Köln – Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor rund acht Jahren ist offenbar auf Pfusch beim Bau einer neuen U-Bahn-Linie zurückzuführen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ verfassen die von der Anklagebehörde mit der Ursachensuche beauftragten Gutachter derzeit einen Bericht, auf dessen Grundlage die Anklageschrift erstellt werden soll. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft stehen kurz vor dem Ende. „Wir bereiten unsere Abschlussentscheidung vor“, bestätigte Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich am Dienstag.
Bei dem Einsturz am 3. März 2009 kamen zwei Männer ums Leben. Der Sachschaden beträgt laut Stadtverwaltung 1,2 Milliarden Euro. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung. Der Anfangsverdacht richtet sich gegen rund 100 Beschuldigte. Sie alle hatten mit dem Bau der U-Bahn zu tun, deren Tunnel an dem Archivgrundstück vorbeiführt.
Gutachter hatten schon seit längerem einen Baufehler als Einsturzgrund in Betracht gezogen. Sie vermuteten, dass ein Teil des Erdreiches unter dem Gebäude durch ein Loch in der Tunnelwand mit dem Grundwasser weggespült worden sein könnte und dem Stadtarchiv so der Boden entzogen wurde. Die Baufirmen widersprechen der Annahme. Sie gehen davon aus, dass ein hydraulischer Grundbruch die Ursache war; eine Art Naturereignis, bei dem Wasser und Erdreich durch die Bausohle in die Grube gedrungen ist.
Beschäftigte der Bauunternehmen müssen sich bei Anklage vor Gericht verantworten
Zur Beweisfindung ist im Erdreich an der Einsturzstelle ein Schacht errichtet worden. Das mehrere Millionen Euro teure Bauwerk ermöglicht es den Experten, die von Grundwasser umgebene Tunnelwand in Augenschein zu nehmen.
In einer Tiefe von 27 bis 28 Metern sollen Taucher eine etwa 60 Zentimeter breite Lücke in der Wand entdeckt haben. Die Fehlstelle soll so groß sein, dass innerhalb von Minuten mehrere Tausend Kubikmeter Sand, Kies, Erde und Wasser von der Vorderseite des Archivs in die Grube gelangen konnten.
Es ist davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft diese Feststellungen zur Grundlage ihrer Anklage machen wird. In dem Fall müssten sich Beschäftigte der Bauunternehmen vor Gericht verantworten. Denkbar ist zudem, dass auch Angestellte der Verkehrs-Betriebe angeklagt werden, weil sie womöglich ihrer Aufsichtspflicht nicht genügend nachgekommen sind. Insgesamt droht wohl nur wenigen von den rund 100 Beschuldigten ein Strafprozess. Wie aus Justizkreisen zu erfahren ist, soll gegen Mitarbeiter der Stadtverwaltung kein Verdacht mehr bestehen.