- Spätestens ab 2025 sollen Elektro-Flugtaxis von den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn starten.
- Die Airports kooperieren dafür mit einem profilierten Jet-Hersteller und haben große Pläne für das Bundesland.
- „Was heute noch wie Science-Fiction klingt, kann schon bald Realität sein“, sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). Im Text erfahren Sie alle Details.
Köln – Die vier Herren auf dem Podium im Foyer des Verkehrsministeriums in Düsseldorf sind vom Erfolg des Senkrechtstarters überzeugt. Der Chef des Hauses, Hendrik Wüst, sieht Nordrhein-Westfalen schon als „Heimat für Mobilität in der dritten Dimension.“ Die von der Corona-Pandemie schwer gebeutelten Flughafenchefs von Düsseldorf und Köln/Bonn, Thomas Schnalke und Johan Vanneste, vergessen für einen Moment ihre Rivalität und beschwören die Zusammenarbeit. Auf einem weißen Sockel vor ihnen steht das Modell eines Fluggeräts, das wie ein riesiges Insekt aussieht und schon in fünf Jahren die Mobilität an Rhein und Ruhr revolutionieren könnte.
Ein Flugtaxi mit Platz für vier Passagiere und einen Piloten, das mit Tempo 300 die großen Zentren mit der Region verbindet und anfangs rund 20 Landeplätze und die großen Flughäfen als Mobilitätshubs nutzt. „Was heute noch wie Science-Fiction klingt, kann schon bald Realität sein“, sagt Wüst.
Emissionsfreies Fliegen zum Taxipreis
Am liebsten schon ab 2025 und das zum Taxipreis, sagt Remo Gerber, Geschäftsführer des Start-up-Unternehmens Lilium aus dem bayrischen Weßling. Der Lilium-Jet ist ein Fünfsitzer, fliegt vollelektrisch und startet vertikal. Ein Prototyp hat den Jungfernflug im vergangenen Jahr erfolgreich absolviert. „Wir befinden uns gerade im Genehmigungsverfahren mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit“, sagt Gerber. „Und wir bekennen uns heute zum ersten Mal zu einer Region, weil wir hier Partner haben, die es ernst meinen.“
Die Flughafenchefs von Düsseldorf und Köln/Bonn wollen gemeinsam erarbeiten, „welche Infrastruktur ein Flughafen haben muss, um den Flugtaxi-Betrieb zu starten“, sagt Thomas Schnalke. Dabei werde man sich nicht nur an den Interessen von Lilium orientieren. Die Startplattform müsse für alle Konstrukteure und Fluggeräte funktionieren. Voraussetzung dafür sei die digitale Vernetzung aller Verkehrsträger. Das Ziel ist klar: Düsseldorf und Köln/Bonn wollen als internationale Verkehrsknotenpunkte diese Entwicklung auf keinen Fall verschlafen.
Das Flugtaxi, das auf einer Höhe von 3000 Metern fliegen soll, sei „eine einzigartige Möglichkeit, eine ganze Region miteinander zu verbinden“, sagt Gerber. Ein Land mit 18 Millionen Menschen, zehn Städten mit mehr als 300 000 Einwohnern, 40 Universitäten und Hochschulen und vier internationalen Messestandorten. „Wir denken intermodal.“ Das Flugtaxi werde seine Stärken immer in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln ausspielen – „vom Fahrrad bis zum ICE“.
Kleinere Städte würden profitieren
Profitieren würden vor allem die kleineren Städte und Regionen im ländlichen Raum, in denen etliche mittelständische Weltmarktführer ihren Sitz haben.Die Maschinen hätten eine Lebensdauer von mehreren Millionen Kilometern, die Energiekosten seien äußerst gering. „Bei einem Flug von Paderborn nach Düsseldorf muss man mit sechs bis zehn Euro pro Person rechnen“, sagt Gerber.
Natürlich kämen noch Luftverkehrssteuer, Start- und Landegebühren sowie die Kosten für den Piloten hinzu. Ziel müsse es sein, die Flugkosten nach dem Start 2025 innerhalb von zehn Jahren auf die Größenordnung von Autofahrten zu bringen. „Wir werden einen bezahlbaren Service für jedermann mit Zeitersparnissen für alle Reisenden im Herzen Europas anbieten“, so Gerber. In einer halben Stunde sollen Städte wie Aachen, Bielefeld, Münster und Siegen per Elektro-Jet so gut wie emissionsfrei und nahezu lautlos mit den beiden großen Flughäfen des Landes verbunden sein.
Eine Chance für die Regionalflughäfen
„Wir wollen, dass digital vernetzte Mobilität in Nordrhein-Westfalen nicht nur erforscht und entwickelt, sondern auch so schnell wie möglich erlebt wird“, sagt der Verkehrsminister. Deshalb sei er hocherfreut, dass ein bayrisches Unternehmen sich auf NRW konzentriere und das, ohne einen Cent an Forschungs- und Entwicklungsgeldern einzufordern. Das Flugtaxi sei auch eine Chance für die Regionalflughäfen, die wirtschaftlich enorm unter Druck stehen, und die vielen Verkehrslandeplätze im Land, so Wüst.
Geld spielt für Lilium derzeit keine große Rolle. Vor fünf Jahren gegründet, beschäftigt das Unternehmen an seinem Hauptsitz bei München derzeit mehr als 500 Mitarbeiter und hat ein Kapital von knapp 320 Millionen Dollar (rund 271 Millionen Euro) zur Verfügung.
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An Optimismus mangelt es den Gründern ganz offensichtlich nicht. Sie sind davon überzeugt, mit ihren Flugtaxis eine beträchtliche weltweite Marktnachfrage zu bedienen, indem sie Städte und Gemeinden zu einem Bruchteil der Kosten einer konventionellen Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur miteinander verbinden – und das nahezu emissionsfrei. Was ein Exemplar des Flugtaxis kosten wird, das nach einem festen Fahrplan fliegen soll, ist Betriebsgeheimnis.
Das Flugtaxi zum Erfolg zu bringen, sei nur als Gemeinschaftswerk machbar. „Lilium ist nicht allein“, sagt Wüst. „Bei den Mobilitätsproblemen im Land haben wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, alle Chancen zu nutzen.“