Die IHK Köln will die Präambel, in der der vorgezogene Kohleausstieg ausdrücklich begrüßt wird, nicht mittragen – und stellt sich gegen die Landesregierung.
„Ideologiegetrieben und unrealistisch“IHK Köln will Reviervertrag wegen Kohleausstieg 2030 nicht unterschreiben
Der Entwurf zum Reviervertrag 2.0 steht. Am kommenden Dienstag, 30. Mai, will Nordrhein-Westfalen mit der Unterzeichnung des Dokuments bei einem Festakt in Mönchengladbach bekräftigen, den auf das Jahr 2030 vorgezogenen Kohleausstieg im Rheinischen Revier und den Strukturwandel des Industrielands gemeinsam voranzutreiben.
Alle werden das unterschreiben: die Landesregierung, die betroffenen Landkreise und Kommunen, die Vertreter der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR), die Handels- und Handwerkskammern der Region. Nur die IHK Köln nicht.
Ablehnung in einem Brief an Ministerpräsident Wüst mitgeteilt
Das haben Präsidentin Nicole Grünewald und Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein am 15. Mai in einem Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mitgeteilt. Das Schreiben liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor. Es ist ein Satz in der Präambel des Vertrags, der bei der IHK Köln auf Ablehnung stößt. Dort heißt es, dass die Region den vorgezogenen Kohleausstieg „ausdrücklich“ unterstütze.
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„Das tun wir nicht“, teilt Nicole Grünewald auf Anfrage mit. „Denn wir müssen auch unseren Unternehmen gegenüber glaubwürdig bleiben. Das haben wir der Landesregierung bereits so mitgeteilt.“ Bisher habe „uns niemand plausibel erklären können, wie der Strukturwandel inklusive der Schaffung von den für die Region relevanten Arbeitsplätzen und die Energiesicherheit durch den Zubau von genug Erneuerbaren innerhalb von nur noch sechseinhalb Jahren gelingen soll“, so Grünewald weiter.
„Bereits der ursprünglich von der Kohlekommission ausgehandelte Ausstieg im Jahr 2038 galt unter Fachleuten als extrem ambitioniert. Ein Ausstieg 2030 ist deshalb überhaupt nicht realistisch. Nirgendwo auf der Welt hat bisher ein so tiefgreifender Strukturwandel in so kurzer Zeit funktioniert“, so die IHK-Präsidentin. „Wir alle wissen, dass vor dem Bau eines jeden Windrads und einer jeden Photovoltaik-Anlage zahlreiche Regulierungs- und Bürokratiestufen überwunden werden müssen – und Bürokratie und Schnelligkeit schließen sich aus. Von den für die Energiesicherheit ebenfalls notwendigen Gaskraftwerken, die noch geplant und gebaut werden müssten, reden wir hier noch nicht einmal.“
IHK Köln sieht sichere Stromversorgung der Unternehmen in Gefahr
Im Schreiben an Wüst wird Grünewald noch deutlicher. Der Ausstieg sei „ideologiegetrieben, und das Tempo ist unrealistisch“. Die IHK Köln stehe „hinter den Transformationszielen bei der Energieerzeugung für die Unternehmen.“ Man sei auch der Meinung, „dass das Rheinische Revier hier Modellprojekt werden kann“. Das alles müsse aber in einem „realistischen Tempo“ geschehen. „Stand heute wird die Versorgungssicherheit mit Strom für die Unternehmen in der Region auf diesem Ausstiegspfad nicht gewährleistet sein“, heißt es weiter. „Auch der Erhalt der industriellen Wertschöpfung und der Arbeitsplätze“ sei in sechseinhalb Jahren nicht zu schaffen. Man habe diese Bedenken bereits auf dem Gipfel „Sicherheit für unser Industrieland NRW“ am 24. April geäußert. Daraufhin sei das Datum 2030 aus dem Gipfelpapier herausgenommen worden.
Die IHK-Präsidentin verweist auf eine Studie des Energiewissenschaftlichen Instituts der Universität Köln, die zum Ergebnis komme, dass „deutlich mehr Erzeugungskapazität in NRW geschaffen werden muss als bisher mit RWE vereinbart und darüber hinaus geplant“ sei. Das gelte sowohl für die erneuerbaren Energien als auch für Gaskraftwerke. „Gerade Letztere werden zu den heutigen Marktbedingungen nicht gebaut werden, auch von RWE nicht und realistischerweise nicht bis 2030.“
Man könne bei allen Punkten des Reviervertrags mitgehen. Lediglich der Satz, „dass wir den Ausstieg 2030 begrüßen“, müsse entfallen. Das werde vom NRW-Wirtschaftsministerium aber „bislang kategorisch abgelehnt“. Wenn die IHK diesen Punkt akzeptiere, setze sie ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel.