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Bestürzung nach A3-TragödieLand überprüft sämtliche Lärmschutzwände gleicher Bauweise

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A3 Grönert

Der Autobahnabschnitt der A3, an der das tödliche Unglück geschah, ist nach wie vor mit Markierungen abgesperrt.

Köln/Düsseldorf – Er sei immer noch fassungslos, gesteht der NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) angesichts des tödlichen Unfalls auf der A 3 bei der Ausfahrt Köln-Dellbrück, der durch eine herabstürzende Betonplatte verursacht wurde.

Im Verkehrsausschuss des Landtags stellt Wüst am Mittwoch einen Bericht des Landesbetriebs Straßen NRW vor, der trotz des noch ausstehenden Gutachtens der Staatsanwaltschaft Köln nur einen Schluss zulässt: Beim Einbau der Vorsatzplatte in die Lärmschutzwand im Jahr 2007 wurde mit Absicht gepfuscht. „Sprich: Da hat was nicht gepasst und das ist dann passend gemacht worden“, sagt der Minister.

Bauteil war größer als andere

Der Landesbetrieb Straßen NRW hatte am Dienstagabend einen vorläufigen Bericht abgegeben, den Wüst im Ausschuss mit Details ergänzt. „Das ist kein normaler Unfall.“ Ganz offensichtlich ist eine verschweißte Hammerkopfschraube an einer Halterung gerissen, so Straßen NRW. Diese Halterung sollte die 6,2 Tonnen schwere Betonplatte vor dem Abkippen sichern. Laut Wüst war das Bauteil aber größer als andere an der Wand. Um diesen Höhenunterschied auszugleichen, habe die Baufirma mit Absicht improvisiert und die Halterung vor Ort zusammengeschweißt und anstelle der im Regelwerk vorgeschriebenen Halterungen eingebaut.

Laermschutzwandelement-Skizze

Aufbau und Halterung der Lärmschutzwand-Konstruktion

„Wann immer vom Regelwerk abgewichen wird, muss das angezeigt und aktiv genehmigt werden“, so Wüst. „Nach heutigem Kenntnisstand ist das nicht der Fall.“ Die regelwidrige Konstruktion mit einer Schraube und einem Winkel habe die Zugkräfte der Stahlbetonplatte auf Dauer nicht tragen können. Denkbar sei auch, dass der Sog vorbeifahrender Lkw an der Platte gezogen haben könnte.

Baufirmen sind längst pleite

Am heutigen Donnerstag werden sechs weitere Platten an der Unfallstelle demontiert, von denen man vermutet, dass sie mit vergleichbaren Hilfskonstruktionen befestigt wurden.

An einer der Wände hatte der Gutachter der Staatsanwaltschaft einen bereits verbogenen Schweißanschluss mit erhöhter Rissgefahr entdeckt. Für die Demontage müssen auf der A 3 zwischen dem Kreuz Köln-Ost und Dellbrück in Richtung Oberhausen zwischen neun und 15 Uhr die drei rechten Fahrstreifen gesperrt werden. „Wir müssen die maximale Sicherheit wiederherstellen“, sagt Wüst.

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Zeitgleich gehe man in NRW auf allen Autobahnen auf die Suche nach Lärmschutzwänden vergleichbarer Bauart. Sie müssen alle auf ihre Standsicherheit untersucht werden. „Wir gehen auch da auf Nummer sicher und daher erst einmal davon aus, dass bei allen baugleichen Dingen das die gleiche Firma gewesen sein könnte“, sagt der Minister. Beide Bauunternehmen, die 2007 die rückwärtige Stützwand und die Vorsatzplatten montiert hätten, seien seit Jahren pleite. „Da werden wir keinen mehr ansprechen können.“

Man habe den Bundesverkehrsminister informiert und werde in Kontakt mit den Kommunen treten, um vor möglichen Gefahren zu warnen. Der Unfall wird auch Folgen für das Prüf-System haben. „Wir werden künftig mit Spiegeln oder endoskopischen Kameras arbeiten müssen“, so Wüst.