Rollen bald mehr Züge? Verschandeln Hochspannungsleitungen die Landschaft? Und ist der Strom wirklich grün? Beim Bürgerdialog gab's Antworten.
ElektrifizierungBürger im Kreis Euskirchen stellen der Deutschen Bahn kritische Fragen
Den Euskirchener Wolfgang Müller muss die Deutsche Bahn AG nicht mehr überzeugen. Müller, der sich seit Jahrzehnten auf seine ruhige, aber stetige Art für den Ausbau der Bahn in der Region einsetzt, war es am Mittwochabend anzusehen, wie sehr er sich auf die Elektrifizierung der Strecken Erfttalbahn, Eifelstrecke und Voreifelbahn freut. „Das ist ein Meilenstein“, so Müller.
Etwa 80 Gäste waren zu dem DB-Bürgerdialog in den Euskirchener Office Park gekommen, um sich im lockeren Plausch von den Verantwortlichen der Bahn AG über das Projekt informieren zu lassen. Es war Teil II der „Elektrifizierungs-Woche“, die am Montag begann, als NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) in Bad Münstereifel den offiziellen Startschuss für diese Mammutmaßnahme gab.
Einige der Besucher des DB-Bürgerdialogs teilten Müllers Freude, andere gingen ergebnisoffen in die Veranstaltung, andere wiederum stellten kritische Fragen.
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Die Elektrifizierung kostet in der Region 400 Millionen Euro
400 Millionen Euro Kosten, 2600 Oberleitungsmasken, 210 Kilometer Fahrdraht, drei Jahre Bauzeit für die insgesamt 113 Kilometer von Erfttalbahn (Euskirchen-Bad Münstereifel, 14 km), Eifelstrecke (Kalscheuren-Nettersheim und weiter bis Trier, 164 km, davon 65 in NRW) und Voreifelbahn (Bonn-Euskirchen, 33 km) – das klingt nach viel Arbeit, zeitweisen Streckenstilllegungen, Schienenersatzverkehr, Verzögerungen und Baulärm.
Den Bad Münstereifelern wurde bereits am Montag endgültig mitgeteilt, dass der einzige Zug, der bis März kütt, der Karnevalszug im Februar sein wird. Der ursprüngliche Plan, die Züge ab Ende Dezember wieder in den Kurstadt-Bahnhof einrollen zu lassen, ist wegen der anstehenden Arbeiten für die Elektrifizierung Geschichte. „Ja“, sagte Projektleiter Nikolai Kopnow, „es wird nicht ohne Beeinträchtigungen gehen.“
Doch das hatten die Besucher wohl auch nicht anders erwartet. „Es ist auch etwas anderes, wenn der Betrieb gestört ist, um eine heruntergekommene Infrastruktur notdürftig zu flicken, oder ob die Störung Teil einer echten Modernisierung ist“, erklärte sich ein Teilnehmer diese Gelassenheit.
Weniger CO₂, bessere Luft, leisere Züge – so macht die Bahn die Elektrifizierung schmackhaft
Und die Vorteile der Elektrifizierung lägen auf der Hand, so Projektleiter Kopnow: weniger CO2-Ausstoß, bessere Luft, Unabhängigkeit von Diesel. Und leiser führen die Züge auch. Aber werde denn tatsächlich mit grünem Strom gefahren, wollte ein Bürger an einem der Infostände wissen. Oder komme die Energie letztlich doch über einen längeren Zeitraum hinweg wieder aus der Braunkohle?
„Der Strom, den wir für die Eifelstrecken bereitstellen, kommt aus unserem 110-KV-Bahnstromnetz, also unserem Bestandsnetz“, erläuterte Sarah Pospischil von der DB Netz: „Da haben wir einen sehr hohen Anteil an grünem Strom und sind dabei, ihn immer weiter auszubauen.“
Einige Bürger befürchteten eine Verschandelung der Landschaft durch weitere Hochspannungsleitungen und Masten. Doch Nikolai Kopnow konnte sie beruhigen: „Der Strom wird Huckepack entlang der Oberleitungen transportiert.“ Das verdeutlichte der Projektleiter an der entsprechenden Infotafel. Dazu dienten Verbindungsleitungen unter der Erde. Ein Vorgang, so der Projektleiter, der die Realisierung der Maßnahme beschleunige – eben, weil keine Hochspannungsnetze gebaut werden müssten.
Bürger im Kreis Euskirchen befürchten mehr Verkehr und mehr Lärm
Werden denn Ende 2026, dem planmäßigen Maßnahmen-Ende, genügend E-Fahrzeuge vorhanden sein? Dazu gebe es noch keine konkreten Antworten, erklärte zuständigkeitshalber der Sprecher von go.Rheinland, Benjamin Jescher: „Gemeinsam mit dem Betreiber DB und dem Aufgabenträger für den rheinland-pfälzischen Streckenteil, SPNV-Nord, sind wir momentan noch mitten im Planungs- und Abstimmungsprozess.“
Und noch eine Sorge brachten einige Bürger vor: Wenn alles modern ausgebaut ist, werden dann nicht viel mehr Züge über die Strecken fahren und für Belastungen der Anwohner sorgen? Womöglich auch die „Erzbomber“, wie ein Teilnehmer die Güterwaggons nannte.
Die DB-Mitarbeiter verneinten das. Bahn-Fan Wolfgang Müller weiß auch warum: „Die Infrastruktur reicht nicht aus, um mehr Züge fahren zu lassen.“ Die eingleisigen Abschnitte seien mit dem vorhandenen Halbstunden-Takt bereits völlig ausgelastet, da sei kein Zeitraum mehr weiteren Verkehr.
Strom, so Müller, sei aber die beste Energiequelle für die Züge in der Eifel, weil der starke Antrieb wie geschaffen sei für bergige Landschaften. Wer den starken Antrieb schon mal probeweise testen möchte, dem empfiehlt Müller eine Fahrt von Euskirchen über Düren nach Köln. Wer zuerst mit der dieselbetriebenen Bördebahn fahre, in Düren dann auf den die elektrifizierte Strecke nach Köln umsteige, merke den Unterschied im Antrieb deutlich. „Das geht richtig ab“, sagt Müller und lacht. Ihn muss wirklich keiner mehr überzeugen.