Bernd Petelkau oder Karl Alexander Mandl? Am Samstag, 25. März, entscheiden die CDU-Mitglieder, wer ihr neuer Vorsitzender wird.
Chefposten der Kölner CDUDas sagen die Kandidaten zum FC-Ausbau und Verkehrsversuchen
Muss der aktuelle CDU-Parteichef Bernd Petelkau am Samstag elf Jahre nach seiner ersten Wahl abtreten? Oder schafft er es erneut, sich gegen einen Gegenkandidaten durchzusetzen? Dieses Mal tritt Karl Alexander Mandl an. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat mit beiden Kandidaten ein Einzel-Interview geführt.
Warum sollten die CDU-Mitglieder Sie am Samstag wählen?
Karl Alexander Mandl: Wir haben nach vier desolaten Wahlergebnissen die Möglichkeit, die Trendwende einzuleiten. Dazu müssen wir die Partei neu positionieren und die CDU wieder spürbar und erlebbar machen.
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Was muss denn neu aufgestellt werden? Und Sie sprechen von Trendwende, so als sei es gesetzt, dass es mit Ihnen besser wird.
Die Trendwende ergibt sich durch die Neuaufstellung. Dafür müssen wir die Programmatik der Partei anpacken und ihr eine klarere christdemokratische Handschrift verpassen. Vor allem ist es wichtig, dass die Mitglieder gemeinsam das Programm erstellen, damit wir ein deutlicheres Profil bekommen.
Was ist eine klarere christdemokratische Handschrift?
Das werden die Mitglieder herausarbeiten. Heute ist es ja so, dass die CDU mit ihrer Programmatik nicht wahrgenommen wird. Wir haben als CDU gute Konzepte in den Bereichen Mobilität, Wohnen, Wirtschaft und in der Abwägung zwischen Ökonomie und Ökologie. Aber diese Kompetenzen müssen wir stärker darstellen, damit sie wahrgenommen werden. Dann können die CDU-Ratsfraktion und die Fraktionen in den Bezirksvertretungen sich ebenfalls deutlicher positionieren.
Aber was heißt das wirklich konkret? Verkehr, Wohnen, Wirtschaft, Flächenkonkurrenz, das sind die großen Konflikte. Was wollen Sie?
Köln kann seine Probleme nicht alleine bewältigen, wir müssen sie gemeinsam mit der Region denken und lösen. Ein weiterer Punkt ist, Verkehr und Stadtentwicklung nie getrennt zu sehen.
Die Aussagen würden von 90 Ratsmitgliedern vermutlich 90 Ratsmitglieder ebenfalls so treffen.
Dann sollen sie es umsetzen.
Aber nochmal: Was heißt das konkret und was sollte eine CDU-Fraktion besser machen?
Meine Aufgabe ist es jetzt nicht, Ratschläge an die Fraktion zu geben, sondern die Partei neu zu führen, sie wieder wählbar zu machen und die politische Willensbildung zu stärken. Zur Partei gehören auch alle Ratsmitglieder. Für mich ist es entscheidend, dass wir in der richtigen Reihenfolge schrittweise vorgehen. Das heißt, erst Optionen schaffen für die Menschen und dann schauen, wie wir unsere Stadt durch konsensuale Lösungen verbessern. Beispielsweise dürfen wir unsere Verkehrspolitik nicht an ideologischen Vorstellungen ausrichten, sondern an den Bedürfnissen der Menschen. Wenn man Parkplätze wegnimmt, bevor man Optionen schafft für die Autos, die noch gebraucht werden und den Bedürfnissen der Menschen entsprechen, ist das die falsche Reihenfolge.
Auch das sieht ein Großteil der CDU-Fraktion und vermutlich auch Ihr Gegenkandidat Bernd Petelkau so, aber die CDU hat keine absolute Mehrheit. Wie wollen Sie solche Pläne denn durchsetzen?
Wichtig ist, dass wir als CDU offen sagen, wie wir Themen einschätzen und was unsere Position ist. Die Ratsfraktion muss natürlich letztlich sehen, was sie umsetzen kann, und manchmal auch, wo sie Schlimmeres verhindern kann.
Sie sagen immer, es dürfe kein ‚Weiter-so‘ unter Bernd Petelkau geben. Was ist Ihrer Meinung nach so schlimm am aktuellen Zustand: Die CDU hat Dezernenten, sie kann sich bei Verkehrsversuchen einbringen.
Alleine schon die Fragestellung zeigt, dass man die CDU in Köln fast nur über die Fraktionsarbeit definiert. Aber die CDU muss ja aus der Partei heraus definiert werden. Die Partei wird derzeit als Anhängsel der Fraktion wahrgenommen. Die Parteimitglieder müssen sich an politischen Prozessen beteiligen können. Das steigert die Attraktivität der Partei insgesamt. Dazu braucht es eine neue Spitze. Ein ‚Weiter-so‘ würde Stillstand bedeuten, der Sinkflug ginge weiter.
Angenommen, Sie gewinnen: Bernd Petelkau ist zur Kommunalwahl 2025 als Fraktionschef gewählt. Dann hat die Kölner CDU bis 2025 parteiinternen Knatsch?
Sie werden sehen, das Gegenteil wird der Fall sein. Die Geschlossenheit unserer Partei beginnt direkt nach dem Parteitag. Die Einladung an Herrn Petelkau, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, ist schon längst ausgesprochen. Auch der Fraktionsvorsitzende wird seine Erfahrung einbringen, dafür bin ich jetzt schon dankbar.
Von dieser Geschlossenheit war nach der verlorenen Wahl von Thomas Breuer gegen Bernd Petelkau im September 2021 aber nichts zu sehen.
Wir alle sind gefordert, diese neue Geschlossenheit mit Leben zu füllen. An allererster Stelle der Parteivorsitzende.
Woher nehmen Sie diesen Optimismus? Bislang hat „Zukunft jetzt“ noch keine parteiinterne Wahl gewonnen, und auch jetzt fehlen in Ihrem Vorstandsteam die großen Namen der Kölner CDU.
Die CDU hat seit der vergangenen Vorstandwahl noch einmal zwei schlimme Wahlniederlagen bei den Bundestags- und Landtagswahlen eingefahren. Die Unzufriedenheit in der Partei und der Drang zur Erneuerung sind innerhalb der CDU noch größer als vor zwei Jahren. Sehr viele haben verstanden, dass wir eine neue Parteiarbeit brauchen. Wir brauchen den Wandel und die klarere Positionierung, damit jedes Mitglied stolz auf seine Mitgliedschaft sein kann.
Gerade können die Mitglieder nicht stolz sein auf die CDU?
Zurzeit ist es für viele nicht leicht. Aber das wird sich in den kommenden Wochen und Monaten nach und nach ändern.
Was hieße ein Wahlsieg von Ihnen für das Bündnis mit Grünen und Volt? Droht ein schleichender Abgesang Richtung 2025, weil Sie sich stärker für Autos positionieren? Sagt die CDU nach mehr als acht Jahren auf Sicht leise Lebewohl zu den Grünen?
Das Bündnis ist für uns Christdemokraten eine Verpflichtung. Die CDU steht zu ihrem Wort. Die Fraktion wird weiter konstruktiv im Bündnis arbeiten. Die Partei unterstützt die Fraktion. Ich möchte aber klarstellen, dass ich nicht ausschließlich für Autos bin. Ich bin für eine konsensuale und vor allem für eine versöhnliche Verkehrspolitik. Zurzeit erleben wir eine Art Stresstest für den sozialen Frieden innerhalb der Verkehrsversuche. Die Verkehrswende hat nur dann eine Chance, wenn sie von der Breite der Gesellschaft getragen wird – und das ist zurzeit nicht der Fall, sondern die Fronten verhärten sich.
Wenn die CDU 2025 die nächste Niederlage bei der Kommunalwahl einfährt: Wäre es dann Zeit, sich in der Opposition neu aufzustellen? Die Stimmen gab es auch 2020 schon.
Köln braucht die CDU. Sie muss Köln mitgestalten. Ich bin überzeugt, dass die Menschen das auch so sehen und wir 2025 wieder die Nummer Eins in Köln werden. Mit welchem Partner wir dann eine Mehrheit im Stadtrat bilden, werden wir sehen.
Wären Sie eigentlich ein Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl 2025?
Bitte einen Schritt nach dem anderen. Erst müssen wir die CDU zu alter Stärke führen. Dann sehen wir, mit wem wir antreten.
Das ist kein Nein.
Das ist kein Ja.
Hat „Zukunft jetzt“ überhaupt noch eine Chance, wenn sie nun wieder verlieren?
Solange die Partei Erneuerung braucht, solange wird „Zukunft jetzt“ weitermachen.
Warum sollten die Mitglieder Sie am Samstag wählen?
Bernd Petelkau: Die wichtigste Aufgabe, die vor uns liegt, ist die Kommunalwahl 2025. Ich habe die Erfahrung, unsere Partei zu einem guten Ergebnis bei der Kommunalwahl 2025 zu führen. Und weil ich so verhandlungsstark bin, in einer darauffolgenden Koalitionsverhandlung ein gutes Ergebnis für die Kölner CDU zu erreichen.
Woher kommt dieser Optimismus mit Blick auf die Kommunalwahl 2025? Bei den vergangenen vier Wahlen hat die Kölner CDU teils historisch schlecht abgeschnitten, unter anderem bei der Kommunalwahl 2020.
Wir hatten bei den letzten Wahlen einen zentralen Punkt, der uns viele Stimmen im Kölner Westen gekostet hat, das war die geplante Bebauung der Gleueler Wiese durch den 1. FC Köln. Das Thema wollen wir bis Ende des Jahres lösen und wir werden 2025 viele Ergebnisse unserer Politik konkret sehen, unter anderem im Schulbau. Wir werden mit einem eigenen CDU-Kandidaten oder einer eigenen Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters antreten und ein starkes Kommunalwahlprogramm, das wir mit unseren Mitgliedern erarbeiten, haben.
Sie sind voriges Jahr aus dem Landtag geflogen. Gab es da nicht mal den Moment, in dem Sie einen Rückzug erwogen haben?
Nein, auch das lässt sich auf die geplante Bebauung der Gleueler Wiese zurückführen. Wir haben in Lindenthal deshalb massiv an Stimmen verloren. Jetzt suchen wir nach einer Lösung, die von den Menschen akzeptiert wird. Das wird uns so helfen, die nächste Wahl zu gewinnen.
Machen Sie es sich mit der Analyse nicht ziemlich einfach?
Mehr als 50 Prozent der Stimmen, die wir verloren haben, gingen auf dieses singuläre Ereignis zurück. 2025 wird das anders sein.
Sie haben eben Ihre Erfahrung angesprochen, ihr Gegenkandidat Karl Alexander Mandl bezeichnet es als ‚Weiter-so‘.
Wir entwickeln unsere Themen stetig weiter, bauen bestehende Schwächen ab und unsere Stärken auf und haben in der Partei und Fraktion Köpfe, die für Themen stehen. Das schafft die nötige Motivation in der Partei, damit wir 2025 die Nase vorne haben.
Was sind denn die bestehenden Schwächen und Stärken konkret?
Wir müssen an unserer Kommunikation arbeiten und sie ausweiten. 2020 hatten wir zwar ein gutes Wahlprogramm, aber wir sind relativ spät gestartet. Das soll dieses Mal viel schneller gehen, wir wollen schon 2024 in den Wahlkampf einsteigen.
Was meint denn bessere Kommunikation? Das Problem ist ja nicht ganz neu für die CDU.
Es geht um den stärkeren Einsatz der sozialen Medien. Auf Facebook haben wir eine gute Präsenz aufgebaut, das wollen wir auf Instagram und andere Plattformen ausweiten. So wollen wir noch mehr Menschen erreichen.
Und die Stärken?
Wir haben Entscheidungen herbeigeführt, die auch umgesetzt werden, beispielsweise haben wir als Partei beschlossen, uns viel stärker für den Neubau von Pflege- und Senioreneinrichtungen einzusetzen. Das hat die Fraktion in einem parteiübergreifenden Antrag in den Rat eingebracht, der dann beschlossen wurde. Das ist eine optimale Politik und nicht nur ein theoretisches Papier. Sie kommt bei den Menschen konkret an. Ähnliches ist uns mit dem Schulneubau gelungen – wir haben in fünf Jahren mehr neue Schulen gebaut als die Konkurrenz in 30 Jahren.
Würde der CDU angesichts der Wahlergebnisse nach elf Jahren nicht mal ein neues Gesicht an der Parteispitze gut tun? Sie sind doch auch ein Gesicht der parteiinternen Auseinandersetzung.
Die deutliche Mehrheit der Stadtbezirksvorsitzenden sehen das anders und bei den aktuell stattfindenden Vorstellungsrunden in den Bezirken erhalte ich viele positive Rückmeldungen. Bei der Kommunalwahl 2025 wird es vor allem auf den Spitzenkandidaten oder die Spitzenkandidatin ankommen. Und in Berlin sehen wir, dass Erfahrung ein wichtiger Faktor ist. Der gleiche Kandidat holte zehn Prozentpunkte mehr als bei der vergangenen Wahl. Zudem wollen wir ein starkes Team aufstellen.
Sind Sie ein möglicher OB-Kandidat?
Diese Frage stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Was erwarten Sie am Samstag?
Dass die Partei weiter zusammenrückt und wir danach geschlossen dafür kämpfen, die nächste Kommunalwahl zu gewinnen.
Mein Ziel ist ganz klar, das hinzubekommen. Daran werde ich hart arbeiten. Die Bereitschaft muss aber von allen kommen.
Machen Sie sich Vorwürfe, dass Sie diese Einigkeit seit 2021 nicht hinbekommen haben oder sehen Sie die Versäumnisse bei „Zukunft jetzt“?
Es geht nicht um Schuldzuweisungen. Seit 2021 haben wir viele Gespräche geführt, die dazu beitragen, die Situation weiter zu verbessern. Eine meiner persönlichen Zielsetzungen ist es, eine geeinte Partei in den Wahlkampf 2025 zu führen. Nur dann haben wir eine Chance, die Nase vorne zu haben.
Selbst der aktuelle Vize-Parteichef aus Ihrem Team, Florian Braun, hat gesagt: „Mir ist wichtig, dass wir nach der Vorsitzenden-Wahl möglichst breite Einigkeit bei den Stellvertretern erzielen, um unterschiedliche Blickwinkel, Unterstützerkreise, politische Ebenen und Regionen abzubilden.“ Das könnte ja bedeuten, dass Sie nach einem möglichen Sieg auch Kandidaten von „Zukunft jetzt“ aufnehmen.
Wir werden schon am Samstag schauen, wie wir eine Einigung hinbekommen. Wie das konkret aussieht, werden wir sehen. Im Vorfeld hat das leider nicht funktioniert, aber das könnte sich schon im Verlauf der Sitzung ändern.
Im Falle einer Niederlage bleiben Sie aber weiter Fraktionschef? Sie sind bis zur Wahl 2025 gewählt.
Das ist selbstverständlich. Die Fraktion hat mir das Vertrauen ausgesprochen und ich werde sie nicht enttäuschen.
Wofür steht die Kölner CDU? Provokant gefragt: Dafür möglichst viele Verkehrsversuche der Grünen zu verhindern?
Wir haben uns gerade erst im November auf einem Parteitag mit den aktuellen Herausforderungen moderner Mobilität beschäftigt. Aktuell hat die Fraktion vor allem das Ziel, den Beschluss zum Bau der U-Bahn auf der Ost-West-Achse umzusetzen. Außerdem wollen wir die Anbindung der Außenbezirke mit dem ÖPNV verbessern, sonst kann die Verkehrswende nicht funktionieren.
Und wer Bernd Petelkau am Samstag wählt, wählt eine wahrscheinliche Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Grünen?
Die Frage, mit wem wir koalieren, stellt sich erst nach der Wahl. Wir wollen stärkste Kraft werden.
Zu den Personen und zur Wahl:
Bernd Petelkau, 58, ist seit 2012 Chef der Kölner CDU und seit 2014 Vorsitzender der Ratsfraktion. Der gelernte Diplom-Kaufmann saß von 2017 bis 2022 im Landtag, dann verpasste der Berufspolitiker den Wiedereinzug. Aktuell übt er keinen Beruf aus.
Karl Alexander Mandl, 50, ist Diplom-Volkswirt und kaufmännischer Leiter des Dominikaner-Ordens. Zudem ist Mandl Chef der Kölner Mittelstands- und Wirtschaftsunion, einer Vereinigung der CDU.
Seit 2021 ist die parteiinterne Initiative „Zukunft jetzt“ öffentlich aktiv, sie fordert ein Ende der Doppelfunktion Petelkaus als Partei- und Fraktionschef. Sie sieht die Kompromisse im Ratsbündnis mit den Grünen und Volt als Ursache für die vielen Wahlniederlagen der CDU an.
2021 unterlag ihr Kandidat Thomas Breuer mit 48 zu 52 Prozent gegen Petelkau. Nun folgt Mandl als Kandidat auf Breuer. Sowohl Petelkau als auch Mandl treten mit einem sechsköpfigen Team an, das den geschäftsführenden Vorstand bilden soll.