Köln – Eigentlich hatte der junge Mann aus dem Kosovo nur einen Stempel des Ausländeramts benötigt, um seinen Aufenthalt zu verlängern. Doch die zuständige Mülheimer Behörde sei telefonisch nicht zu erreichen gewesen und habe auf E-Mails nicht geantwortet, sagt Sozialberaterin Angelika Thiesen vom Verein Mosaik. Die Duldung des Mannes sei ausgelaufen aus und sein Arbeitgeber habe ihm schließlich aufgrund der fehlenden Bescheinigung gekündigt. Ohne Aufenthaltsrecht keine Arbeit. Es ist nur eine Geschichte von vielen, die Initiativen erzählen, die Geflüchtete beraten.
Der Unmut über die Arbeit der Bezirksausländerämter nimmt zu. E-Mails würden nicht oder nur mit monatelanger Verzögerung beantwortet, ans Telefon ginge oft auch niemand, sagt Thiesens Kollegin Marianne Arndt. Ein Stillstand mit Folgen: Ein junger Mann aus Afghanistan habe erfolglos mehrere E-Mails an das Bezirksausländeramt Mülheim geschrieben, sein Aufenthaltstitel sei aber dennoch ausgelaufen. Eine Frau aus Nordmazedonien, die seit sieben Jahren in Deutschland lebt, habe ebenfalls plötzlich ohne Papiere dagestanden, weil ihr Antrag nicht schnell genug bearbeitet worden sei.
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„Es ist die Hölle“, ärgert sich auch Elizaveta Khan, Leiterin des Integrationshauses in Kalk. „Die Geflüchteten haben Panik, dass ihre Aufenthaltstitel auslaufen.“ Ohne Aufenthaltstitel seien Job und die Wohnung in Gefahr, zahle das Jobcenter keine Leistungen. Ähnliches berichten Nadja Oertel, die Sozialraumkoordinatorin von Mülheim-Nord/Keupstraße und die Projektleiterin der Stadtteilmütter, Gisela Emons. „Hier werden die Existenzen von ganzen Familien bedroht“, sagt Emons.
Mit einem Brief hat sich nun die Sozialraumkoordination an Oberbürgermeisterin Henriette Reker gewandt. Es werde deutlich, „dass die mangelhafte Erreichbarkeit des Bezirksausländeramtes Köln-Mülheim massive und existenzbedrohende Auswirkung für Ausländer und Ausländerinnen hat“, heißt es in dem Schreiben. Trotz rechtzeitiger Antragstellung der Klientinnen und Klienten würden diese „in unverschuldete existenzielle Notlagen gebracht werden und vermehrt völlig überlaufene (und unterfinanzierte) Sozialberatungsstellen in Köln-Mülheim aufsuchen“. Auch den Sozialberaterinnen gelinge es nur selten, Mitarbeitende des Bezirksausländeramts zu kontaktieren. Diese Mängel gebe es nicht nur in Mülheim, sondern auch in Kalk, Porz und Ehrenfeld, so Oertel.
Brief an OB Reker
Die Stadt räumt inzwischen Probleme ein. Pandemiebeding habe es Zulassungsbeschränkungen zu städtischen Gebäuden gegeben. Nicht alle Aufgaben der Behörden könnten aber schriftlich erledigt werden. „Die Aufnahme von biometrischen Daten, um die Bestellung eines elektronischen Aufenthaltstitels abzuschließen, konnten im Lockdown nur sehr eingeschränkt erfolgen“, heißt es von Seiten der Stadt. „Mehrere tausend Termine haben sich aufgestaut und müssen nachgeholt werden.“ Dies sei in manchen Bezirksausländerämtern gelungen, in Porz, Ehrenfeld, Kalk und Mülheim aber weniger gut.
Stadt räumt Probleme ein
Während des Lockdowns seien sogenannte Fiktionsbescheinigungen verschickt worden, die die Phase der Prüfung und Bestellung eines Aufenthaltstitels überbrücken sollen. Allerdings seien diese Bescheinigung nicht von allen Arbeitgebern anerkannt worden. „In Fällen, in denen uns die prekäre Situation bekannt wurde, haben wir Arbeitgeber unbürokratisch kontaktiert, um Kündigungen zu vermeiden“, so die Stadt. Diese Probleme sollen mit Infoblättern behoben werden, die mit der Fiktionsbescheinigung verschickt werden sollen. Diese Informationen sollen in den nächsten Tagen auch im Internet veröffentlicht werden. Mit dem Jobcenter bestehe ein internes unbürokratisches Verfahren, um Zahlungseinstellungen zu vermeiden.