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Als einzige InstitutionIHK Köln verweigert Unterschrift unter Reviervertrag zum Kohleausstieg

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30.05.2023, Nordrhein-Westfalen, Mönchengladbach: Hendrik Wüst (CDU, l), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier unterzeichnen den Reviervertrag 2.0.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Städteregionsrat Tim Grüttemeier bei der Unterzeichnung des Reviervertrags 2.0 in Mönchengladbach.

NRW wird im Jahr 2030 nur aus der Kohle aussteigen, wenn dadurch die Versorgungssicherheit nicht gefährdet ist.

Der für 2030 geplante vorgezogene Kohleausstieg im Rheinischen Revier wird nur gelingen, wenn alle Beteiligten das Tempo deutlich erhöhen. „Der Landesregierung ist bewusst, dass die Neuaufstellung unserer Energieversorgung, der Kohleausstieg und der Strukturwandel sehr große Herausforderungen für das Rheinische Revier und für uns alle sind“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag bei der Unterzeichnung des Reviervertrags 2.0 am Flughafen in Mönchengladbach.

Mit dem Papier bekräftigen die Landesregierung, Kommunen, Kreise, die Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) und weitere Vertreter der Region ihren Willen, den ursprünglich erst 2038 geplanten Abschied von der Kohle auch in dem stark verkürzten Zeitraum zu erreichen.

Als einzige Institution hat die IHK Köln den neuen Reviervertrag nicht unterschrieben. Solange nicht gesichert sei, wie der steigende Energiebedarf der Unternehmen in der Region nach 2030 ohne Braunkohle gedeckt wird, könne man das den Mitgliedsbetrieben nicht zumuten, so IHK-Präsidentin Nicole Grünewald.

Für die Beschäftigten in den Tagebauen und Kraftwerken ist diese Herausforderung besonders groß
Hendrik Wüst (CDU), NRW-Ministerpräsident

„Für die Beschäftigten in den Tagebauen und Kraftwerken ist diese Herausforderung besonders groß“, sagte Wüst. „Um nicht zu sagen, sie ist eine Zumutung. Erst hieß es, Dich brauchen wir bald nicht mehr, 2038 ist Schluss. Dann hieß es, 2038 ist zu spät, wir brauchen Dich schon 2030 nicht mehr. Dann kam der Krieg in der Ukraine und es hieß, es bleibt dabei, 2030 ist Schluss. Aber bis dahin müssen wir doppelt ranklotzen.“

90.000 Jobs im Rheinischen Revier hängen an energieintensiven Industrien

Laut Landesregierung sind im Tagebau derzeit noch 7500 Menschen beschäftigt, im Rheinischen Revier hängen aber insgesamt 90.000 Arbeitsplätze an den energieintensiven Industrien. Bund, Land und die Region müssten gemeinsam für den Ausbau der erneuerbaren Energien, den beschleunigten Ausbau der Netze und eine sichere grundlastfähige Stromversorgung einstehen. „Wir brauchen schnellere Ausschreibungsverfahren für die verabredeten wasserstofffähige Gaskraftwerke“, so Wüst. „Wir schützen das Klima nicht, indem wir der Wirtschaft hier den Stecker ziehen.“

Der Ministerpräsident räumte ein, dass die Landesregierung bei den bisherigen Förderverfahren Fehler gemacht habe. Im November hatte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) deshalb das gesamte Verfahren für eine Bestandsaufnahme gestoppt, deren Ergebnisse nach der Sommerpause vorliegen sollen. „Wenn wir in der bisherigen Geschwindigkeit weiterarbeiten, werden wir unser Ziel nicht erreichen“, sagte Wüst. „Wir müssen die Förderung schneller, effektiver und einfacher machen.“

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien werde man die Lücken, „die es ohne Frage bis 2045 noch geben wird, mit Wasserstoff schließen müssen“, sagte der aus Berlin zugeschaltete Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das Wasserstoffnetz werde man in einem Doppelschritt entwickeln. Der Staat plane ein Kernnetz zur Verbindung der großen Verbrauchs- mit den Produktionszentren.

Die Versorgungssicherheit steht immer über allem
Robert Habeck (Grüne), Bundeswirtschaftsminister

Dieses Netz einschließlich wasserstofffähiger Gaskraftwerke müsse 2030 stehen. Die Strategie zum Bau dieser Kraftwerke sei in Arbeit. Parallel „reden wir fast täglich“ mit der EU-Kommission über die Frage, wie man die Investitionen der Kraftwerksbetreiber vergüten könne. Die Ausschreibung zum Bau solle Ende 2024 erfolgen. „Der Ausstieg der Braunkohle geht einher mit dem Einstieg in eine neue Kraftwerkskapazität.“ Sollte es nicht gelingen, „diese Kapazitäten rechtzeitig fertig zu haben“, müssten die Braunkohlekraftwerke länger in Betrieb bleiben. „Die Versorgungssicherheit steht immer über allem.“

Das Investitionsgesetz für die Kohleregion, das insgesamt 40 Milliarden Euro an Fördergeld für den Strukturwandel vorsieht, davon 14,8 Milliarden für NRW, müsse sehr flexibel gehandhabt werden. „Die Gelder müssen den Projekten folgen. Nichts darf verhindert werden“, sagte Habeck.

Bisher sieht das Gesetz vor, dass staatliche Investitionen des Bundes und des Landes nur in Infrastruktur, Forschung und öffentliche Einrichtungen fließen dürfen. Betriebsansiedlungen dürften nicht gefördert werden. „Das haben wir aus ordnungspolitischen Gründen mit Bedacht gemacht, damit der Staat nicht in das Marktgeschehen eingreift.“ Bei der Frage, wo die neuen grünen Technologien entstehen, befinde sich Deutschland „in einer harten Wettbewerbssituation mit den USA und China.“ Die Debatte, ob Deutschland nicht auch „zielgenau Gelder für bestimmte Projekte ausgeben kann, müssen wir führen“.

Spätestens bis Ende des Jahres will das NRW-Wirtschaftsministerium das Förderverfahren neu organisiert haben. Derzeit sind 11,8 von den 14,8 Milliarden Euro schon verplant. „Wir sind fähig zur Selbstkritik“, sagte Wirtschaftsministerin Neubaur.

Das wettbewerbsfähige Sterneverfahren habe zu viel Zeit in Anspruch genommen. Künftig würden nur noch Projekte realisiert, „die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, die eine Infrastruktur der Zukunft im Bereich Verkehr, Energie und Wasserstoff erfüllen.“ Die Kommunen am Tagebaurand müssten mit Mitteln ausgestattet werden, damit „neues und nachhaltiges Wohnen möglich wird. Es gibt nichts, was heilig ist.“

Ministerpräsident Hendrik Wüst dagegen, ist nicht bereit, alles wieder auf den Prüfstand zu stellen. Die umstrittenen Sportprojekte vom Wildwasserpark in Dormagen über die Modernisierung der Hockeyanlagen in Mönchengladbach bis hin zu einer neuen Reithalle und einer für Bundesliga-Volleyball tauglichen Sporthalle in Aachen, die zusammen 70 Millionen Euro kosten, stünden nicht zur Disposition. „Die sind beschlossen“, sagte Wüst.