Mit einem neuen Konzept sollte die Prinzenproklamation moderner gestaltet werden. Doch das kam bei einem Großteil des Publikums nicht an.
Kommentar zur „Pripro“Was für den WDR gemacht wurde, war im Kölner Gürzenich zum Abschalten
Wer sich traut, bei einem gesellschaftlichen Ereignis wie der Prinzenproklamation im Kölner Karneval etwas völlig Neues auszuprobieren, handelt mutig. Das neue Kreativteam des Festkomitees um Ralf Schlegelmilch war angetreten, um genau jenes Problem zu beheben, mit dem schon Vorgänger Joachim Wüst zu kämpfen hatte: die Aufmerksamkeit der Gäste.
Diese für einen längeren Zeitraum zu gewinnen, ist wahrlich nicht einfach. Schließlich handelt es sich bei einem Großteil des Publikums um Persönlichkeiten, die aufgrund ihres Berufes oder ihrer Position geladen sind oder „Karneval-Profis“, die in der Session eine Vielzahl von Sitzungen erleben und eine gewisse Erwartungshaltung mitbringen.
Schlechter Sound bei Prinzenproklamation im Gürzenich
Gesehen und gesehen werden, ist ebenso ein Thema – vor allem beim Kölsch im Foyer. Doch das gab es erstmal nicht. So wollte man die Jecken im Saal halten.
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Sicherlich sollte jeder Gast den Auftretenden so viel Respekt entgegenbringen, dass sich der Geräuschpegel in Grenzen hält. Aber wenn wenig bis nichts zu verstehen ist, was da auf der Bühne geboten wird, ist es nur verständlich, dass es in den Reihen immer lauter wird.
Die Akustik war an diesem Abend komplett auf die Fernseh-Übertragung abgestimmt. Das bestätigten mehrere Gürzenich-Mitarbeiter. Nicht nur der langjährige Chef des Hauses, Bernhard Conin, war sichtlich „not amused“ über die Tonqualität und erklärte, wie „normalerweise“ die Anlage im Saal den Sound steuere. Auch Moderator Christoph Kuckelkorn schien mit der Technik zu hadern.
Der WDR genoss gegenüber dem Publikum Priorität. Was bei der zusammengeschnittenen Aufzeichnung am Sonntag aller Voraussicht nach gut klingen mag, war im Gürzenich zum Abschalten. Und genau das machte das Publikum im ersten Akt.
Hinzu kommt, dass die gut gemeinte Verknüpfung mit dem Sessionsmotto „Wat e Theater – wat e Jeckespill“ nicht funktionierte. „Himmel und Kölle“ ist ein gefeiertes Musical, ebenso ist das Ensemble des Scala-Theaters über jeden Zweifel erhaben.
Aber was auf den Bühnen am Ring oder Rudolfplatz beim dortigen Publikum bestens ankommt, ist an diesem Gürzenich-Abend ungeeignet: Musical ist kein Karneval, und ein Sketch à la Stunksitzung hat es beim Pripro-Publikum ebenso schwer.
Das will den klassischen Fasteleer, was sich etwa darin zeigte, dass eine Tanzgruppe mit stehendem Beifall gefeiert wurde, ebenso die Bands am Ende der Veranstaltung. Insofern muss eine Prinzenproklamation nicht neu erfunden werden. Mit den angesagtesten Rednern und Bands im Wechsel, die beide Neues und Überraschendes zu bieten haben, wäre dieser Abend besser gelaufen. Und er hätte gezeigt, dass auch traditioneller Karneval durchaus kurzweilig sein kann.