Werden Flughäfen bestreikt, haben Airlines kaum eine andere Möglichkeit, als ihre Flüge zu streichen. Flugreisende, die ihre Reise schon lange im Kalender verbucht hatten, stehen dann ratlos vor leeren Schaltern, bleiben frustriert zurück. Immerhin: Bei streikbedingtem Flugausfall oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden muss die Airline Reisenden eine alternative Beförderung zum Ziel anbieten. Welche Rechte haben Fluggäste genau, wenn ihr Flug ausfällt?
Wie erfahre ich, ob mein Flug ausfällt?
Die Airline ist hier erste Ansprechpartnerin. Dort sollten sich Reisende über den Flugstatus informieren. Airports, die den Passagierbetrieb einstellen, braucht man natürlich gar nicht erst anzusteuern. Die Flughäfen München und Frankfurt beispielsweise haben Fluggäste ausdrücklich dazu aufgerufen, nicht zum Airport zu kommen.
Ich habe eine Pauschalreise gebucht und mein Flug wurde gestrichen – und jetzt?
Wird ein Flug gestrichen, haben Kundinnen und Kunden einige Ansprüche. Darauf weist die Verbraucherzentrale Hamburg hin. Bei Pauschalreisenden steht der Veranstalter in der Pflicht, er muss sich um einen Ersatz kümmern und darf den Reisepreis dafür nicht erhöhen.
Wird die Reise dadurch beeinträchtigt, weil sie sich beispielsweise um einen Tag verzögert, „können Pauschalreisende gegebenenfalls Ansprüche gegen ihren Reiseveranstalter geltend machen“, so die Verbraucherzentrale. Grundsätzlich den Preis für den Flug zurückverlangen können Pauschalreisende nicht.
Mein Flug ist nicht Teil einer Pauschalreise – an wen wende ich mich?
Fällt eine Flugreise aus, die nicht als Teil einer Pauschalreise gebucht ist, ist der Ansprechpartner für Verbraucherinnen und Verbraucher immer die Airline. An sie sind auch die Ansprüche auf Schadensersatz zu richten. Das gilt auch für den Fall, dass ein Flug über ein Internetportal gebucht wurde. Dieses fungiert bei Vertragsabschluss nur als Vermittler.
Werden die Forderungen nach Schadensersatz innerhalb von zwei Monaten nicht erfüllt, können sich Betroffene laut Verbraucherzentrale an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr oder die Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz wenden.
Mein Flug wurde annulliert – welche Optionen habe ich?
Verbraucherinnen und Verbraucher, die den gestrichenen Flug nicht als Teil einer Pauschalreise gebucht haben, haben die Wahl zwischen der Erstattung ihres Ticketpreises und einer alternativen Beförderung – entweder zum frühestmöglichen oder zu einem gewünschten Zeitpunkt, wenn entsprechende Kapazitäten frei sind.
Diese Alternative kann ein anderer Flug oder auch eine Fahrt mit der Bahn sein. Für die Organisation dieser Umbuchung ist ebenfalls die Fluggesellschaft verantwortlich. Dies passiert oft automatisch.
„Wird ein Flug annulliert, sind die betroffenen Fluggäste anderweitig zu befördern“, betont die Verbraucherzentrale. Entstehen bei dem Alternativangebot Mehrkosten wie Mahlzeiten oder ein Hotelzimmer, können diese der Fluggesellschaft gegebenenfalls in Rechnung gestellt werden.
Was mache ich, wenn meine Airline mir nicht hilft?
Bietet die Airline nicht von selbst eine Alternative an, sollten Betroffene ihr eine Frist zur Beschaffung einer solchen setzen. Als angemessen sieht der auf Reiserecht spezialisierte Anwalt Paul Degott hier zwei bis drei Stunden an.
Bei dieser Nachricht sollten Fluggäste auch ankündigen, sich sonst selbst um eine alternative Beförderung zu kümmern und die dadurch anfallenden Zusatzkosten – etwa für den neuen Flug und eventuelle Zwischenübernachtungen – der Airline in Rechnung zu stellen. Degott erklärt: „Diese Ankündigung ist wichtig, damit sich die Airline am Ende nicht herausreden kann.“ Ebenfalls wichtig: Rechnungen und Quittungen als Nachweise aufheben.
Kann ich auch auf eigene Faust einen neuen Flug buchen?
Kommt die Fluggesellschaft der Aufforderung nicht nach, können Reisende selbst Ersatz beschaffen. Zahlen sie dabei im Vergleich zur ursprünglichen Reise darauf, können Reisende „gegebenenfalls Schadensersatz gegen die Fluggesellschaft geltend machen und die Differenz des Ticketpreises verlangen“, so die Verbraucherzentrale. Dadurch entstehende Mehrkosten wie eine Übernachtung im Hotel können Reisende aber nicht von der Airline zurückverlangen, wenn sie auf eigene Faust eine Alternative gebucht haben.
Wer zahlt für ein nicht genutztes Hotelzimmer oder zum Beispiel ein verpasstes Konzert am Urlaubsort?
Anders sieht das aus, wenn man durch den gestrichenen Flug beispielsweise ein bereits gebuchtes Hotelzimmer nicht nutzen oder ein Konzert, für das man bereits ein Ticket gekauft hat, nicht besuchen kann. Diese Schäden können Reisende sich gegebenenfalls von der Fluggesellschaft ersetzen lassen, so die Verbraucherzentrale.
Muss die Airline mir eine Entschädigung zahlen?
Eine wichtige Rolle bei der Annullierung eines Flugs spielt der Zeitpunkt, zu dem die Airline über den Ausfall informiert. Geschieht dies weniger als zwei Wochen vor dem geplanten Abflug und wird keine maximal geringfügig abweichende Alternative angeboten, stehen Fluggästen laut Bundesverband der Verbraucherzentralen zwischen 250 und 600 Euro an Ausgleichszahlungen zu. Es sei denn, der Ausfall ist auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen. Hierbei steht die Fluggesellschaft in der Beweispflicht.
Ob Warnstreiks zu diesen „außergewöhnlichen Problemen“ zählen oder nicht, hängt vereinfacht gesagt vor allem davon ab, wer konkret streikt. Streikt das Flughafenpersonal, sind die Aussichten auf Entschädigungen eher schlecht. Anders kann der Fall liegen, wenn Mitarbeitende einer Fluggesellschaft oder deren Subunternehmen die Arbeit niederlegen. Der Anspruch auf Ersatzbeförderung oder Rückerstattung der Ticketkosten besteht aber in jedem Fall und unabhängig davon, ob Passagieren auch eine Entschädigungszahlung zusteht.
Wie kann ich einfach prüfen, welche Ansprüche auf Entschädigung ich stellen kann?
Sich durch die Details zu kämpfen, bei welchen Rahmenbedingungen welche Ansprüche gelten, kann aufwendig und vor allem kompliziert sein. Wer sich in dem Dschungel aus Forderungsbeträgen und Bedingungen verirrt, kann Online-Tools zurate ziehen. Sie zeigen mit vergleichsweise wenig Aufwand an, welche Rechte Fluggästen zustehen. Ein solches Tool stellt beispielsweise die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit ihrer Flugärger-App für Android und für iOS zur Verfügung. Das Europäische Verbraucherzentrum hilft mit dem Flugprobleme-Tool.
Meine Airline mauert bei der Erstattung – was tun?
Längst nicht immer zahlen Fluggesellschaften berechtigte Ausgleichszahlungen anstandslos aus, oder machen es Reisenden einfach, von ihrem Wahlrecht (Rückerstattung oder anderweitige Beförderung) bei einer Annullierung Gebrauch zu machen. „Theorie und Praxis gehen bei der Einforderung der Rechte manchmal sehr stark auseinander”, beobachtet Jan Philipp Stupnanek von der Verbraucherzentrale NRW.
Der Rat: Die Schriftwechsel und Telefonate, die man mit der Airline austauscht, sollte man aufheben beziehungsweise dokumentieren. Dies kann helfen, wenn Reisende sich externe Hilfe holen. Sei es etwa bei einem Anwalt, bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), bei Verbraucherschützern oder bei auf Provisionsbasis oder mit Servicegebühren arbeitenden Portalen wie Fairplane, EUclaim, Flightright oder Airhelp.
Ich habe meinen Flug verpasst, weil es so lange an der Sicherheitskontrolle gedauert hat – wer zahlt den jetzt?
Beim Check-in bleibt die Fluggesellschaft die Ansprechpartnerin, hier ist ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aber unwahrscheinlich. Verzögern sich die Sicherheitskontrollen ist der Ansprechpartner der Bund, der mit seiner Bundespolizei für die Kontrollen zuständig ist – auch, wenn dies oft an externe Firmen ausgelagert wird. Wichtig ist hierbei, dass man rechtzeitig vor Ort war, weshalb Reisende die Probleme am Flughafen immer dokumentiert sollten, sodass sie ihre frühzeitige Ankunft später nachweisen können.
Die Auslegung des Worts „rechtzeitig“ ist allerdings nicht klar geregelt, laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen waren in einem konkreten Fall 55 Minuten vor Abflugzeit nicht ausreichend. Weil die aktuell enge Situation mit langen Wartezeiten bei den Sicherheitskontrollen bekannt ist, wird es in diesem Sommer wohl nicht gerade einfacher werden, hier einen Anspruch auf Schadensersatz stellen zu können. Besteht dieser dennoch, empfiehlt die Verbraucherzentrale, sich an eine Bundespolizeidirektion zu wenden. Dann können möglicherweise der Flugpreis sowie Folgekosten erstattet werden.
Ergibt sich kein Recht auf eine Erstattung, haben Reisende trotzdem die Möglichkeit, sich immerhin einen kleinen Teil des Flugpreises zurückzuholen. Denn „wer einen Flug nicht wahrnimmt – ob er ihn nun sehr früh storniert, sehr kurzfristig verpasst oder schlichtweg vergisst –, hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm die Airline, mit der er fliegen wollte, die so genannten personenbezogenen Steuern und Gebühren erstattet, die für den Flug angefallen sind“, so der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Denn Steuern und Gebühren müsse die Airline nur dann abführen, wenn Reisende ihren Flug auch wahrnehmen. Auch Zuschläge und Entgelte für Sicherheit sowie Kraftstoff seien zu erstatten. Ganz egal, ob lange Schlangen am Flughafen für das Verpassen des Flugs verantwortlich waren oder nicht.
Mein Flug ist stark verspätet – kann ich eine Ausgleichszahlung erhalten?
Eventuell besteht die Möglichkeit eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu erhalten, dies muss je nach Airline überprüft werden. Allgemein gilt die EU-Fluggastrechteverordnung für alle Flüge, die innerhalb der Europäischen Union starten. Wenn die Flüge in der EU landen, gilt sie nur, wenn die Fluggesellschaft ihren Sitz in einem der EU-Mitgliedsstaaten hat. Allerdings mauern die Airlines häufig und zahlen Ausgleichszahlungen nicht, weshalb man unbedingt alle Schriftwechsel und Telefonate, die man mit der Airline austauscht aufheben sollte. Diese Dokumente können dann helfen, wenn sich Reisende externe Hilfe holen.
Das Gepäck taucht nicht auf – was muss ich tun?
Stellen Fluggäste fest, dass ihre Koffer fehlen, sollten sie direkt am Flughafenschalter das sogenannte PIR-Dokument ausfüllen. Nur so kann sichergestellt sein, dass die Airline bei tatsächlichem Verlust, das Gepäck erstattet. Betroffene müssen zusätzlich den Verlust binnen 21 Tage schriftlich der Airline, beziehungsweise Pauschalreisende dem Veranstalter melden. Auch wenn Reisende vor Ort nur für ein paar Stunden ohne Gepäck sind, können sie sich außerdem das Nötigste an Ersatzkleidung kaufen. Darunter fällt etwa eine Zahnbürste, Badehose oder Unterwäsche, die Kassenbons müssen ausgehoben werden, zudem bewährt es sich auch, die beim Check-in erhaltenen Gepäckaufkleber aufzubewahren. (mit dpa)