Die Wahl von Nicole Grünewald zur neuen IHK-Präsidentin kam für viele völlig überraschend. Allein die Stimmen ihres Bündnisses „New Kammer“ hätten dafür nicht gereicht.
Nachdem sich keine Mitglieder des „Establishments“ für ihr Team zur Verfügung stellten, gibt es nun viele neue Gesichter.
Ein Überblick darüber, wie sie die Wahl gewann – und was sich nun verändert.
Köln – Die Wahl der Unternehmerin Nicole Grünewald zur neuen Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK) kam für viele völlig überraschend – wichtige Fragen und Antworten.
Wie kam es zu der Entscheidung?
Grünewald hatte bis zuletzt offengelassen, ob sie erneut für das Präsidentenamt kandidiert. Vor fünf Jahren war sie im zweiten Wahlgang dem früheren Gothaer-Chef Werner Görg unterlegen. Der Versicherungsmanager hatte sich wohl auch diesmal gute Chancen ausgerechnet und so schon frühzeitig seine Kandidatur angekündigt. Viele sahen ihn als eindeutigen Favoriten – auch weil er bei vielen neuen Vollversammlungsmitgliedern um ihre Stimme geworben haben soll. Hinter den Kulissen hatte aber wohl auch Grünewald intensiv Werbung in eigener Sache gemacht, denn allein die 26 Stimmen ihres „New Kammer“-Bündnisses hätten bei 84 stimmberechtigten Vollversammlungsmitgliedern nicht gereicht.
Wie ging die Wahl genau aus?
Den ersten Wahlgang gewann Grünewald mit 43 zu 39 Stimmen, was aber nicht für eine Zwei-Drittel-Mehrheit reichte. Im zweiten Wahlgang setzte sie sich mit 45 zu 39 Stimmen schließlich durch.
Saßen in den vergangenen Präsidien oftmals Vertreter großer, bekannter Unternehmen wie etwa der Kreissparkasse oder der Rheinenergie, sind in der neuen Führungsriege vor allem neue Gesichter vertreten. Mit dem Bauunternehmer Anton Bausinger konnte Grünewald einen kammererfahrenen Vizepräsidenten gewinnen. Darüber hinaus ist das Kölner Umland stärker vertreten als bislang. Dass sich aber keiner der bisherigen Vizepräsidenten oder Mitglieder des vermeintlichen „Establishments“ für das Team Grünewald zur Verfügung stellte, zeigt leider auch, wie gespalten die Vollversammlung ist. Die neue Präsidentin will nun integrativ führen, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich möchte vor allem auch die Unternehmer, die mich nicht gewählt haben, mitnehmen und Zweifler überzeugen.“
„Unsere wichtigste Aufgabe ist jetzt, aufeinander zuzugehen und auf konstruktiv zu schalten“, sagt Präsidiumsmitglied Sven Gebhard, Chef des Herstellers von Heizungskomponenten GC-heat, aus Waldbröl. Und Präsidiumsmitglied Hendrik Pilatzki, Geschäftsführer TIP Verbrauchermarkt aus Engelskirchen ergänzt, dass es weder ihm noch der jetzt gewählten Präsidentin jemals darum gegangen sei, die Kammer zu zerstören.
Was soll sich nun verändern?
Mit ihrem sofortigen Amtsantritt will sich Grünewald erstmal in Gesprächen einen Überblick über den Stand der Dinge verschaffen – das gelte auch für die Entscheidung des Umzugs der IHK nach Mülheim sowie für die im Wahlkampf versprochene Senkung der Pflichtbeiträge. Zudem wollen sie und ihr Team den Interessen der Unternehmer in der Öffentlichkeit eine stärkere Stimme geben – insbesondere vor dem Hintergrund der kommenden Kommunalwahl. „Wir werden uns einmischen.“
Reaktionen auf die Wahl:
IHK-Ehrenpräsident Paul Bauwens-Adenauer: „Ich gratuliere den Beteiligten zur Wahl und wünsche, dass man zu einer guten Zusammenarbeit im Plenum findet für eine Kontinuität in der Kammerarbeit.“
Gerald Böse, Chef Kölnmesse: „Gratulation an die neue Präsidentin und die neuen Mitglieder des IHK-Präsidiums. Für die Wahrnehmung und den Stellenwert der IHK und mit Blick auf die Vielfalt der beteiligten Branchen finde ich es bedenklich, dass keiner der großen Kölner Arbeitgeber im Präsidium vertreten ist. Gleichwohl wünsche ich der neuen Führungsmannschaft viel Erfolg im Sinne unserer Stadt.“
Oliver Kleinjohann, Chef des Statikunternehmens IDK: „Ich freue mich über den frischen Wind in der Vollversammlung und die Tatsache, dass der gesamte Kammerbezirk nun stärker im Präsidium vertreten ist. Ich würde es begrüßen, wenn schon ein Teil der in Aussicht gestellten positiven Veränderungen in den kommenden fünf Jahren umgesetzt würden.“
Kai Boeddinghaus, Bffk-Kammerkritiker: „Mit der Gratulation verbinde ich die Erwartung, dass die IHK sich nun auch den notwendigen inneren Reformen zuwendet, dazu gehört, dass die die rechtswidrige Vermögensbildung aus Mitgliedsbeiträgen endlich beendet und die vielen Millionen an die Mitglieder erstattet.“
Hans Peter Wollseifer, Präsident der Kölner Handwerkskammer und des ZDH: „Ich freue mich auf die weiterhin gute Zusammenarbeit mit der IHK und bin mir sicher, dass wir mit Nicole Grünewald an bisherige, gemeinsame Erfolge anknüpfen werden. Erfolge für die Wirtschaft in der Region erzielen wir nur im Team. Ich bin gespannt mit welchen Ideen und Visionen für mittelständische Unternehmen Nicole Grünewald die IHK Köln in die Zukunft lenken wird und wo eine noch bessere Vernetzung zwischen unseren beiden Wirtschaftskammern möglich ist“