Köln – Es wirkte wie eine Randnotiz, als Ford diese in einer langen Mitteilung über E-Autos und den Boom der SUV eine Zäsur verkündete. Die Produktion des Mondeo wird eingestellt. Einen Nachfolger gibt es nicht. Der letzte Mondeo läuft am 31. März 2022 in Valencia vom Band. Damit endet eine jahrzehntelange Geschichte von Ford als Hersteller von Limousinen der Mittelklasse. Ein Rückblick auf Granada, Scorpio, Mondeo, Taunus und Sierra. Sie schafften es ins Fernsehen und sogar zum Dienstwagen von James Bond und Schimanski.
Nur 10.000 Mondeo wurden 2020 in Deutschland – dem stärksten Mondeo-Markt – verkauft. Er mag auf viele bieder gewirkt haben, und doch hat es der Mondeo zu einiger Berühmtheit gebracht. In „Casino Royale“ fährt Daniel Craig alias James Bond keinen Aston Martin, sondern einen stinknormal wirkenden Ford Mondeo. Das brachte dem Wagen kurzzeitig den Spitznamen Bondeo ein. Der Filmwagen war ein echter kölscher Jung. Denn in Wahrheit war der Bondeo kein Serienfahrzeug, sondern ein Prototyp mit allerhand Agenten-Schnickschnack, der nur optisch wie ein normaler Ford aussah. 20 Beschäftigte in Köln machten den Wagen damals tauglich für die Kinoleinwand.
Mondeo als Sockel-Denkmal in Russland
Auch als Kunstwerk taugte der Mondeo. Im Juni 1994 stellte der Künstler HA Schult einen marmornen Ford Mondeo in St. Petersburg auf einen Sockel, auf dem einst das Auto von Lenin als Denkmal stand.
1993 kam der erste Mondeo als Hoffnungsträger für den auf fünf Kontinenten tätigen US-Konzern auf den Markt. Der Name sollte Programm sein, er lehnt sich an das lateinische Wort für Welt an, Mundus. Der Mondeo sollte das Weltauto von Ford werden.
So wurde der Wagen nicht nur wie sein Vorgänger in Europa verkauft. Als Contour und später als Fusion wurde er auf dem Heimatmarkt USA vertrieben, und dort unter dem Namen Mystique der gehobeneren Ford-Marke Mercury. In Lateinamerika und Australien hieß er wie in Deutschland Mondeo.
Der Taunus als Urahn der Ford-Limousine
Dabei blickt der Wagen auf eine lange Tradition der Mittelklasse-Autos von Ford zurück. Der Urahn ist der Taunus. Kurios: Bis 1967 hießen alle bei den Kölner Ford-Werken gebauten Autos so. Als Logo diente nicht das blaue Ford-Oval, sondern das Wappen der Stadt Köln. Hinter diesem Taunus aber steckte eine ganze Reihe vollkommen verschiedener Wagen der Mittelklasse. Vielen im Gedächtnis sein dürfte der Taunus 17M, genannt Badewanne. 1970 schließlich kam der Taunus TC auf den Markt. Ihn gab es als Limousine, Kombi und sogar als Coupé. Drei Mal wurde dessen Design so geändert, dass man glaubte, es handele sich um deutlich anderes Auto. Zwischendurch gab es sogar einen Ein-Tonner genannten Pick-up.
In Deutschland folgte auf den nach dem Mittelgebirge benannten Wagen der Sierra, der noch hin und wieder als Alltagsauto zu sehen ist. Dieser stellte eine optische Revolution dar, war er doch der erste Ford, der eine luftströmungsgünstige rundliche Form hatte. 2,7 Millionen Mal wurde er auf vier Kontinenten gebaut. Sein Cockpit erinnerte mit zum Fahrer geneigten Armaturen an das Interieur der BMWs. Besonderen Ruhm erlangte der Sierra durch Rallye- und vor allem Tourenwagen-Siege in sehr verspoilerten Rennmodellen. 1987 holte ein Sierra den Sieg beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.
Parallel zu diesen Mittelklasse-Modellen versuchte Ford viele Jahre erfolgreich in der darüberliegenden Klasse Kunden abzufischen. Das Resultat war ein echtes Dickschiff: Der Ford Granada, gebaut in zwei Versionen in Köln von 1972 bis 1985. Er war deutlich größer als seine Wettbewerber, die Variante Turnier war gar der größte Kombi Europas. Ford warb mit dem Slogan: „Viel Auto fürs Geld“, durchaus treffend.Riesenkombi für 12 000 Mark Denn mit Einstiegspreisen unter 12 000 Mark war der Granada billig, ein ähnlich großer Mercedes 200 kostete 5000 Mark mehr. Der Granada wurde bevorzugt mit V6-Motoren aus Kölner Fertigung bestellt. Der Granada wurde in seiner ganzen Größe Kult.
Bei Gastarbeiterfamilien war der Riese besonders beliebt. Die weite Strecke in den Sommerferien über den Balkan bis in die Türkei schaffte der robuste Granada auch mit sehr vielen Kindern an Bord mühelos und vergleichsweise komfortabel. In Film und Fernsehen kam er oft zum Einsatz, etwa als Schimanskis Dienstwagen im Tatort oder als „Das Biest“ im Film „The Worlds End“.
Scorpio als letzter Groß-Ford
Der Nachfolger Scorpio sollte schicker sein als der dicke Granada. „Einen Kombi gab es zunächst nicht, wodurch viele Kunden verloren gingen“, sagt Ford-Kommunikations-Direktor Ralph Caba. Der wurde zwar nachgelegt, aber der Stern der großen Fords begann zu sinken. Die zweite Generation des Scorpio orientierte sich am Design amerikanischer Vorbilder – und wurde ein Flop. Obwohl: „Das Top-Modell Scorpio Ghia konnte technisch durchaus mit Fahrzeugen aus Ingolstadt und München mithalten“, sagt Caba, der selbst einen als Dienstwagen hatte. Doch der Stern der billigen großen Limousinen sank in der Mitte der 1990er schon. Der Scorpio schafft es mit seiner gewöhnungsbedürftigen Front bis heute oft in die Liste der hässlichsten Autos aller Zeiten. Kölner OBs fuhren ihn aus Solidarität trotzdem. Im Sommer 1998 lief in Köln der letzte Scorpio vom Band.
SUV und Vans liefen den Limousinen den Rang ab
Damals der ganz große Scorpio, jetzt der Mondeo, die Zeit billiger großer Autos ist vorbei. Doch nicht weil die Kunden heute aus Umweltgründen lieber kleine Wagen fahren. „Erst kamen die Vans auf, die noch mehr Platz boten. Dann folgten die SUV, groß wie Limousinen und dabei mit komfortabel hoher Sitzposition“, sagt Ford-Direktor Caba. Auch Opel hat seine Dickschiffe Senator oder Omega vor Jahren gestrichen. Große Limos gibt es nur noch von Premiumherstellern wie Audi, Mercedes-Benz oder BMW.
Aber vielleicht gibt es ja auch Hoffnung für eine Mittelklasse Made by Ford. Ford Australien etwa beendete 2001 den Import des Mondeo mit der Begründung, dieses Marktsegment schrumpfe. Nur sechs Jahre später wurde das neue Mondeo-Modell wieder eingeführt.