Köln – Der deutsche Staat will sich von einem Teil seiner Aktien der größten deutschen Fluggesellschaft Lufthansa trennen. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) will in den kommenden Wochen seinen Aktienanteil an dem MDax-Konzern um maximal ein Viertel auf bis zu 15 Prozent reduzieren, wie er am Montag in Berlin mitteilte.
Auf den Markt kommen damit bis zu 29,9 Millionen Lufthansa-Aktien, die die Bundesrepublik im Sommer 2020 für den Wert von je 2,56 Euro erworben hatte, um die Lufthansa in der Corona-Krise zu stabilisieren. Aktuell werden die Lufthansa-Aktien für etwas weniger als neun Euro an den Börsen gehandelt, so dass ein deutlicher Wertzuwachs für den Bund zu realisieren ist. Das zum Verkauf stehende Viertel des Pakets hat derzeit einen Wert von rund 270 Millionen Euro. Gelänge es dem Bund in den kommenden Wochen, alle genannten Papiere zu diesem Kurs auf den Markt zu bringen, hätte er einen Gewinn von 350 Prozent in einem guten Jahr gemacht.
Anteil sinkt auf 15 Prozent
Die Lufthansa hatte in der Corona-Krise mit der Bundesregierung und der EU-Kommission ein insgesamt neun Milliarden Euro schweres staatliches Rettungspaket ausgehandelt – drei Milliarden Euro als Darlehen der staatlichen Förderbank KfW und sechs Milliarden Euro aus dem WSF. Von diesen sechs Milliarden Euro wurden 5,7 Milliarden Euro als stille Einlage gewährt, weitere 0,3 Milliarden Euro bekam die Lufthansa durch den Erwerb von Aktien – der WSF baute so die Beteiligung von 20 Prozent auf.
Im Gegenzug musste die Lufthansa Start- und Landerechte abgeben, der Bund entsandte zwei Manager in den Aufsichtsrat der Airline, und zwar die Chefin des Hamburger Hafens, Angela Titzrath, und den ehemaligen Chef des Flughafens München, Michael Kerkloh. Die Aktien im Besitz des WSF werden nun über den Börsenmarkt verkauft, wie ein Sprecher der Finanzagentur sagte. Dies dauere mehrere Wochen.
Bund bleibt wesentlicher Aktionär
Mit dem am Montag begonnenen Verkauf des ersten Aktienpakets verliert der WSF die Möglichkeit, über eine Umwandlung der Stillen Beteiligung II eine Sperrminorität in dem Konzern zu erwerben. Damit sollte in der Krise beispielsweise eine feindliche Übernahme verhindert werden.
Der Bund begründete seinen Schritt mit der positiven Entwicklung des Unternehmens. Man bleibe aber wesentlicher Aktionär und werde die Stabilisierung weiterhin begleiten. Die Lufthansa wollte den Vorgang zunächst nicht kommentieren. Vorstandschef Carsten Spohr hatte aber wiederholt betont, dass man die Staatsbeteiligung so schnell wie möglich beenden wolle. Ohne die Hilfen hätte Lufthansa nach den Worten ihres Aufsichtsratschefs Karl-Ludwig Kley im Sommer 2020 Insolvenz anmelden müssen.
Lufthansa-Verlust schrumpft
Die Ankündigung des Verkaufs sei ein Signal, dass sich der Staat mittelfristig aus der Beteiligung zurückziehen werde, erklärte Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und Monopolkommissions-Mitglied. Eine Finanzierung von Unternehmen über die akute Notsituation hinaus würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Daher sollten diesem ersten Schritt weitere folgen.
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Die Lufthansa hatte im August ihre Quartalsbilanz vorgelegt, sie konnte ihren Verlust von April bis Juni dank steigender Passagierzahlen auf minus 756 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr halbieren. Die Fluggesellschaft erwartet zudem eine weiter positive Entwicklung. Anfang Juni hatte der Konzern 2,3 Milliarden Euro der staatlichen Hilfe abgerufen und eine Milliarde Euro wieder zurückgezahlt. Konzernchef Carsten Spohr hat mehrfach betont, die Lufthansa finanziere sich „lieber am Kapitalmarkt als beim Steuerzahler“. (mit dpa/afp)