Wie hat sich der Stand von Frauen in Führungspositionen verändert? Frauen aus drei Generationen berichten von Hürden, Chancen und Erwartungen.
Drei Generationen Frauen in der Wirtschaft„Du sitzt in einem Meeting und niemand hört dir wirklich zu“
Margarete Haase, 69 Jahre alt, war von April 2009 bis März 2018 im Finanzvorstand von Deutz. Sie befürwortet die Frauenquote und pocht auf die Sichtbarkeit von Frauen in der Wirtschaft.
Ich habe es immer als selbstverständlich empfunden, als Frau eine Führungsposition einzunehmen, und ich glaube, das hat mich dann auch in gewisser Weise vor Kritik geschützt. Zweifel an mir und meiner Fähigkeit konnte ich immer recht schnell aus dem Weg räumen. Wichtig ist, dass man von sich überzeugt und unerschrocken ist.
Natürlich habe ich in meinen Berufsjahren auch Enttäuschungen erlebt, viele wollten eine Frau an der Spitze nicht ernst nehmen. Man hatte früher oft nicht den Mut, eine durchaus überzeugende Frau als Führungsperson einzusetzen, weil man dies in der Außenwirkung als Risiko betrachtet hat und dafür nicht kritisiert werden wollte.
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Der Nachteil, dass man als Frau oft unterschätzt wird, kann sich als ein Vorteil entpuppen, denn man kann erst einmal unbeobachtet sein Ding machen. Bis die Leute schließlich merken, dass man doch einiges draufhat, ist es zu spät, einen noch zu bremsen – aus dieser „Schwäche“ sollte man eine Stärke machen.
Das bisher noch größte Problem der Wirtschaft in Bezug auf Frauen ist die Sichtbarkeit der qualifizierten Frauen für Führungspositionen. Die Wirtschaft hat lange nicht gewusst, wie man an die guten Frauen überhaupt rankommt, da man immer glaubte, es gäbe sie nicht – aber es gibt sie. Das liegt auch daran, dass Frauen häufig nicht hinreichend sichtbar waren, aber ich sehe, dass Frauen mittlerweile besser vernetzt und aufgestellt sind.
Gerade die Diskussion um die Frauenquote ist wichtig, denn sie macht sowohl Druck auf Unternehmen, die jetzt wirklich auf die Suche nach den mehr als fähigen Frauen gehen müssen, als auch auf ebenjene Frauen, die sich nun trauen müssen, sich zu zeigen.
Aleta Richards ist Globale Leiterin des Geschäftsbereichs Specialty Films bei Covestro. Als sie ihre Karriere in den USA begann, waren die Strukturen noch sehr männlich und weiß geprägt. Heute hat sich das Verständnis von Diversität verändert, sagt sie.
Ich habe 1990 bei Covestro in den USA angefangen. Damals gab es keine Geschäftsbereichsleiterinnen oder Vize-Präsidentinnen, die Strukturen waren sehr männlich geprägt. Außerdem arbeitete im gesamten Konzern wohl nur eine Handvoll Afroamerikaner.
Man sagt, es hilft, auf Führungsebene Vorbilder zu haben, die einem ähneln – und die hatte ich vor dreißig Jahren noch nicht. Als Frau und woman of color war ich definitiv eine Ausnahme. Dafür hatte ich das Glück, drei tolle Mentoren zu haben, die mich sehr unterstützt haben.
1990 wurde ich zeitgleich mit zwei weiteren Frauen eingestellt, zwei von uns waren women of color. Das zeigt, dass das Unternehmen sich schon damals verändern wollte. Aber es gab natürlich auch ernüchternde Situationen. Ein Beispiel, was sicher viele Frauen erlebt haben: Du sitzt in einem Meeting und stellst eine Idee vor. Niemand hört dir wirklich zu. Ein paar Minuten später stellt ein männlicher Kollege die gleiche Idee vor und plötzlich sind alle begeistert. Das ist mir zu Beginn meiner Karriere ein paar Mal passiert.
Aber wenn du dir erst einmal einen guten Ruf erarbeitest, wenn die Menschen sehen, dass du Ergebnisse ablieferst – dann gewinnst du Vertrauen. Und so war es auch bei mir, auch wenn ich das Gefühl hatte, mir dieses Vertrauen anfangs mit jeder neuen Position neu erarbeiten zu müssen.
Veränderung ist manchmal langsam, aber sie kommt. Heute sind vier von sieben Geschäftsbereichsleitern bei Covestro Frauen. Hätten Sie mich 1990 gefragt, ob ich glaube, dass die Frauen hier einmal in der Mehrheit sein werden, und zwei von ihnen people of color, hätte ich das verneint. Jetzt bin ich eine von ihnen. Diese Entwicklung ist toll.
Vergangenes Jahr wurde ich vom Savoy Magazine zu einer der einflussreichsten schwarzen Managerinnen ernannt. Anfang des Jahres wurde ich für einen Aufsichtsratsposten bei einem US-Unternehmen nominiert. Das ist eine Ehre. Ich denke, ich sehe mich manchmal selbst noch als junge Aleta Richards, die in einem kleinen Büro sitzt und Marktforschung betreibt.
Früher wurde es oft als Aufgabe der diversen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesehen, selbst dafür zu sorgen, dass sie integriert werden. Das hat sich verändert. In meinem Verständnis als Führungskraft ist es andersherum: Es ist die Aufgabe des Unternehmens, dafür zu sorgen, dass sich alle eingebunden und gewertschätzt fühlen. Wir respektieren die Einzigartigkeit unserer Angestellten.
Mareen Diesen ist Jahrgang 1998 und studiert BWL an der Universität zu Köln. Davor hat sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht. Sie hat einen Verein gegründet, der Frauen stärker empowern soll.
An der Uni merke ich nicht, in einer Minderheit zu sein. Aber Männer trauen sich eher an die Zahlen belasteten Fächer. Frauen gehen stattdessen in Richtung Marketing und Entrepreneurship. Und ich habe das Gefühl, Frauen denken zu viel nach, wenn sie Entscheidungen treffen. Das ist nicht immer förderlich. Da sind Männer ein Stück weit derber.
In den Unternehmen sehe ich ein Umdenken. Bei Stellenausschreiben gibt es mittlerweile zum Beispiel Female Talent Programme oder Ähnliches, an denen zu sehen ist, dass Frauen gefördert werden. Trotzdem arbeiten Frauen meistens noch in untergestellten Rollen. Das scheint wiederum jüngere Frauen abzuschrecken. Deshalb möchte ich mich früh integrieren, um mich zwischen Männern durchzusetzen.
In meiner Ausbildung zur Industriekauffrau habe ich mich selbst abschrecken lassen. Dort war die gesamte Führungsetage männlich, nicht nur die Geschäftsführung, sondern alle leitenden Positionen. Ich habe dann gedacht, dass ich keine Chance habe, aufzusteigen, weil ich keine Frau als Positiv-Beispiel gesehen habe.
Deshalb habe ich mit Freundinnen den Verein Fempowerment Association e.V. gegründet. Wir bringen junge Studentinnen mit weiblichen Young Professionals zusammen – zum Austauschen,für Workshops, um Beispiele von Frauen in der Wirtschaft zu geben. Das hilft ihnen hoffentlich, so selbstbewusst wie Männer an den Arbeitsmarkt zu treten.
Dazu müssen sich aber auch Strukturen wandeln – hin zur wirklichen Gleichberechtigung von Mann und Frau. Gerade in der Thematik Familie braucht es mehr Unterstützung, sodass die Frau nicht automatisch in der schwächeren Position ist. Aber auch der Vaterschaftsurlaub muss mehr Gewicht bekommen.