Köln – Der Umgang der Kölner CDU-Spitze mit dem Rücktritt von Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser zieht innerparteilich einen offenen Streit nach sich. Im Zentrum steht dabei Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau.
Heinen-Esser: Von „guter Kandidatin“ keine Rede mehr
„Frau Heinen-Esser ist eine anerkannte Fachfrau und deshalb eine gute Kandidatin für den nordrhein-westfälischen Landtag“, hatte Petelkau zunächst auf die Frage gesagt, wie die Kölner CDU zu Heinen-Essers aktueller Landtagskandidatur steht.
Nach einer internen Konferenz des geschäftsführenden Vorstands mit den sieben Landtagskandidaten kam dann eine offizielle Pressemitteilung, die deutlich verhaltener formuliert war. Von einer „guten Kandidatin für den Landtag “ war dort keine Rede mehr. Stattdessen heißt es dort knapp: „Ursula Heinen-Esser ist im Rahmen einer Aufstellungsversammlung für den Wahlkreis Innenstadt / Kalk-West bereits im November 2021 zur Landtagskandidatin gewählt worden.“
Adenauer-Urenkel kritisiert Vorgehen der Kölner CDU
Konrad Adenauer, Rechtsanwalt bei der Kölner Kanzlei Luther, Urenkel des gleichnamigen Bundeskanzlers und CDU-Mitglied, äußerte deutliche Kritik an dem Vorgehen. „Wer den Unterschied zwischen Recht und Anstand verkennt, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht, denn politisch hätte man sich als Kölner CDU natürlich von dem Verhalten und von Heinen-Esser distanzieren können, gar müssen“, heißt in einem Schreiben Adenauers, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.
Schließlich sei die ehemalige Ministerin nicht die einzige Kandidatin in Köln. „Mit ihrem unsäglichen Verhalten und ihrer Uneinsichtigkeit zieht sie die anderen Kandidaten mit nach unten“, schreibt Adenauer weiter. Die CDU Köln versäume die Klarstellung, dass die von Heinen-Esser gegebene „Entschuldigung“ nicht ausreichen könne.
Adenauer: Untauglichkeit auch als einfache Volksvertreterin
Landesumweltministerinnen dürften selbstverständlich in Urlaub fahren und auch dahin zurückkehren. „Wer aber auf Nachfrage des Parlamentes zunächst eine unrichtige Urlaubslänge angibt und dann auch den wohl wesentlichen Grund für die Rückkehr in den Urlaub verschweigt, wenn ganze Landstriche der eigenen Heimat ob der Flut im Erdboden versinken, hat nicht nur seine Untauglichkeit als Ministerin unter Beweis gestellt, sondern auch die als einfache Volksvertreterin“, so Adenauer. Umso unverständlicher sei es, dass Heinen-Esser weiterhin darauf beharre, ihren Platz auf der Landesliste zu behalten.
Die ehemalige Landesumweltministerin hat weiterhin gute Aussichten, in den Landtag einzuziehen. Für den Fall, dass sie ihre Direktkandidatur im Wahlkreis 18 (Innenstadt/Kalk) nicht gewinnen sollte, ist sie über die CDU-Landesliste abgesichert, da sie dort Platz sechs belegt. Darauf könnte sie allerdings freiwillig verzichten, so dass die weiter hinten platzierten Kandidatinnen und Kandidaten automatisch um eine Position nach vorne rücken würden.
Bisher kein Druck auf Heinen-Esser ausgeübt
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gibt es bislang auch keinen Druck der CDU-Landesspitze auf Heinen-Esser, ihren Listenplatz aufzugeben. Ihre Direktkandidatur kann Heinen-Esser indes nicht mehr zurücknehmen, da die Meldepflicht dafür bereits abgelaufen ist. Die CDU könnte also auch keinen Ersatzkandidaten für sie bestimmen.
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Die Situation erinnert an die des ehemaligen SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Klaus Heugel, der 1999 wegen Insiderhandels mit Aktien zurücktreten musste. Dennoch stand er – ebenfalls weil die Meldepflicht abgelaufen war – auf den Wahlzetteln. Die Kölner SPD hatte sich aber deutlich von ihm distanziert und öffentlich erklärt, keinen Kandidaten für die OB-Wahl mehr zu haben. „Es gibt zahlreiche Vorbilder dafür, wie eine Partei in Fällen verfahren kann, in denen ein Kandidat, der politisch nicht mehr tragbar ist, gleichwohl noch auf dem Stimmzettel steht“, schreibt Adenauer mit Verweis auf Heugel. „Dies wäre ein Befreiungsschlag für die Kölner CDU.“
Kölner CDU-Chef Bernd Petelkau reagiert gelassen
CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau reagierte am Sonntag gelassen auf die Kritik Adenauers. „Die Stimmzettel sind gedruckt und teilweise schon verteilt – insofern springt das Schreiben zu kurz und verkennt die rechtliche Situation“, sagte er im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Ob sich Heinen-Esser bereits zum jetzigen Zeitpunkt von der Landesliste nehmen lassen könnte, müsse zunächst rechtlich geprüft werden. „Eine Möglichkeit wäre es natürlich auch, das über die Liste gewonnene Landtagsmandat hinterher wieder zurückzugeben“, sagte Petelkau. Das würde ebenfalls Platz für Nachrücker schaffen.