Köln – „Wenn ich das heute sehe, dass wir uns nicht kleinkriegen lassen und trotz allem hier in den Autos Karneval feiern“, freut sich Peter Brings – endlich mal wieder ein Auftritt vor Publikum. Sein „Ihr seid die Größten!“ geht im beistimmenden Hupkonzert unter. Es ist diese Mischung aus „Leck ens am Arsch, Virus“ und Sehnsucht nach Feiern und Gemeinschaft, die über dem verregneten Autokino Porz schwebt wie eine sonnige Wolke, die die Blechlawine der rund 600 Autos zusammenrücken lässt zu einem verschworenen Haufen, der enger auch im proppenvollen Sartory nicht schunkeln könnte.
Egal, ob der Präsident in der Limousine mit protziger Standarte, das Mariechen in großer Uniform im Kleinwagen, die Familie, die bunt kostümiert im Discolicht ihrer Leuchtstäbe eine wilde Autoparty feiert, die Roadies, die kaum noch wissen, wie Boxen schleppen geht, oder eben die Künstler, deren Erleichterung, mal wieder auf einer Bühne zu stehen, greifbar ist - „Nur zesamme sin mer Fastelovend – Mer losse üch nit allein“.
Der Carnevalsappell der neun Traditionskorps ist ein Trostpflaster für die kölsche Seele. Was da im von Michael Gerhold zusammengestellten und moderierten Programm im Einzelnen passiert, ist nebensächlich. Hauptsache, es passiert. Die Bands – neben Brings noch Mijö und die Klüngelköpp – haben es leichter, den Rednern – Martin Schopps, Bernd Stelter, Volker Weininger und Jörg P. Weber - merkt man die fehlende Routine eher an.
Zumal das Timing des Vortrags und die Interaktion mit hupenden Autos weiß Gott alles andere als einfach ist. „Den hab ich selbst nicht verstanden“ scherzt der „Sitzungspräsident“, als nach einer Pointe das Hupkonzert verspätet einsetzt. Gefeiert werden auch das Kinderdreigestirn und die neun Präsidenten, die in einer Mischung aus Uniform und Ringelshirts ihre Korps begrüßen.
Zwischen Wehmut und Feierlaune
Im Auftritt des Dreigestirns allerdings kulminiert diese sehnsüchtige Stimmung zwischen Wehmut und Feierlaune, zwischen Frust und Lust und Helau und Alaaf. Der Dauerregen setzt für kurze Zeit aus, als Prinz Sven I., Bauer Gereon und Jungfrau Gerdemie auf drei mächtigen Pick-Ups durch die Reihen der Jecken rollen. Jetzt gibt es kein Halten mehr, Gardisten jubeln aus ihren Autofenstern, der Orkan aus Lichthupen, Tröten, Alaaf-Rufen, Blinkern und Signalhörnern wird infernalisch, und wenn Gänsehaut Krach machen würde, wäre der Lärm bis zum Dom zu hören.
Erst jetzt ist das Dreigestirn wirklich proklamiert, denn endlich, endlich, ist auch mal närrisches Volk zu sehen. „Das war schöner als der Gürzenich“, konstatiert der um Fassung ringende Prinz Sven Oleff, Gereon Glasemacher hat „Gänsehaut pur“ und Björn Braun, die Jungfrau, formuliert es so: „Das hier tut uns gut, toll, das mal auf die kölsche Seele zu bekommen.“ Man ahnt, wie schwer ein Dreigestirns-Dasein im Videostream wirklich ist.
Auf der Website des Autokinos gibt es weitere Termine für Autokino-Konzerte mit u.a. Brings, Kasalla oder Räuber.