Köln – Als erfahrener Zöllner, sagt Jens Ahland, glaubte er bis vor kurzem noch, eigentlich schon alles gesehen zu haben. Was seine Kollegen der Drogenfahndung dann aber allein im November am Flughafen Köln-Bonn an Rauschgift aus dem Verkehr gezogen haben, habe auch seine Vorstellungskraft gesprengt. Gemeint ist weniger die schiere Menge – mehr als 600 Kilo Drogen in vier Wochen bedeutet einen Allzeitrekord in Köln – als der anscheinend grenzenlose Einfallsreichtum der Schmuggler.
Deko-Fische aus reinem Kokain
Ahland steht in einer zugigen Lagerhalle des Zollamts in Wahn und hält zwei vermeintliche Deko-Fische in die Höhe. „Mein persönliches Highlight“ sagt Ahland. Sie sind bunt angemalt und wiegen je ein halbes Kilo, sogar an einen Haken zum Aufhängen haben die Hersteller gedacht. Das Besondere: Die Fische bestehen aus reinem, gepressten Kokain. Mit einem speziellen chemischen Verfahren ließe sich die Farbe wieder vom Kokain lösen und die Droge konsumfertig aufbereiten. Zur Tarnung waren die Fische einem Paket mit typischen Urlaubssouvenirs beigelegt wie T-Shirts und einer bunten Maske. Dennoch wurde ein Zöllner bei einer Routinekontrolle misstrauisch. „Da kamen Berufserfahrung und ein gutes Bauchgefühl zusammen“, erzählt Ahland. „Die Farbe auf den Fischen ließ sich sehr leicht abkratzen, ein Drogenwischtest schlug sofort an.“
Insgesamt haben die Flughafenzöllner im November mehr als 520 Kilo Khat (eine afrikanische Kaudroge) gefunden, 50 Kilo Marihuana, 17 Kilo Haschisch, je fünfeinhalb Kilo Kokain und Ketamin, dreieinhalb Kilo Amphetamin, zweieinhalb Kilo Crystal Meth und 1100 Ecstasy-Pillen – mit einem Gesamtstraßenverkaufswert von 1,6 Millionen Euro. Nichts davon sei für den deutschen Markt bestimmt gewesen, betont Ahland, sondern für den Weitertransport in andere Länder und auf andere Kontinente. Köln-Bonn sei als Standort verschiedener Paketdienste ein internationales Drehkreuz.
Von fast 650.000 Paketen, die täglich am Flughafen umgeschlagen werden, können die Zöllner nur einen Bruchteil kontrollieren. Sendungen mit seriösen Absendern oder Adressaten werden in der Regel gleich durchgewunken, übrig bleiben Pakete, die in irgendeiner Form Verdacht erregen. „Bei einem 20 Kilo schweren Teddy aus Kolumbien würde wahrscheinlich bei jedem das Bauchgefühl anschlagen“, sagt Ahland. Kniffliger sind Gegenstände, die auf den ersten Blick unverdächtig wirken. Manche werden stichprobenhaft geöffnet, andere geröntgt, oft ergeben sich dann weitere Hinweise.
Im November stießen die Zöllner auf diese Weise etwa auf eine Bluetooth-Box ohne Innenleben – darin ein Kilo Marihuana. Zwischen zwei fest verschraubten Tischplatten entdeckten die Beamten viereinhalb Kilo Marihuana. In Kinderbuntstiftdosen war ein halbes Kilo Crastal Meth verborgen, in Weihnachtsbaumkugeln 600 Ecstasypillen und in einem Wasserboiler dreieinhalb Kilo Kokain mit einem Straßenpreis von einer Viertelmillion Euro.
„Noch vor einem Jahr hatten wir am Flughafen alle paar Nächte mal einen Fund, inzwischen haben wir mehrere Funde in jeder Nacht“, berichtet Ahland – für ihn ein Hinweis darauf, dass nicht nur die technischen Möglichkeiten der Fahnder besser geworden sind. „Es scheint so, dass einfach auch mehr Rauschgift im Umlauf ist.“