Die deutsche Möbelindustrie verkauft weniger und muss den Gürtel enger schnallen. Woran das liegt - und was die Ampelregierung damit zu tun hat.
Schlechte StimmungDie Möbelindustrie verkauft weniger - Ärger über Ampel-Regierung
Die deutsche Möbelindustrie steckt in der Krise. Während die Branche vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen ist – die Menschen mussten daheim bleiben und hatten genug Zeit und Geld, um ihre eigenen vier Wände zu verschönern –, schlägt die wirtschaftliche Gemengelage nun umso härter zu. Die Deutschen fahren derzeit lieber in den Urlaub und gehen ins Restaurant, statt sich eine neue Küche oder Couch anzuschaffen. 80 Milliarden Euro haben sie allein für Urlaubsreisen ausgegeben, rechnet der Deutsche Reiseverband vor. Und wenn sie neue Polstermöbel kaufen, dann lieber die preisgünstigen Modelle aus China.
Zyklisches Geschäft schlägt dieses Jahr stärker aus als gewohnt
Dass die warmen Monate nicht gerade Hochsaison für die Möbelindustrie sind, überrascht nicht. Doch in diesem Jahr fallen die Schwankungen besonders stark aus, bestätigt Jan Kurth, Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie: „Das dürfte noch ein Nachholeffekt von Corona sein. Diesen Sommer sehen wir eine besondere Ausgabebereitschaft für teure Reisen und gutes Essen.“ Kurth rechnet damit, dass die Saisonkurve im Herbst wieder nach oben zeigen dürfte, so wie in jedem Jahr.
In den ersten sechs Monaten 2024 hat die deutsche Möbelindustrie rund 8,35 Milliarden Euro umgesetzt - und damit fast zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Auf dem Heimatmarkt setzten die mehr als 400 Betriebe mit insgesamt knapp 72.000 Beschäftigten rund 5,6 Milliarden Euro um und damit 9,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Noch stärker rückläufig entwickelte sich der Auslandsumsatz mit einem Minus von 10,9 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Die Exportquote betrug rund ein Drittel.
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Betriebe sind nur 80 bis 90 Prozent ausgelastet
Auch der Wert der Aufträge hat deutlich nachgegeben. Küchenmöbelhersteller verzeichnen 6,4 Prozent weniger Aufträge, bei den Polstermöbeln sind es 5,9 Prozent und bei den Wohnmöbeln sogar 8,5 Prozent. Während die Auftragsbücher der Industrie vor zwei Jahren noch prall gefüllt waren, sind die Betriebe aktuell nur zu 80 bis 90 Prozent ausgelastet, schätzt Kurth. Während der Umsatz zeigt, was die Industrie schon an den Handel oder an Endkunden verkauft hat, blickt der Auftragseingang immer auch ein Stück in die Zukunft: Das, was jetzt in den Büchern steht, wird in den kommenden Monaten verkauft. Und wenn jetzt schon weniger drinsteht als im Jahr zuvor, wird am Ende auch weniger in der Kasse landen.
VDM-Chef Kurth gibt sich dennoch zuversichtlich.„Wir gehen davon aus, dass die Branche die Talsohle durchschritten hat“, sagt er. Das Konsumklima habe sich wieder aufgehellt, zudem habe sich das vom Ifo-Institut gemessene Geschäftsklima in der Möbelindustrie im August leicht verbessert. Anlass für Zuversicht biete auch die Tatsache, dass viele Deutsche angesichts des Abflachens der Inflationsrate und angesichts von Lohn- und Gehaltserhöhungen steigende Reallöhne verbuchten. Die erhoffte Belebung werde allerdings vermutlich nicht stark genug ausfallen, um die in der ersten Jahreshälfte verzeichneten Umsatzeinbußen zu kompensieren. „Für das Gesamtjahr 2024 gehen wir vor diesem Hintergrund von einem Umsatzrückgang von sieben bis neun Prozent aus“, prognostiziert Kurth.
Ampel-Regierung sorgt für Verunsicherung
Auch der politische Stillstand drückt auf die Verkaufszahlen der Branche. „Die Ursachen der Kaufzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher in den vergangenen Monaten sehen wir neben den gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen auch in der politischen Verunsicherung aufgrund des Zustandes der Ampel-Regierung“, sagte Verbandsgeschäftsführer Kurth. „Wirtschaft – das wissen wir – ist immer auch Psychologie und was die Ampel derzeit als Stimmungsbild nach außen liefert, trägt zur Verunsicherung und zum Verdruss der Bürgerinnen und Bürger bei.“
Dazu passe auch die Stimmung in der Möbelindustrie: Als ihre größte Herausforderung nennen die Unternehmen in einer aktuellen Verbandsumfrage mit großem Abstand das schwache Konsumklima. Dahinter folgen der wirtschaftspolitische Stillstand in Deutschland, die überbordende Bürokratie, der Fachkräftemangel sowie die gestiegenen Lohn-, Gehalts- und Energiekosten. Große Sorgen bereitet zudem der stockende Wohnungsneubau. Kurth fasst den Dreisatz so zusammen: „Was nicht genehmigt wird, wird nicht gebaut und später auch nicht eingerichtet.“
IMM-Anmeldungen laufen schleppend
Die herausfordernde Lage der Branche spiegelt sich auch in den Anmeldezahlen zur Kölner Möbelmesse IMM wider. Die Unternehmen überlegen länger, ob sie kommen und in welcher Form. Die Koelnmesse rechnet mit einer Größenordnung ähnlich der Veranstaltung im Januar 2024. Die Halle eins wird wohl nicht aufmachen.