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WahlergebnisLinke und AfD schneiden in Köln so gut ab wie nie

Lesezeit 6 Minuten
Großer Jubel: Freudentaumel bei der Wahlparty der Kölner Linken.

Großer Jubel: Reaktionen bei der Wahlparty der Kölner Linken

Am Tag nach der Bundestagswahl blicken die Kölner Parteien schon auf die Kommunalwahl im Herbst.

Es war nach Mitternacht, als am Sonntag die letzten Wahlbezirke in Köln ausgezählt waren – und ein historisches Wahlergebnis für Köln feststand. Die Linke holte mit 14,87 Prozent ihr bestes Ergebnis aller Zeiten bei einer Bundestagswahl in Köln, die AfD mit 10,03 Prozent ebenso.

Für die Spitzen der Ratsfraktionen von CDU, Grünen, SPD und FDP blieb nicht viel Zeit, ihre Wunden zu lecken oder ihre Erfolge zu feiern. Es ging am Montag gleich mit einer Konferenz zum Dauerbrenner Ost-West-Achse weiter: Diese endete erneut ohne Einigung. Am 31. Juli muss eine der beiden Ausbauvarianten beim Fördergeber eingereicht werden. Sonst drohen mindestens zwei Jahre Stillstand.

Nach den Wahlen ist auch vor den Wahlen: Für die Kölner Parteien beginnt nun die Vorbereitung auf die Kommunal- und OB-Wahlen im Herbst. Die Krönchen müssen also schnell gerichtet werden, um mit neuer Energie in den nächsten Wahlkampf zu starten. Wir blicken auf die Stimmungslage in den verschiedenen Parteien. 

Alles zum Thema Bernd Petelkau

CDU

Am Morgen nach der Wahlnacht spricht Parteichef Karl Mandl von einem Erfolg, dass die CDU mit 22,18 Prozent stärkste Kraft ist und nach fünf Wahlerfolgen der Grünen die grüne Welle unterbrochen hat. Bei der Wahl 2021 hatte die Kölner CDU mit 19,33 Prozent das schlechteste Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg in Köln kassiert.

Diesen Sonntag holt die CDU erneut keinen der vier Wahlkreise direkt, in drei Wahlkreisen ist sie sogar chancenlos. Nur bei der Bundestagsabgeordneten Serap Güler ist es spannend, sie verliert knapp gegen Sanae Abdi, zieht aber erneut über die Reserveliste in den Bundestag ein.

Im Restaurant Consilium feierte die Kölner CDU.

Im Restaurant Consilium feierte die Kölner CDU.

Fraktionschef Bernd Petelkau sagt bei der CDU-Wahlparty im Restaurant Consilium am Spanischen Bau des Historischen Rathauses: „Wir können auch in Köln nicht mit dem Ergebnis zufrieden sein. Es war die klare Zielsetzung, zwei Wahlkreise direkt zu gewinnen.“

Ein Bundesergebnis unter 30 Prozent ist nicht das Resultat, das sich viele der rund 250 CDU-Unterstützer im Consilium erhofft haben. Es gibt verhaltenen Jubel, doch die große Party ist es nicht. Petelkau sagt am Montag mit Blick auf die Kommunalwahl am 14. September: „Man kann die Ergebnisse nicht eins zu eins übertragen.“

Grüne

Einmal drüber schlafen und schon fühlt sich das Wahlergebnis der Grünen bei einem Minus von 6,3 Prozentpunkten nicht mehr als Rückenwind, sondern nur noch als Ansporn an. „Ich freue mich, dass Köln anders gewählt hat als der Bundesdurchschnitt: mehr grün, weniger rechts“, sagt Christiane Martin. „Insgesamt ist das Ergebnis allerdings nicht mehr als zufriedenstellend.“

Bei der Kommunalwahl müssen die Grünen laut Martin neben Klimawandel und Verkehrswende auch glaubhafte Lösungen zum Wohnungsmangel und zum Thema soziale Gerechtigkeit präsentieren. „Immerhin haben wir dafür gesorgt, dass Kürzungen im Sozialbereich durch Umschichtungen zurückgenommen werden konnten.“

Mit den Bundestagsabgeordneten Katharina Dröge und Sven Lehmann zwei Wahlkreise direkt geholt zu haben, sei „großartig, auch wenn wir uns für den Bund mehr gewünscht hätten“, sagt OB-Kandidatin Berivan Aymaz. Auch bei den Erststimmen sei man in Köln weiter stärkste Kraft.

Volle Hütte: Die Grünen feierten in einem Gebäude auf der Aachener Straße.

Die Grünen bei ihrer Wahlparty an der Aachener Straße Foto: Herbert Bucco

Die aussichtslos wirkenden Diskussionen zum geplanten Ausbau der Ost-West-Achse machen Christiane Martin zu schaffen: „Wir müssten uns entscheiden, ob wir die vier Haltestellen zwischen Heumarkt und Moltkestraße unter die Erde legen oder nicht, und sind leider immer noch an dem Punkt, an dem wir schon vor acht Jahren waren. Es gibt für beide Positionen Argumente. Wir sind gegen diesen Tunnel“, sagt die Fraktionschefin der Grünen.

Eines habe sie aus der Diskussion um die Ost-West-Achse gelernt, so Martin mit Blick auf die CDU: „Ich würde nicht noch einmal ein Ratsbündnis schließen, bei dem eine derart wichtige Frage von vornherein ausgeklammert werden muss.“

SPD

Die SPD schaffte in Köln mit 19,2 Prozent der Stimmen ein besseres Ergebnis als auf Bundesebene (16,4) – dennoch markieren beide Werte ein historisches Tief. Zusammen mit zwei gewonnenen Direktmandaten durch Sanae Abdi (Köln I) und Karl Lauterbach (Leverkusen/Köln IV) nahm die Kölner Führungsriege das aber als kleinen Trost an einem tristen Abend. Auch wenn das Fazit der Kölner SPD-Chefin Claudia Walther am Montag lautet: „Wir müssen nicht drumherum reden, das Ergebnis ist bitter, im Bund genauso wie in Köln.“

Der Blick geht jetzt nach vorne in Richtung Kommunalwahl im Herbst. Und da gibt sich die Kölner SPD mit ihrem OB-Kandidaten Torsten Burmester geschlossen optimistisch. Die Bundestagswahl sei „eine Abstimmung über Olaf Scholz und die Bundesregierung“ gewesen, sagt der Kölner SPD-Fraktionschef Christian Joisten noch in der Wahlnacht. Claudia Walther betont: „Wir wollen in der Stadt Verantwortung übernehmen und wir können in der Stadt Verantwortung übernehmen.“

Enttäuschender Wahlabend: Betretene Gesichter bei der Führungsriege der Kölner SPD in der Lanxess-Arena

Enttäuschender Wahlabend: Betretene Gesichter bei der Führungsriege der Kölner SPD in der Lanxess-Arena

FDP

Die FDP liegt in Köln mit 3,2 Prozent der Stimmen noch unter dem Bundesergebnis von 4,3 Prozent. Parteichef Lorenz Deutsch sagt, bei diesem Wahlkampf habe man „zu viele Wackersteine im Gepäck“ gehabt: „Und es ist uns nicht gelungen, diese abzuwerfen. So etwas habe ich bislang noch nicht erlebt.“ Die Kölner Spitzenkandidatin Maria Westphal sagt: „Wir haben uns in den letzten Wochen nicht mit Ruhm bekleckert.“ Als Beispiele nennt sie das Papier zum „D-Day“ oder auch die Abstimmung im Bundestag zur Migrationspolitik, bei der CDU und Teile der FDP zusammen mit der AfD stimmten.

Dem kommenden Kommunalwahlkampf im Herbst sieht die Kölner FDP dennoch optimistisch entgegen, diese könne man jetzt vom Bundestrend „befreit“ angehen, sagt Deutsch: „Am Einsatz hat es auch diesmal nicht gelegen. Wenn wir so einen Einsatz bei der Kommunalwahl zeigen, können wir uns mit einem guten Ergebnis breit aufstellen.“

Volt

Volt ist Teil des Mehrheitsbündnisses im Kölner Stadtrat mit Grünen und CDU (50 von 90 Sitzen) – auf Bundesebene spielt die junge Partei aber keine Rolle, und das hat sich nach dieser Wahl auch nicht geändert. 0,7 Prozent der Zweitstimmen erhielt Volt deutschlandweit, in Köln waren es immerhin mehr: 1,06 Prozent, das entspricht 6421 Stimmen. Jedoch sind das nur 0,05 Prozentpunkte mehr als 2021, obwohl Volt bei der Europawahl im vergangenen Jahr 7,1 Prozent erzielte und zum Beispiel durch die Beteiligung an Bündnissen in mehr Stadträten im Land in den vergangenen Jahren an Bekanntheit gewonnen hat.

Für die Kölner Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Jennifer Glashagen, ist das Ergebnis der Bundestagswahl daher von der Kommunalpolitik abzugrenzen. „Das sind zwei Paar Schuhe. Die Kölnerinnen und Kölner wissen natürlich um die Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl.“ Sie sei aber zuversichtlich, dass Volt bei der Kommunalwahl an das Rekordergebnis der Europawahl anknüpfen werde.