Das Karnevalspodium war – und ist – von Männern geprägt. Drei Frauen schafften es bereits vor etwa 100 Jahren trotzdem auf die Bühne.
Frauen im KarnevalWie Grete Fluss, Gertie Rahnsohoff und Rosel Rutkowsky den Karneval geprägt haben
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Eine namentlich nicht bekannte Büttenrednerin auf einer Karnevalssitzung, 1937.
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Das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen zeigte sich auch auf der Bühne. Es gab vor dem Ersten Weltkrieg nur wenige Künstlerinnen im Karneval. Eine über die Grenzen Kölns bekannte Akteurin war Grete Fluss, geboren 1892 im Eigelsteinviertel. Die junge Frau war bereits eine erfahrene Bühnenkünstlerin, als sie ab 1910 zu einer festen Größe im Karneval avancierte. Als erste Frau in der Bütt stellte sie verschiedene Typen dar. Sie war unter anderem „das Schutzweib“, „die Straßenbahnschaffnerin“, „das Schulmädchen“ und „das Blitzmädel“, später auch „Seebär“ und „Finsterputzer“. Viele ihre Texte schrieb Hubert Ebeler. Von ihm stammte 1910 auch ihr erstes Mundartlied „Ech ben et Flusse, Flusse Griet“. Willi Ostermann komponierte 1930 die Revue „Die Fastelovendspräsidentin“ im Theater „Groß-Köln“ mit ihr in der Hauptrolle und dem unvergessenen Lied „Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpfte die Volkssängerin und Vortragskünstlerin nahtlos an ihre Karriere und Erfolge an. Bis 1956 wirkte sie in annähernd 30 Revuen mit. Am 6. Januar 1957 feierte Grete Fluss im Kaiserhof-Theater ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Fünf Jahre später nahm sie Abschied von der Bühne.
Büttenrednerin Gertie Ransohoff löste „Beifallsorkan“ aus
Ganz anders als die stattliche Grete Fluss präsentierte sich Ende der 1920er Jahre die Büttenrednerin Gertie Ransohoff. Bei dem Autor und Historiker Marcus Leifeld („Der Kölner Karneval in der Zeit des Nationalsozialismus“) wird sie als „kleines, natürlich-heiteres und burschikoses kölsches Mädchen“ beschrieben. Eine Autogrammkarte von 1930 zeigt eine schlanke junge Frau mit Karnevalsmütze auf dem Kopf und Sektglas in der Hand. Wann genau die am 24. März 1897 als Tochter eines Arztes in Köln geborene Künstlerin zum ersten Mal im Karneval aufgetreten ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Gertie Ransohoff arbeitete eng mit dem jüdischen Sänger, Büttenredner und Autor Hans Tobar zusammen. Sie trug von allem von ihm geschriebene Reden vor. Diese hatten Titel wie „Mittagessen bei der Familie Körnchen“ oder „Eine lustige, aber wahre Betrachtung über die Männer“.
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Sie muss sehr erfolgreich gewesen sein. Ihr Auftritt beim Damenkränzchen der „Großen Karnevalsgesellschaft von 1823“ am 29. Januar 1929 im Gürzenich wird in der „Rheinischen Zeitung“ als eine mit einem „Beifallsorkan“ bedachte „Sensation“ beschrieben. In der Session 1930/31 wirkte sie in etlichen Radiosendungen mit und hatte zahlreiche Engagements. Im Januar und Februar 31 trat sie zweimal im Gürzenich auf. Es war ihre letzte Session, in der folgenden wirkte sie nicht mehr mit. Womöglich deutete sich schon eine Tragödie an: Am 11. Mai 1932 nahm sich ihr Mann Paul das Leben. Der Textilhändler war jüdischen Glaubens, seine Frau Christin. Die Hintergründe seines Suizids sollen Antisemitismus und die Eskalation der Gewalt gewesen sein. Wenige Tage nach ihrem Mann nahm sich am 16. Mai 1932 auch Gertie Ransohoff das Leben.
Aktuell bringt das „Theaterensemble A3“ das Stück „Der Fall Ransohoff - Frauen im Karneval“ auf die Bühne. Dabei wird sowohl das Leben der Künstlerin beleuchtet als auch die Rolle von Frauen im Karneval hinterfragt. Nächste Termine: 29. und 30. März sowie 15. bis 17. Mai in der Orangerie, Volksgartenstraße 25.
Die 1896 in Köln geborene Jüdin Rosel Rutkowsky war bis 1933 eine bekannte Unterhaltungskünstlerin. Im Karneval trat sie als rheinische Stimmungssängerin auf und übernahm Rollen in den Karnevalsrevuen von Tobar. 1938 gelang ihr gemeinsam mit ihrem Mann die Flucht vor den Nationalsozialisten in die Vereinigten Staaten. Der jüdische Karnevalsverein „Kölsche Kippa Köpp“ erinnert mit der Rosel-Rutkowsky-Medaille an die Künstlerin. Die Auszeichnung erhalten Menschen für ihr besonderes Engagement gegen Judenhass und für ein gesellschaftliches Miteinander. Sie wurde erstmals im November 2024 an Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn verliehen.