Der Presserat hat Beschwerden der IHK Köln in den zentralen Punkten für unbegründet erklärt. Man sei „allergisch gegen Instrumentalisierungsversuche“.
PresseratIHK Köln scheitert erneut mit Beschwerden gegen den „Kölner Stadt-Anzeiger“
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln ist erneut mit Beschwerden gegen die Berichterstattung des „Kölner Stadt-Anzeiger“ beim Deutschen Presserat gescheitert. Das Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der Print- und Online-Medien sah die Eingaben von IHK-Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein fast durchgehend als unbegründet an. Aus einer Fülle von Beanstandungen blieben lediglich drei einzelne Punkte übrig, die vom Presserat moniert wurden.
Nach Überzeugung des zuständigen Beschwerdeausschusses entbehrte insbesondere der Vorwurf „gekaufter Berichterstattung“ im Zusammenhang mit einer Sonderausgabe zum Weltfrauentag 2023 einer Grundlage. Vetterlein hatte in seiner Beschwerde die von IHK-Präsidentin Nicole Grünewald öffentlich erhobene Behauptung wiederholt, die Zeitung habe redaktionelle Berichte an die Buchung eines „Media-Pakets“ gekoppelt.
Presserat: Extrem schwerwiegender Vorwurf gänzlich unbegründet
Die IHK-Führung habe damit „einen extrem schwerwiegenden Vorwurf erhoben, der die Glaubwürdigkeit nicht nur des ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ untergräbt, sondern Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Branche hat“, sagte der Geschäftsführer des Presserats, Roman Portack, auf Anfrage. Vetterlein habe es dann aber unterlassen, dem Presserat die Veröffentlichung vorzulegen, um die es ging. „Erst aus der Stellungnahme der Zeitung wurde ersichtlich, dass der Vorwurf gänzlich unbegründet ist und dass der ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ sich presse-ethisch korrekt verhalten hat. Das haben die Expertinnen und Experten im Beschwerdeausschuss eingeordnet.“
In zwei zuletzt ergangenen Beschlüssen des Presserats heißt es, die Zeitung habe fast ausnahmslos darlegen können, dass die von der IHK angegriffenen Aussagen „hinreichend vom zugrundeliegenden Sachverhalt gedeckt“ seien beziehungsweise, „dass die Redaktion hier sorgfältig recherchiert hat“.
Fünf umfangreiche, aufeinander folgende Schriftsätze der IHK Köln
Die IHK-Führung hatte sich in insgesamt fünf umfangreichen, aufeinander folgenden Schriftsätzen gegen kritische Berichte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die IHK und das Agieren der Kammerführung unter Präsidentin Nicole Grünewald gewandt. Die Artikel befassten sich unter anderem mit der geplanten Sanierung des IHK-Stammsitzes in der Kölner Innenstadt und mit anhaltenden Streitigkeiten zwischen der Kölner IHK und anderen Kammern in NRW sowie mit dem Dachverband IHK NRW über den „Reviervertrag 2.0“ mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung bis 2030.
Die Querelen führten im November 2023 zum Austritt der Kölner IHK aus dem Dachverband und zum Ausscheiden Grünewalds als Vizepräsidentin des IHK NRW. Gegenstand weiterer Berichte waren Auseinandersetzungen um die Geschäftsstelle der IHK in Leverkusen und Kritik an der Kölner Kammerführung.
Presserat: Eine ganze Reihe offensichtlich unbegründeter Vorwürfe
Es sei nicht unzulässig, „Beschwerden sozusagen in Serie einzureichen“, erläuterte Presseratsgeschäftsführer Portack. „Aber wir schauen dann schon in der Vorprüfung sehr kritisch hin und filtern offensichtlich unbegründete Beschwerdepunkte von vornherein heraus. Das war auch bei den Beschwerden der IHK Köln der Fall. Mit einer ganzen Reihe offensichtlich unbegründeter Vorwürfe haben wir weder die Zeitung noch den Beschwerdeausschuss behelligt.“
Christian Hümmeler, kommissarischer Chefredakteur, sagte zu der Entscheidung des Presserats: „Falsche Behauptungen und haltlose Unterstellungen der Kölner Kammerführung in der Öffentlichkeit waren geeignet, die Reputation der Zeitung und des Verlags zu beschädigen, der selbst Pflichtmitglied der IHK ist. Der Presserat hat sich zum Vorgehen der IHK in dankenswerter Klarheit positioniert.“
Zum Vorwurf der IHK-Führung einer gegen sie gerichteten „Kampagne“, sagte Portack, damit werde „der Presserat häufig konfrontiert, wenn ein Medium sich eines bestimmten Themas in mehr als einem Artikel kritisch annimmt. Ein solcher Vorwurf ist aber als bloße Meinungsäußerung für den Presserat nicht zu bewerten.“ Der Presserat sei „allergisch“ gegen Versuche, ihn zu „instrumentalisieren“, sagte Portack. „Aufgabe des Presserats ist es nicht, individuelle Ansprüche von Beteiligten durchzusetzen, sondern die Presse-Ethik zu wahren und auf die Einhaltung des Pressekodex zu achten.“
Überschrift vom Presserat missbilligt
In drei – insgesamt gesehen, nachrangigen – Punkten sah der Presserat die Eingaben der IHK als berechtigt an. Er missbilligte zum einen eine Überschrift, die unzutreffenderweise den Eindruck vermittelt habe, die IHK habe illegal mit Arbeiten an ihrem Interimsquartier begonnen. Hümmeler sagte: „Wir nehmen diese Kritik des Presserats ernst. Wir hätten noch deutlicher, als im Artikel geschehen, klarmachen sollen, dass für die tatsächlich begonnenen Maßnahmen keine Baugenehmigung erforderlich war.“
Im Zuge einer Berichterstattung im „Leverkusener Anzeiger“ über Konflikte zwischen der Kölner Kammerspitze und Mitgliedsunternehmen im Bereich Leverkusen wies der Presserat zum anderen darauf hin, dass in einem Artikel verkürzend von der „IHK Leverkusen“ die Rede war und nicht von der Geschäftsstelle der IHK Köln in Leverkusen. Außerdem hätte die Redaktion nach Ansicht des Presserats für einen Bericht aus nur einer Quelle über den streitigen Verlauf einer nicht-öffentlichen Sitzung mit IHK-Hauptgeschäftsführer Vetterlein dessen Stellungnahme einholen müssen.
Dazu sagte Hümmeler, die Redaktion habe sorgfältig recherchiert und sich in diesem Fall auf einen höchst zuverlässigen Informanten stützen können. Zudem lehne die Kammerführung erfahrungsgemäß jede Auskunft zu internen Vorgängen ab.
Der Presserat kann auf begründete Beschwerden hin entweder einen „Hinweis“, eine „Missbilligung“ oder – als schärfste Sanktion - eine „Rüge“ aussprechen. Im Gegensatz zu einer Rüge besteht laut Beschwerdeordnung keine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Hinweisen oder Missbilligungen. „Gleichwohl haben wir uns in diesem Fall aus Gründen der Transparenz, der Fairness und der Achtung des Presserats dazu entschieden“, so Christian Hümmeler.