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Thomas-Cook-InsolvenzRatlosigkeit und viele offene Fragen an NRW-Flughäfen

Lesezeit 5 Minuten
Thomas Cook Düsseldorf

Fluggäste stehen am Düsseldorfer Flughafen am Schalter der Fluggesellschaft Condor und sprechen mit einem Mitarbeiter.

Köln/Oberursel – Dass Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook in Schwierigkeiten steckt, war bekannt. Dass das britische Unternehmen aber am Montag Insolvenz angemeldet und den Betrieb mit sofortiger Wirkung eingestellt hat, traf Reisende wie Reisebüros völlig unvorbereitet. Hunderttausende Touristen wissen derzeit nicht, wie sie von ihrem Urlaubsort nach Hause kommen sollen oder ob sie ihre gebuchte Reise antreten können. Ein Überblick über Reaktionen von Betroffenen aus der Region, Auswirkungen der Insolvenz und was Thomas-Cook-Kunden jetzt wissen müssen.

Wie reagieren Reisebüros und Kunden in Köln auf die Lage?

Im Thomas-Cook-Reisebüro von Armin Kammermeier an der Venloer Straße in Köln-Bickendorf klingelten die Telefone am Montag Sturm. „Die Kunden sind verunsichert“, sagt Kammermeier. Das äußere sich mitunter auch in, vorsichtig ausgedrückt, Unmut. Die Nachricht von der Insolvenz des Touristik-Konzerns kam für den Reisebüro-Inhaber aber „dann doch überraschend“, wie er sagt. „Thomas Cook hatte uns bis zuletzt eigentlich eine gute Perspektive gegeben. Das ist jetzt schon ein heftiges Ereignis.“

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Kammermeiers Büro ist ein Franchise des britischen Unternehmens, weshalb er und seine Angestellten nicht um ihre Jobs bangen müssen.

In anderen Thomas-Cook-Reisebüros sollen die Mitarbeiter auf Anweisung des Konzerns den Medien keine Statements geben, wie es in den Dependancen im Rhein-Center Weiden und am Flughafen Köln/Bonn heißt. Zumindest am Flughafen bekommen offenbar auch die Kunden kaum Informationen.

Guido Deckers und Mara Buikstra haben über Öger-Tours eine Reise in die Türkei gebucht und wollen am Mittwoch in Köln abfliegen. Dass alle Flüge von Thomas Cook und deren Partnerfirmen wie Öger-Tours oder Bucher Reisen Montag und Dienstag ausfallen, stand am Montag fest.

Doch wie geht es danach weiter? Das Reisebüro in ihrer niederländischen Heimat konnte ihnen nicht sagen, ob sie ihren Urlaub tatsächlich antreten können. Deshalb hat sich die ganze Familien am Montagmorgen ins Auto gesetzt, um sich direkt am Flughafen zu erkundigen. „Aber auch hier wusste niemand wie es weitergeht“, sagt Deckers. Vor drei Monaten hatte die Familie mit der kleinen Tochter Zoé ihre Reise gebucht, Hotelzimmer inklusive.

In den Urlaub fliegen ist eine Sache, von dort wieder nach Hause zu kommen eine andere. Heike Heeger befindet sich seit dem 10. September in einem Hotel in Cala Millor im Osten Mallorcas. Gebucht hatte sie ihre Reise über Bucher, wie sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ per Mail schildert. Dienstag um 9.25 Uhr soll ihr Rückflug nach Düsseldorf starten. Als sie Montagmorgen ihre Getränkerechnung im Hotel begleichen wollte, sagte ihr der Rezeptionist, dass Thomas Cook insolvent sei, das Hotel nicht bezahlt habe und sie für den restlichen Aufenthalt 196 Euro zu zahlen hätte. „Wir weigerten uns zunächst, woraufhin uns die Zimmerkarte gesperrt wurde. Man erklärte uns, dass wir erst wieder an unser Eigentum kommen, wenn wir zahlen“, berichtet Heeger. Schließlich zahlte sie die 196 Euro. Ansprechpartner des Touristik-Konzerns konnte sie nicht erreichen. Am Dienstag werde Heeger auf eigene Faust zum Flughafen fahren, da auch der bereits bezahlte Transfer zum Airport ausfalle. „Vermutlich werden wir unseren Rückflug noch mal bezahlen“, schreibt sie.

Wie war am Montag die Lage an Nordrhein-Westfalens größtem Flughafen in Düsseldorf?

Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) waren Passagiere an den größeren Airports Frankfurt, Düsseldorf, Hannover, Hamburg, Leipzig, München und Stuttgart besonders betroffen. In Düsseldorf gab es viele enttäuschte Gesichter. Hier ist die Cook-Tochter Condor die drittgrößte Airline – und viele Passagiere strandeten mit gepackten Koffern an den Schaltern. „Warum fliegen wir nicht?“, sagte der Kölner Dieter Lenzen, nachdem ihm die Frau von Condor sagte, dass Flug DE 1456 nach Fuerteventura ohne ihn und seine Partnerin abheben wird. Aus rechtlichen Gründen dürfe Condor keine Urlauber mitnehmen, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben. Lenzen reagierte geschockt. „Mir geht's beschissen. Warum fliegen wir nicht?“, sagte er mit einem Informationsschreiben von Cook in der Hand, das ihm die Frau am Schalter noch mitgegeben hat. „Wir wurden aus der Schlange gezogen. Wir fliegen nicht. Heute und morgen auf keinen Fall. Das war's mit dem Urlaub.“

Etwas weniger verärgert, aber ebenfalls enttäuscht reagierte das Ehepaar Kämper aus Hamm, das sich auch bereits auf der Kanaren-Insel wähnte. „Was machen wir jetzt? Erst mal einen Kaffee trinken, oder vielleicht besser einen Schnaps“, sagte Dagmar Kämper.

Wie ist die Rechtslage für Betroffene?

Betroffenen Pauschalreisenden steht grundsätzlich eine Kostenerstattung zu – durch EU-weite Regelungen sind Kunden in der Regel gut abgesichert – auch wenn der Reiseveranstalter pleite geht. Laut EU-Recht müssen jegliche Reisekosten erstattet werden. „Eine Insolvenzversicherung ist für Veranstalter vorgeschrieben“, so Reiserechtsanwalt Paul Degott.

In Deutschland müssen Reiseveranstalter die Absicherung durch einen Sicherungsschein nachweisen, dieser liegt den Reiseunterlagen stets bei. Ob wirklich alle betroffenen Pauschalreisekunden eine vollständige Erstattung des Reisepreises erhalten, ist derzeit allerdings noch nicht sicher.

Bei den Verbraucherzentralen im Land baten deshalb am Montag viele Kunden von Thomas Cook oder den Tochterunternehmen um Rat. Allen werde zunächst empfohlen, sich mit dem Veranstalter oder der Airline in Verbindung zu setzen, sagt Beate Wagner von der Verbraucherzentrale NRW. „Wer eine Reise für die Zukunft bucht, sollte sich dort unbedingt versichern lassen, dass diese auch stattfindet“, so Wagner.

Ansonsten sei es ein „undankbares Thema“ für Kunden und Berater, da „niemand weiß, wie genau es weitergeht“. Besonders bitter könnte es für Reisende werden, die nur ihre Flüge über Thomas Cook gebucht haben, denn die würden nun „auf ihren Kosten sitzen bleiben“. Besser sieht es bei denen aus, die ihren kompletten Urlaub dort gebucht haben. „Dann ist es das Problem des Unternehmens. Wenn die Flüge nicht durchgeführt werden können, haben sie für Ersatz zu sorgen.“ Aber auch hier gilt: „Unbedingt beim Reiseveranstalter erkundigen.“

Wie kommen Reisende aus dem Urlaub zurück?

Betroffene, die aktuell mit Thomas Cook im Urlaub sind und nicht wissen, wie sie zurückkommen, sollten sich an die Reiseleitung vor Ort wenden – „die müsste vom Konzern über die nächsten Schritte informiert werden“, so Degott.

Degott rät Reisenden, nicht in Panik zu geraten und nicht einfach selbst eine Rückreise zu buchen. „Dann könnte es Probleme geben, das Geld zurückzubekommen“, erklärt der Experte. Selbst einen Flug buchen sollten Reisende nur, wenn sie über den Weg Reiseleitung, Veranstalter und Insolvenzabsicherer keinen Erfolg hatten.