Warum wenden sich immer mehr Menschen von den Ampel-Parteien ab? Bei Louis Klamroth berichtete ein Lkw-Fahrer von seinem Frust.
„Hart aber fair“„Ich platz' gleich“ – Lkw-Fahrer empört sich über Diätenerhöhung der Abgeordneten
Bei der Europawahl ist die Ampel-Koalition hart abgestraft worden. SPD und Grüne mussten mit 13,9 bzw. 11.9 Prozent herbe Verluste einstecken, die FDP kam auf gerade einmal 5,2 Prozent. Klar sollte den Regierungsparteien sein: Ein „Weiter so“ kann es eigentlich nicht geben.
Das war auch Thema bei „Hart aber fair“ am Montagabend (10. Juni) in der ARD. „Sommer der Wahrheit: Was hält die Ampel noch zusammen?“, wollte Louis Klamroth von seinen Gästen wissen. Diese waren Lamya Kaddor (Grüne), Serap Güler (CDU), Philipp Türmer (SPD), Konstantin Kuhle (FDP), Wolfgang Niedecken (BAP-Sänger), Juli Zeh (Bestseller-Autorin), Emran Feroz (freier Journalist) und Helene Bubrowski (Journalistin bei „Table Media“).
Kölner Wolfgang Niedecken entsetzt über Erfolg der AfD
Der Kölner Musiker Niedecken durfte die Diskussion eröffnen. „Ich habe es schlimm erwartet, aber nicht so schlimm“, zeigte er sich beunruhigt über den Rechtsruck.
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„Die ganzen Populisten, die in Europa schon an der Macht sind oder nach der Macht streben, das wird kein Picknick“, so der 73-Jährige düster. Den Erfolg der AfD erklärte er vor allem mit den falschen Aussagen der Partei: „Es ist immer dieses Prinzip nach dem alten Satz von Jonathan Swift: 'Die Lügen fliegen, und die Wahrheit humpelt hinterher'“. Es würden Versprechungen gemacht, die nie gehalten werden könnten, so funktioniere Populismus, meint Niedecken.
Juli Zeh: Politik muss handeln, nicht erklären
Juli Zeh kann nicht ganz folgen und meint, die anderen Parteien müssten die Themen der AfD besetzen. Es brauche klare Konzepte der Regierung und keine „Erklärungen“, es sei nicht alles ein Kommunikationsproblem der Ampel oder von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Juso-Chef Philipp Türmer sieht als Grund für das schlechte Abschneiden der Ampel und den Zulauf zur AfD, insbesondere bei jungen Menschen, einen allgemeinen Pessimismus. Das „Aufstiegsversprechen“ scheine nicht mehr zu gelten. Die Menschen litten unter der Inflation und unter zu hohen Mieten.
„Hart aber fair“: Lkw-Fahrer Jan Labrenz ist sauer
Louis Klamroth zeigt sich volksverbunden und bringt einen Einspieler, um die Probleme zu zeigen, die in Deutschland „buchstäblich auf der Straße“ lägen. Er fuhr mit Lkw-Fahrer Jan Labrenz von Kassel nach Paderborn. Dieser beklagt die Wirtschaftsprobleme und die kaputte Infrastruktur in Deutschland. Der Wohlstand ginge zurück, er habe nicht das Vertrauen, dass die Politik die Probleme in den Griff bekäme. Es müsste mehr gemeinsame politische Anstrengungen und weniger Streit der Parteien untereinander geben, so Labrenz.
Die Runde ist sich einig, dass weniger gestritten werden sollte – und streitet dann aber schon wieder, als es um die Schuldenbremse geht.
Jan Labrenz: „Ich platz' gleich!“
Labrenz ist auch im Studio und sagt auf die Frage, ob die Politiker in der Talkrunde bislang klare Antworten gegeben hätten: „Ich platz’ gleich!“. Es gehe oft nur um Kleinigkeiten. Er kann nicht verstehen, warum die Lkw-Branche nicht zwei Euro mehr Spesen am Tag bekomme, Abgeordnete sich aber 500 Euro mehr an Diäten im Monat gegönnt hätten. Er selber müsse jeden Tag für Toilettengänge auf Raststätten viel Geld ausgeben.
Jede Partei sollte sich einfach mal mehr auf die eigene Politik konzentrieren. „Die kümmern sich alle um sich selber. Ich finde das auch nicht lustig“, zuckt er resigniert die Schultern. Kaddor gibt Labrenz hinsichtlich der Diätenerhöhung Recht. Kuhle weist aber oberlehrerhaft darauf hin, dass die Abgeordnetenbezüge während der Coronakrise gesunken seien. Diese seien schließlich an die Löhne gekoppelt.
Labrenz sagt dazu nur ironisch: „Da bin ich wirklich traurig drüber.“ Es gehe ihm um das Verhältnis der Bezüge. Kuhle zeigt sich weiter empört über das Politiker-Bashing. Abgeordnete seien dies schließlich nur für eine bestimmte Zeit im Bundestag, es sei keine von der Realität „abgekapselte Gruppe“, beißt er sich an dem Thema fest.
Zeh sagt vermittelnd, die Diskussion um die Diätenerhöhung sei ihrer Meinung ja nur Ausdruck eines Gesamtgefühls, dass Politik nicht das leiste, was von ihr erwartet werde.