesellschaften vom Flughafen Köln/Bonn ab. Außer der Gewerkschaft Verdi haben nun auch die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat ihren Unmut kundgetan. Eurowings gibt dem Airport die Schuld am Chaos, eine Fluggesellschaft hat Köln schon verlassen. Ein Überblick:
Was beklagt Eurowings?
Der größte Kunde des Airports wählt ungewöhnlich deutliche Worte. In einem internen Schreiben von Eurowings an Crews und andere Mitarbeiter, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, heißt es wörtlich: „An den vergangenen Wochenenden verursachte Personalmangel beim Flughafen Köln/Bonn wiederholt erhebliche Verspätungen beim Be- und Entladen unserer Flugzeuge. Das führte wiederholt zu deutlichen Verspätungen unserer Abflüge ab Köln.“ Gäste müssten lange am Gepäckband auf ihre Koffer warten. Die Kritik richtet sich laut der internen Mitteilung direkt an die Verantwortlichen des Airports.
„Aufgrund der Tatsache, dass die Personalkapazität zur Abfertigung unserer Maschinen nicht an den Bedarf angepasst wurde, werden wir und vor allem unsere Kunden derzeit regelmäßig in Mitleidenschaft gezogen“, heißt es in dem Schreiben weiter. Die Lufthansa-Billigtochter sei mit den Verantwortlichen des Flughafens „auf allen Ebenen“ im Austausch, um die Missstände abzustellen.
Eurowings sorgt sich bei den erheblichen Abfertigungsproblemen offenbar um das eigene Image. So bittet man die Mitarbeiter, den Passagieren offen zu kommunizieren, dass die Airline nicht für die Verzögerungen verantwortlich ist. In dem Schreiben heißt es: „Wir [informieren] unsere Passagiere, die verständlicherweise verärgert sind, mit Ansagen am Gate und an Bord über die Situation und benennen dabei klar Verantwortlichkeiten.“ Damit ist eindeutig das Köln/Bonner Flughafen-Management gemeint.
Haben Airlines den Flughafen verlassen?
Von den Abfertigungsproblemen ist nicht nur der Passagierbereich, sondern auch der für Köln besonders wichtige Frachtbereich betroffen. Insidern zufolge hat die ägyptische Frachtfluggesellschaft Egyptair Cargo den Flughafen Köln/Bonn bereits verlassen, was auf die Probleme und den Personalmangel zurückgeführt wird. Als Alternativ-Airport soll stattdessen der deutlich kleinere Flughafen Frankfurt-Hahn im Westerwald genutzt werden.
Was fordert der Betriebsrat?
Auch beim Betriebsrat wächst der Unmut über den Personalmangel. Die Arbeitnehmervertreter sind in Sorge um die Mitarbeiter und auch um die Reputation des Flughafens Köln/Bonn. Die Betriebsratsmitglieder, die als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sitzen, haben daher den Aufsichtsratsvorsitzenden, Klaus-Dieter Scheuerle, schriftlich um eine außerordentliche Sitzung des Gremiums gebeten und einen ganzen Fragenkatalog zu den Problemen mit Bitte um Erörterung beigefügt.
In dem Brief, der unserer Redaktion ebenfalls vorliegt, werden 16 Fragen ausgeführt, die sich um die derzeitigen Personalprobleme drehen. Darin heißt es etwa: „Warum sind operativ wichtige Bereiche noch in Kurzarbeit?“, „Sind derzeit die operativen Abteilungen/Mitarbeiter überlastet?“ und „Wenn ja, wie lange wird die psychische und physische Überlastung voraussichtlich andauern?“ Außerdem wird erfragt, ob Fluggesellschaften bereits Abwanderungen angekündigt haben und wie hoch der wirtschaftliche Schaden durch die Abfertigungs-Probleme ist.
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Unterzeichnet ist der Brief von der stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Alexandra Cahn und den Aufsichtsräten Ferat Kar, Nils Berner und Hakan Gülcicek, allesamt Arbeitnehmervertreter in dem Kontrollgremium. Diese erhielten allerdings eine Absage. „Der Vorsitzende Scheuerle teilte uns mit, dass eine außerordentliche Sitzung nicht notwendig sei. Die Aufarbeitung solle zunächst schriftlich durch die Geschäftsführung an den Aufsichtsrat erfolgen. Dies nahmen wir zunächst befremdet zur Kenntnis und haben in der Korrespondenz erneut bekräftigt, dass eine Sondersitzung sehr dringend notwendig ist“, sagt Betriebsrat Gülcicek.
Wie reagiert der Flughafen?
Beim Airport bestätigt man die Probleme weitgehend. Das Passagieraufkommen liege zwar insgesamt deutlich unter dem Vorkrisenniveau, gleichzeitig führe jedoch die große Reiselust der Menschen zu einem steilen Anstieg des Passagierverkehrs und zu erheblichen Verkehrsspitzen: „Im Juli betrug das Volumen in Köln/Bonn lediglich rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenniveau. Gleichzeitig lag die Zahl der Flüge in Spitzenstunden sogar über 2019 – und damit mehr als deutlich über den Prognosen. Hinzu kommt, dass Airlines kurzfristig zusätzliche Flüge anmelden, etwa wenn Corona-Maßnahmen gelockert werden und die Anzahl der Buchungen ansteigt“, sagte ein Sprecher des Flughafens Köln/Bonn.
Der Flughafen Köln/Bonn arbeite mit Hochdruck daran, insbesondere die personelle Situation etwa bei der Flugzeugabfertigung, dem stark gestiegenen Bedarf anzupassen und den Personaleinsatz spürbar zu verbessern. Die Flughafengesellschaft suche zahlreiche neue Beschäftigte und führt dafür wöchentlich Gespräche. Aktuell gebe es bereits über 100 Bewerbungen.
Der corona-bedingte Einstellungsstopp sei aufgehoben, die Kurzarbeit bei den Bodenverkehrsdiensten beendet. Auch andere Flughäfen, etwa Frankfurt, hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die Airports leiden unter dem angespannten Arbeitsmarkt, viele potentielle Mitarbeiter sind etwa in Impfzentren im Einsatz.