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FlugreisenJeder zweite deutsche Flug verspätet

Lesezeit 4 Minuten
Während der Sommermonate hatten insgesamt gut 13 Millionen Menschen mit Störungen im Flugverkehr zu tun, bei knapp 800.000 von ihnen wurde der Flug annulliert.

Während der Sommermonate hatten insgesamt gut 13 Millionen Menschen mit Störungen im Flugverkehr zu tun, bei knapp 800.000 von ihnen wurde der Flug annulliert.

Köln/Bonn ist der Flughafen mit den meisten Verspätungen in Deutschland. Laut Airport liegt die Schuld aber nicht am Flughafen selbst, sondern an diversen externen Faktoren. Für schnellere Abfertigungen wurden zehn Millionen Euro investiert

Diesen Sommer waren 44,4 Prozent der gut 30 Millionen Passagiere, die von Deutschland aus fliegen wollten, von Verspätungen oder Flugausfällen betroffen. Das geht aus einer Analyse des Fluggastrechteportals Airhelp für Juni, Juli und August hervor. Im Sommer 2023 lag die Quote demnach noch bei 37 Prozent.

Konkret hatten während der Sommermonate insgesamt gut 13 Millionen Menschen mit Störungen zu tun, bei knapp 800.000 von ihnen wurde der Flug annulliert. Der im Vergleich unzuverlässigste deutsche Airport war Köln/Bonn, hier lag die Verspätungs- und Ausfallquote nach Angaben von Airhelp bei 53,4 Prozent. Der „pünktlichste“ Flughafen liegt ebenfalls in Nordrhein-Westfalen: In Weeze lag die Störungsquote bei 33,8 Prozent.

Flughafen Köln/Bonn mit den meisten Verspätungen

Der Flughafen Köln/Bonn verweist aber auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ darauf, dass viele Einflussfaktoren für Verspätungen vom Flughafen selbst gar nicht zu beeinflussen sind, wie etwa Wetter, knappe Slots im europäischen Luftraum, Streiks oder technische Probleme. Oft sind es auch mehrere der genannten Störfaktoren. „Das System ist komplex – Verspätungen, die aus unterschiedlichsten Gründen entstehen können, lassen sich an einem einzelnen Flughafen oftmals nicht mehr aufholen - gerade in der Hochsaison im Sommer“, sagte ein Sprecher des Köln/Bonner Airports unserer Redaktion.

Der Flughafen hat mit dem Aufbau Koordinierungszentrums AOCC mehr als zehn Millionen Euro investiert, um die Abläufe am Airport Köln/Bonn besser abzuwickeln. „Obwohl Maschinen verspätet in Köln landen, bauen wir keine weitere Verspätung im Folgeflug auf – im Gegenteil – wir haben auch im Sommer Verspätungen reduziert“, so der Sprecher.

AOCC steht Airports Operation Control Center. In einem gut 300 Quadratmeter großen Leitstand über Terminal 1 arbeiten dort permanent 24 Mitarbeiter, und kontrollieren die Passagier- und Warenströme. Sie arbeiten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Dort sind Vertreter verschiedener Flughafenbereiche, der Bundespolizei, Gepäckdienst, Verkehrszentrale und weiteren Organisationen gebündelt, und tauschen sich je nach Lage eng aus. Sie sitzen an großen Bildschirmen und erhalten etwa Daten von mehr als 400 Kameras darüber, wo und wie sich grade Warteschlangen oder Engstellen bilden. Zusätzlich werden Kamerabilder auf eine 15 Quadratmeter große Videowand gespielt.

Deutschland eher mau, Skandinavien vorne

Europaweit liegt Deutschland im Vergleich von 28 Ländern auf Platz sechs und damit im schlechten oberen Drittel, dicht hinter Italien, wo die Quote mit 45,6 Prozent noch ein wenig mauer war. Diesen Sommer am häufigsten von Problemen betroffen waren laut der Analyse Passagiere in Griechenland – 50,7 Prozent, also mehr als die Hälfte, der gut 14 Millionen Fluggäste hoben von den Airports des Urlaubslandes nicht pünktlich ab.

Spanien als Land mit dem nach Zahlen höchsten Passagieraufkommen in dem Vergleich landete auf Rang 21. Knapp ein Drittel (32,7 Prozent) der gut 42 Millionen Fluggäste war hier von Störungen betroffen. Vorn im Pünktlichkeitsranking sind die skandinavischen Länder – den 28. Platz, der in diesem Fall der Spitzenrang ist, besetzt Norwegen mit einer Störungsquote von 19,7 Prozent.

Diese Fluggastrechte haben Passagiere in der EU

Bei kurzfristigen Ausfällen aber auch Verspätungen von mehr als drei Stunden am Zielort haben Passagiere Anspruch auf Entschädigungszahlungen – vorausgesetzt, die Airline ist verantwortlich zu machen. Kann etwa aufgrund von Unwetter keine Maschine abheben, gilt das als außergewöhnlicher Umstand und liegt nicht im Einflussbereich der Airline.

Unter den zusammengerechnet 112 Millionen Fluggästen (entspricht 38,8 Prozent), die im Sommer europaweit von Störungen betroffen waren, haben der Datenanalyse des Portals zufolge neun Millionen Entschädigungsansprüche. Allerdings ist zu bedenken, dass Airhelp als Verfasser der Studie eine Firma ist, die mit der Durchsetzung von Entschädigungen ihr Geld verdient und einen gewissen Anteil der Entschädigungen der Passagiere als Lohn für dessen Durchsetzung einbehält.

Gut zu wissen: Der Anspruch auf Entschädigungen in Höhe von 250 bis 600 Euro ist nur eines der Fluggastrechte, die Passagiere in der EU haben. Unabhängig davon, ob ihnen das Geld im konkreten Fall zusteht oder nicht, haben Airlines bei Störungen weitere Pflichten: Sie müssen etwa bei Verspätungen ab drei Stunden eine alternative Beförderung anbieten. Bei längeren Wartezeiten am Airport müssen sie für Getränke und Essen aufkommen. Strandet man wegen eines Flugausfalls, muss die Fluggesellschaft auch Hotelkosten übernehmen. (mit dpa)