Die Grüne Ministerin Neubaur will Investitionen durch Steuererleichterungen schaffen. Wirtschaftsleistung in NRW rückläufig, laut IHK-Umfrage wenig Hoffnung auf Erholung.
KonjunktursorgenNRW-Wirtschaftsministerin schlägt Investitionsbooster vor
Nordrhein-Westfalens grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur bringt sich mit einem Vorschlag für die Bundesebene aktuell ins Gespräch. Bei der Präsentation der Konjunkturumfrage der NRW-IHK in Düsseldorf forderte sie eine weitreichende Steuergutschrift für bestimmte Investitionen.
So hat Neubaur die bundesweite Einführung einer Investitionszulage vorgeschlagen, um „ökologisches Wachstum“ zu schaffen. Sie soll über eine Steuergutschrift gewährt werden. Neubaur spricht von einem „Investitions-Booster“. „Dieser ist am Ende eine Steuerreduktion um 25 Prozent pauschal für Investitionen, die der Klimaneutralität und der Transformation helfen“, sagte die Ministerin im Düsseldorfer Mannesmann-Hochhaus, dem Sitz des Ministeriums.
Neubaurs sagte, der „Investitions-Booster“ sei die deutsche Version des US-amerikanischen Inflation Reduction Act, nur dass ihre Regelung ohne direkte Subventionen auskomme. „So kann ökologisches Wachstum vorangetrieben werden“, so die Ministerin.
Alles zum Thema Mona Neubaur
- Versorgungssicherheit Neue Gaskraftwerke fehlen – Warum NRW den Kohleausstieg 2030 nicht packen kann
- NRW-Check Wählerinnen und Wähler sind so zufrieden wie nie mit Landesregierung
- Studie Klimaneutrale Chemie bis 2045 möglich
- Posse im NRW-Wirtschaftsministerium Neuer Top-Beamter ist nur für drei Fahrer zuständig
- Job-Abbau bei Ford in Köln „Eklatanter Fehler, den die Mitarbeiter ausbaden müssen“
- NRW-Konjunktur Wirtschaftswachstum im Land halbiert sich
- „Ukraine muss gewinnen“ Demo in Köln fordert mehr Waffenlieferungen an die Ukraine
Kosten liegen bei 50 Milliarden Euro
Die Investitionszulage solle über den jeweiligen Abschreibungszeitraum gewährt werden. Die jährlichen Kosten bezifferte Neubaur auf rund 50 Milliarden Euro. Die Finanzierung solle über ein Sondervermögen erfolgen, das im Grundgesetz verankert werden müsste.
„Eine Zweckbindung und die Verankerung im Grundgesetz stellt Rechts- und Planungssicherheit für Politik und Investoren sicher“, heißt es in einem Papier des NRW-Wirtschaftsministeriums. Förderfähig sollen demnach Investitionen sein, die nachweislich zur Senkung der Kohlendioxid-Emissionen beitragen.
Als Beispiel nannte das Ministerium den Ausbau der erneuerbaren Energien, Wasserstoffnetze, energetische Gebäudesanierung, Schieneninfrastruktur, Heizungsumbau, Elektromobilität, wasserstoffbasierte Stahlerzeugung, Bildungsmaßnahmen oder Forschung und Entwicklung.
Die Steuerreduzierung um 25 Prozent sei ein sehr einfaches, sehr bürokratiearmes Verfahren, um der Wirtschaft Investitionssicherheit zu geben. „Das ist unser sehr konkretes Angebot, um in der bundesweiten Debatte eine Lösung zu bieten.“
25 Prozent Steuernachlass bei Öko-Investment
Laut Neubaur soll die Investitionszulage auf die nächste Steuerfestsetzung angerechnet werden. Ein Differenzbetrag solle sogar ausgezahlt werden, „wenn die Zulage höher ist als die zu zahlende Steuer“. Die Abwicklung würde über das Land erfolgen.
Eine Festschreibung im Grundgesetz bedeute Planungssicherheit für die Unternehmen, so Neubaur. Sie könnten sich dann darauf verlassen, dass sie für jede Investition mit dem Ziel der Verbesserung ihrer Klimabilanz 25 Prozent Steuernachlass erhält. Als Beispiel für einen Zeitraum nannte Neubaur einen Investitionszyklus von fünf oder zehn Jahren.
Ein Sondervermögen ist laut Neubaur „vielleicht ein Weg, mit dem man jetzt vorübergehend mal leben muss.“ Auf Dauer würde sie aber erwarten, „dass man solche Maßnahmen dann auch in einem Gesetz, in einem Haushalt wieder unterbringen kann“. Ein Sondervermögen ist im aktuellen Sprech der Politiker übrigens kaufmännisch betrachtet kein Vermögen, also Guthaben, sondern ein anderer Begriff für Staatsschulden.
Unklar blieb am Montag, wie der NRW-Koalitionspartner CDU auf Neubaurs bundesweiten Vorschlag reagiert. Befragt, ob NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) auch hinter dem Vorschlag stehe, erwiderte Neubaur, sie werden ihn noch darüber informieren.
IHK-NRW-Präsident Ralf Stoffels begrüßte Neubaurs Vorschlag bei der Präsentation der Konjunkturprognose. „Die Art, wie er über Steuerersparnis wirke, ist aus Unternehmersicht sehr gut“, sagte Stoffels. Nun komme es darauf an, wie unbürokratisch ein solcher Vorschlag in der Praxis abgewickelt werden.
Gleichzeitig mahnte der IHK-Präsident an, angesichts der aktuellen Haushaltslage von Bund und Ländern das Sparen nicht außer Acht zu lassen. „Insbesondere bei den Sozialausgaben muss darauf geachtet werden, dass der Anstieg eingebremst wird“, so Stoffels.
Die Lage in der NRW-Wirtschaft ist laut der IHK-Erhebung deutlich eingetrübt. Das vom RWI im Auftrag von IHK NRW erstellte Papier zeigt, das die Wirtschaftsleistung im Land 2023 um 1,1 Prozent zurückgegangen sei (Bund: minus 0,3 Prozent).
Im laufenden Jahr erwartet das RWI ein Wirtschaftswachstum von nur 0,3 Prozent für NRW (Bund 0,5 Prozent). Der noch stabile Arbeitsmarkt werde von der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung belastet. Der Aufbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung sei zum Erliegen gekommen.
Laut IHK-Präsident Stoffels umfasse die aktuelle Umfrage alle Kammerbezirke von NRW. Die IHK Köln hatte nach einem Streit, unter anderem um ein Positionspapier zum Kohleausstieg, im Herbst angekündet, als einzige Kammer aus der IHK NRW austreten zu wollen.