Köln – Endlose Warteschlangen, gestrichene Flüge, aufgebrachte Passagiere und verschollene Koffer – wer diesen Sommer reist, braucht starke Nerven. Niemals zuvor gab es so große Verwerfungen im deutschen Luftverkehr. Unterschiedliche Zuständigkeiten in den einzelnen Bereichen erschweren die Situation zusätzlich. Ein Überblick.
Die massiven Probleme an den Flughäfen sind vor allem bedingt durch fehlendes Personal. Denn in Folge der Pandemie sind Mitarbeiter entlassen oder in andere Branchen abgewandert, die nun überall fehlen und kurzfristig nicht ersetzbar sind.
Fakt ist aber auch, dass der Kostendruck in der Branche seit Jahren hoch ist, spätestens seit Billigflieger wie Ryanair in den Markt kamen. Services wurden an externe Dienstleister ausgelagert, auch um billige Tickets anzubieten. Damit der Prozess des Abflugs und der Rückkehr klappt, darf es bei den vielen Beteiligten keine Störungen im Ablauf geben, eine übergeordnete Verantwortung allerdings fehlt.
Auch beim Check-in gibt es momentan deutlich längere Wartezeiten. Bei der Abfertigung der Passagiere wird die Anwesenheit erfasst sowie die Anzahl der Gepäckstücke. Beim klassischen Check-in vergibt die Airline gegen Vorlage eines Flugtickets am Schalter an die Reisenden einen Platz im Flugzeug und nimmt das Gepäck entgegen, das in das Flugzeug befördert wird. Der Fluggast erhält seine Bordkarte sowie einen Nachweis der Gepäcknummer. An den Schaltern sitzen aus Kostengründen keine Mitarbeitenden der Airlines mehr, sondern ein Dienstleistungsunternehmen, der sogenannte Handlingpartner wie etwa Aviapartner in Düsseldorf oder Swissport in Köln.
Mittlerweile checken viele Reisende auch online ein. Wer Gepäck aufgibt, muss derzeit anstehen. Das gilt auch, wenn man den Koffer bereits am Abend vorher aufgibt – da viele andere dies ebenfalls versuchen.
Die Bordkarten-Kontrolle
Bei den Kontrollen der Bordkarten ist die Lage insgesamt weniger angespannt – allerdings kann es zu deutlichem Rückstau aus dem Bereich der Sicherheitskontrolle kommen, sodass sich lange Schlangen bilden.
Kontrolliert wird die Karte, die den Eintritt in den nicht-öffentlichen Teil des Flughafens ermöglicht, digital über einen Scanner oder auch noch manuell. In Düsseldorf ist für die manuelle Kontrolle die Firma Klüth Security verantwortlich. In Köln/Bonn hat der Flughafen selbst die Verantwortung für den gesamten Ablauf der Kontrollen.
Die Sicherheitskontrolle
Die Sicherheitskontrollen sind derzeit eines der größten Probleme an den Flughäfen. Eingeführt wurden sie in den 1980er Jahren nach der Entführung der Maschine „Landshut“ und in Folge der Anschläge vom 11. September deutlich verschärft.
Verantwortlich ist an allen großen deutschen Airports die Bundespolizei, die wiederum private Sicherheitsfirmen beauftragt. Anhand von Flugplänen sowie Angaben der Airlines über verkaufte Tickets wird das Passagieraufkommen von den Behörden prognostiziert. Das funktioniert derzeit offensichtlich überhaupt nicht. Die Bundespolizei argumentiert, dass Reisende sich mittlerweile sehr spontan entschieden.
Fakt ist aber auch, dass die Sicherheitsdienste eklatanten Personalmangel haben. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert, dass viele Kräfte in der Krise nicht gehalten wurden sowie Arbeitszeiten, -bedingungen und Bezahlung zu den Problemen geführt hätten. In Köln/Bonn ist die zuständige Sicherheitsfirma mittlerweile Securitas, in Düsseldorf ist es das Unternehmen DSW.
Die Passkontrolle
Bei der Kontrolle der Ausweispapiere sind Warteschlangen derzeit eher die Ausnahme. Beamte der Bundespolizei kontrollieren bei der Ausreise Personalausweis oder Pass vor allem auf ihre Gültigkeit.
Wer innerhalb des Schengen-Raumes fliegt, braucht nur einen Personalausweis. Für Nicht-Schengen-Länder, wie in Europa Großbritannien, oder Ziele in Übersee muss man seinen Reisepass vorzeigen.
Von Köln/Bonn aus gibt es ohnehin schon seit Langem keine Interkontinentalflüge, in Düsseldorf sind Langstreckenziele wie etwa nach Japan oder China vorerst nicht im Angebot.
Das Boarding
Beim Weg in die Maschine wird erneut die Bordkarte überprüft. Auch hier sind es keine Mitarbeitenden der Fluglinie, die das übernehmen, sondern wieder die Handlingpartner. Gedränge und Warteschlangen gibt es in diesem Prozess eigentlich nur, wenn nach dem Aufruf gleich alle Reisenden sofort und auf einmal in die Maschine steigen wollen, obwohl es nach dem Check-in bereits reservierte Sitzplätze für alle Passagiere des Flugzeugs gibt.
Die Gepäckausgabe
Hier gab es in den vergangenen Wochen immer wieder erhebliche Probleme. Koffer kamen bei der Rückreise oftmals erst spät an oder waren verschollen. Verantwortlich sind die Fluggesellschaften. Aber auch hier werden Dienstleister eingesetzt. Eurowings in Köln nutzt die Dienste von Swissport, einem der weltweit größten Anbieter. Zudem ist auch der Bodenverkehrsdienst mit Mitarbeitenden des Flughafens Köln/Bonn im Einsatz. Aber es fehlt überall an Arbeitskräften.
Zwar gibt es mittlerweile grünes Licht der Bundesregierung, türkische Arbeitskräfte einzusetzen. Das wird in den Sommerferien aber keine Entspannung mehr bringen, sagt Özay Tarim von Verdi, denn die umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen der Bewerber dauern mehrere Wochen.
Der Tower
Im Tower hat die Deutsche Flugsicherung das Sagen. Sie ist Teil der Luftverkehrsverwaltung des Bundes und befindet sich im ausschließlichen Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, die durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) vertreten wird.
Die Fluglotsen überwachen die Bewegungen der Maschinen am Himmel und geleiten die Flugzeuge. Sie sind dabei vollkommen unabhängig. Der Flughafen hat auf sie keinen Einfluss.