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Passagierkontrolleur am Flughafen Köln/Bonn„Ich gehe mit Bauchschmerzen zur Arbeit“

Lesezeit 5 Minuten
Flughafen Kontrolle Sicherheit Symbolbild

Ein Luftsicherheitsassistent prüft das Gepäck von Flugpassagieren. (Symbolbild)

  1. Andreas (Name geändert) arbeitet seit mehr als 15 Jahren in der Passagierkontrolle am Flughafen Köln-Bonn
  2. Der Luftsicherheitsassistent klagt über psychischen Druck, zu wenig Schlaf und rüpelhafte Passagiere
  3. Er nennt Gründe für die zuletzt oft chaotischen Verhältnisse beim Sicherheits-Check-In. Und wüsste auch eine Lösung

Köln – Ich arbeite seit vielen Jahren als Luftsicherheitsassistent in der Passagierkontrolle am Flughafen Köln-Bonn. Als ich anfing, waren wir noch eine kleine Truppe, das war alles sehr familiär. Auch die Passagiere waren entspannt, Flugreisen waren noch ein Erlebnis.

Heute macht das alles keinen Spaß mehr, auch den Passagieren nicht. Mein Job ist es, dass die Leute sicher von A nach B fliegen. Mehr will ich nicht. Aber daraus ist eine Qual geworden. Zeit ist die neue Währung. Alles muss schnell gehen und effektiv sein. Ich gehe mittlerweile mit Bauchschmerzen zur Arbeit. Es beginnt damit, dass man schon vor Dienstbeginn die Schlange der wartenden Passagiere sieht. Das setzt einen sofort unter Druck. Und psychischer Druck führt zu Erschöpfung. So erkläre ich mir auch die hohe Krankenquote am Standort Köln.

Flughafen Köln: Kontrolleure werden beschimpft

Manche Passagiere beschimpfen einen: „Mach mal schneller“ oder „Arbeitet mal richtig“. Ich habe auch schon Beleidigungen wie „faules Pack“ gehört. Der eine Kollege reagiert darauf eher temperamentvoll und ruft etwas zurück. Der andere geht damit professionell um und sagt: „Gehen Sie bitte zu meinem Vorgesetzten, da können Sie sich beschweren.“ Manchmal muss auch die Bundespolizei eingreifen. Einmal gab es fast eine Handgreiflichkeit. Das liegt einfach an diesem inneren Druck, der auf einem lastet. Man weiß nie, was einen in der nächsten Schicht erwartet.

Dazu kommt, dass wir regelmäßig getestet werden. Die Bundespolizei guckt, dass wir unsere Arbeit richtig machen – trotz unserer Stresssituation. Sie führt verdeckte Sicherheitstests durch, kommt also mit präparierten Gepäckstücken und prüft, ob wir versteckte Gegenstände darin erkennen. Übersieht man etwas, kann man im schlimmsten Fall seinen Job verlieren.

Wenn Sie mich fragen, warum zuletzt in Köln-Bonn die Wartezeiten an der Sicherheitskontrolle oft so extrem waren, liegt das in meinen Augen vor allem am Personalmangel. Die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass wir in Kurzarbeit gedrängt wurden. Viele Kolleginnen und Kollegen haben diese Zeit genutzt, um sich beruflich umzuorientieren. Gute Mitarbeiter haben uns verlassen, die Personalunterdeckung war noch nie so hoch wie im Moment. Wir haben Securitas nahegelegt, so schnell wie möglich neue Leute einzustellen, aber die sagten immer, die Auftragslage gebe das momentan nicht her. Dabei war doch abzusehen, dass die Menschen wieder reiselustig werden. Die waren zwei Jahre nicht im Urlaub und wollen jetzt endlich wieder raus.

„Flughafen, Bundespolizei und Arbeitgeber sind in der Pflicht“

Hinzu kommt, dass viele Fluggäste nicht gut vorbereitet zum Flughafen kommen. Viele haben zum Beispiel immer noch nicht verinnerlicht, dass man keine Flüssigkeiten mitnehmen darf. Wir müssen sehr oft Fluggäste zurückschicken, damit sie ihre Flüssigkeiten eintüten. Oder damit sie ihre gefährlichen Gegenstände aus den Taschen nehmen. Und wir müssen immer wieder Gepäckstücke öffnen, weil darin unerlaubte Gegenstände sind. All das bremst den ganzen Prozess immer wieder ab und verlängert die Wartezeiten.

Trotzdem sehe ich die Schuld nicht in erster Linie bei den Passagieren. Sondern der Flughafen ist in der Verantwortung, dass das alles hier vernünftig läuft. Die Bundespolizei muss dafür sorgen, dass der psychische Druck nicht entstehen kann. Und der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass die Belastungen für jeden einzelnen Mitarbeiter so gering wie möglich bleiben.

Zwar hat Securitas mitgeteilt, neue Leute einstellen zu wollen, aber so einfach ist es nicht, einen Luftsicherheitsassistenten auszubilden. Die Prüfung durch die Bundespolizei ist nicht leicht. Die Bildauswertung und die Personenkontrolle sind der schwierigste Teil. Man muss zum Beispiel Gegenstände, die man auf dem Monitor erkennt, genau bezeichnen. Wenn man zu einem „Klappmesser“ nur „Messer“ sagt, hat man die Prüfung nicht bestanden. Aus meiner Erfahrung bestehen von 100 Bewerbern, die in die Schulung gehen, nur fünf. Wenn alles optimal läuft, ist man mit der Prüfung frühestens in drei Monaten durch.

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Das Problem ist: Die privaten Sicherheitsfirmen arbeiten alle gewinnorientiert. Die setzen ihr Personal so ein, wie es für sie am effektivsten ist, und das heißt: so wenig Personal wie möglich. Ich bin der Meinung: Die Sicherheit am Flughafen gehört nicht in private, sondern in die öffentliche Hand. So wie das zum Beispiel am Flughafen in München geregelt ist, da ist eine staatliche Sicherheitsfirma mit den Kontrollen betraut. Die Bundespolizei beschäftigt in Köln auch einige Angestellte als Luftsicherheitsassistenten. Die arbeiten nicht gewinnorientiert, sondern strukturiert, in einem geregelten Zwei- oder Dreischichtsystem, jeweils acht Stunden. Die spüren diesen Druck nicht, den wir spüren.

Wir dagegen haben 50 verschiedene Modelle von Arbeitszeiten: Der eine fängt um 3 an und macht bis 11, der andere von 4 bis 14 Uhr, einer von 4 bis 12, der nächste von 5 bis 13, von 6 bis 14 oder von 6 bis 16 Uhr. Unsere Schichten sind im 24-Stunden-Betrieb quer über den ganzen Tag verteilt. Da kommst du nach einer 10-Stunden-Schicht im Stehen nach Hause und willst nur noch die Füße hochlegen, dir brennen die Fußsohlen. Du gehst früh ins Bett, weil du um drei Uhr schon wieder aufstehen musst. Und wenn du dann noch Kinder hast, die erst um 21 Uhr ins Bett gehen – wie soll das dann funktionieren, dass du mit ausreichend Schlaf deinen Job machst?